„The Woman King“ startete als Storyidee von Schauspielerin und Produzentin Maria Bello nach einer Benin-Reise 2015, die früh Viola Davis für die Hauptrolle gewinnen konnte. Jedoch sollte es einige Jahre und diverse Studio-Absagen dauern, ehe das Projekt letzten Endes das Licht der Leinwand erblicken durfte.
Das Actiondrama basiert auf historischen Tatsachen, die Agojie, eine weibliche Kriegerinnentruppe, gab es in wirklich. In „The Woman King“, angesiedelt im Königreich Dahomey im Jahr 1823, sind sie eine Elite-Einheit, die nicht nur den König Ghezo (John Boyega) beschützt, sondern auch Gefangene befreit. Es ist die Zeit des Sklavenhandels, der durch die Portugiesen angeheizt wird, welche die Afrikaner dazu bringen Gefangene zu verkaufen. Bevorzugt von fremden Stämmen, teilweise jedoch auch aus der eigenen Mitte. Die Agojie inspirierten die rein weibliche Königsleibgarde in Marvels „Black Panther“-Comics – ironischerweise war es dann der Erfolg von Ryan Cooglers Kinoversion, der dabei half Produzenten vom kommerziellen Potential von „The Woman King“ in der Finanzierungsphase zu überzeugen.
Die Agojie bekommen Zulauf in Form von Freiwilligen, von Gefangenen, denen man einen Platz im Regiment anbietet, und in Form von nicht ganz so Freiwilligen, die von ihren Familien dorthin gegeben werden. Zu letzterer Gruppe gehört die junge, rebellische Nawi (Thuso Mbedu), die sich der Zwangsverheiratung mit einem alten Knacker widersetzt, was ihrem Vater so gar nicht schmeckt, für den Töchter eher eine Art Wirtschaftsgut sind. „The Woman King“ kommt nicht auf die Idee Dahomey als ein Paradies von Gleichberechtigung zu zeichnen, sondern betont den Sonderstatus der Agojie, die keine Beziehungen zu Männern haben dürfen und keine Kinder kriegen. Der König hingegen gibt sich der Vielweiberei hin und hat am Ende das letzte Wort, auch wenn Agojie-Generalin Nanisca (Viola Davis) zu seinen engsten Ratgebern gehört.
Nanisca plädiert dafür aus dem Sklavengeschäft auszusteigen, stattdessen Palmöl als Einnahmequelle zu nutzen und damit der Unterdrückung der Afrikaner entgegenzuwirken. Allerdings haben sich die kolonialen Sklavenhändler mit dem Königreich Oyo eingelassen, dessen Streitkräfte militärisch überlegen sind und die Dahomey gerne samt und sonders in die Knechtschaft verscherbeln würden…
Mit Filmen wie „Love & Basketball“ und „Beyond the Lights“ hatte sich Regisseurin Gina Prince-Bythewood als Expertin für schwarze Sensibilitäten und Erfahrungen bewiesen, jüngst aber auch Action-Erfahrung mit dem Netflix-Reißer „The Old Guard“ gesammelt. „The Woman King“ bringt gewissermaßen beide Arten des Filmemachens zusammen: Ein Hollywood-Film über ernste, zum Nachdenken anregende Themen, der gleichzeitig als relativ klassischer erzähltes Action-Abenteuer funktioniert. Aus letzterer Warte ist „The Woman King“ sogar ein eher konventioneller Film: Nanisca ist das altgediente Schlachtross mit Badass-Potential, Nawi ihr junger Protegé, durch deren Augen und Erfahrungen das Publikum die Gebräuche und Konventionen der Agojie kennenlernt. Mit dem Kampf gegen das Königreich Oyo gibt es einen David-gegen-Goliath-Konflikt, der sich immer weiter aufschaukelt und in einer Finalschlacht entlädt. Dass Nanisca noch eine Rechnung mit dem Oyo-Truppenführer Oba Ade (Jimmy Odukoya) offen hat, versteht sich ebenso von selbst wie die Annäherung zwischen der hartgesottenen Kriegerin und dem jungen Wildfang Nawi, welche die Regeln der Agojie immer wieder in Frage stellt. Mit Malik (Jordan Bolger), einem Sklavenhändler-Schönling mit Wurzeln in Dahomey, taucht auch noch ein potentielles Love Interest für Nawi auf, doch „The Woman King“ unterläuft seine Message weiblicher Selbstbehauptung glücklicherweise nicht: Er steht nie im Mittelpunkt von Nawis Interesse, sie will nie die Agojie für ihn drangegeben, auch wenn sie danach fragt, ob die Kriegerinnen nicht ihre Berufung und eine Familie haben können.
Über seine Figuren und deren Konflikte bringt „The Woman King“ seine Themen an den Mann bzw. die Frau. So geht es oft um Freiheit und Machtverhältnisse: Um den unguten Deal mit den europäischen Sklavenhändlern, der afrikanische Völker gegeneinander aufbringt und allgemeine Unfreiheit fördert, um die Stellung der Frauen in einer archaisch-patriarchalen Gesellschaft, um sexuelle Unterdrückung und sexuelle Gewalt, aber auch um die Schranken, welche sich einige der Figuren selbst setzen. Erfreulicherweise wird „The Woman King“ dabei nicht zum trockenen Thesenkino, sondern liefert aus seiner Geschichte heraus Denkanstöße. Zudem präsentiert das Team um Prince-Bythewood das Ganze nicht staubtrocken und bleischwer, sondern gönnt sich auch mal einen flotten Spruch oder eine kleine Auflockerung, ohne dabei den Ernst der Geschichte aus den Augen zu verlieren. Manche Nebenfigur etwas klischeehaft, etwa der durch und durch verderbte Oberschurke oder jene bitchige Gattin Ghezos, die seine Lieblingsehefrau sein will.
Vor allem in den Hauptrollen ist „The Woman King“ stark gespielt. Viola Davis überzeugt mit physischer und schauspielerischer Präsenz, wenn sie ihre Generalin als vom Leben gezeichnete, engagierte, aber auch sehr konsequente Anführerin anlegt. Thuso Mbedu punktet als deren Gegenpart mit losem Mundwerk und Freiheitsdrang, während Lashana Lynch als freundlich-kesse Ausbilderin Izogie punkten kann. Sheila Atim als weitere Agojie in exponierter Position ist auch gut, während John Boyega Spaß daran hat seinen König als etwas eitlen Gecken anzulegen, über dessen Marotten nicht nur die Agojie, sondern auch das Publikum schmunzeln muss. Jimmy Odukoya als Schurke mag keine allzu komplexe Rolle abbekommen haben, verkörpert den Fieswicht aber mit Leinwandpräsenz und Charisma. Nur Jordan Bolger und Hero Finnies Tiffin wirken manchmal eher wie Models, die sich versehentlich in den Film verirrt haben, und bleiben dementsprechend blass.
Prince-Bythewood stellte allerdings nicht nur schauspielerische, sondern auch körperliche Anforderungen an ihren Cast: Alle mussten ein mehrmonatiges Training in Kampfkünsten wie Jiu-Jitsu und Kali absolvieren, womit sowohl waffenlose Disziplinen als auch Training mit Macheten, Stöcken und Messern abgedeckt waren. Diesen Aufwand sieht man den von Stunt und Fight Coordinator Daniel Hernandez choreographierten Kampfszenen an, die das Rohe von Schlachtenepen wie „Braveheart“ oder „Gladiator“ mit einer fluideren, eher modernen Actioninszenierung verbinden. Dementsprechend geht es in den Fights etwas akrobatischer und schmissiger als in anderen Historienfilmen zu, was „The Woman King“ noch etwas stärker zum Actiongenre zählen lässt.
Von daher funktioniert „The Woman King“ als flottes, toll ausgestattetes und in den Hauptrollen stark gespieltes Actiondrama, dessen Handlungsgerüst allerdings eher konventionell und bisweilen stereotyp ist. Dafür überzeugt die Choreographie der Kampfszenen, das afrikanische Setting ist unverbraucht und die Thematisierung von Geschlechterrollen, Freiheit und Selbstwertgefühl ist erfreulich organisch eingewoben.