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Basierend auf dem von ihm verfassten gleichnamigen Theaterstück inszenierte Martin McDonagh „The Banshees of Inisherin“, ein Drama über eine beendete Freundschaft und das Nachbeben, das daraus entsteht.
Dabei hält Padraic (Colin Farrell) die Ankündigung von Colm (Brendan Gleeseon) zuerst für einen Scherz, dass dieser nichts mehr mit ihm zu tun haben will. Doch bald stellt sich heraus, dass Colm dies ernst meint. Sehr ernst, wie der gutmütige Padraic bald feststellen muss.

Die Gewichtung zwischen Drama und manch humoristischem Einschub neigt sich klar zu Ersterem. Wie schon in McDonaghs „In Bruges“ (2008) sind die beiden Hauptrollen mit Farrell und Gleeson besetzt und beide liefern wieder eine feine Leistung ab. Den Sinneswandel von Colm, der zu Beginn des Films schon stattgefunden hat, verkörpert er entschlossen, lässt aber auch immer wieder eine dies motivierende Verzweiflung durchschimmern. Der Wunsch, aus seiner Zeit etwas zu machen, das Abwägen der begrenzten Möglichkeiten (auf einem begrenzten Fleckchen Erde) und der Gedanke, was von einem bleibt. Ob er hier die richtigen Schlüsse zieht? Padraic ist davon nicht überzeugt und so trifft ihn die Aufkündigung der Freundschaft, die jahrzehntelang Bestand hatte, nachhaltig. Doch wandelt sich dies nach einem schon schmerzlichen Abmühen irgendwann in das verzweifelte Aufbegehren einer verletzten Seele. All diese Facetten bringen die beiden großartig rüber, Farrell und Gleeson harmonieren auf der Leinwand sichtbar.
Ihnen ebenso sehenswert zur Seite gestellt gibt es (neben Jenny) Kerry Condon als Padraics Schwester Siobhan und Berry Keoghan als den einfältigen Dominic zu sehen. Wirkt gerade Siobhan zu Beginn mehr wie eine eingefügte Figur, die dazu dient, Padraics Innenleben für das Publikum nach außen tragen zu können, verselbständigt sich ihre Figur mit fortschreitender Spielzeit und wird ein rationaler Anker in diesem immer weiter eskalierenden Konflikt.

Und hier wäre auch ein Kritikpunkt. Denn in der Konsequenz, die Colm an den Tag legt, sabotiert er seinen eigenen Grund für die Ganze Aktion. Das mag zuerst gegensätzlich sein (und auch so bleiben), untermauert eventuell die Entschlossenheit oder aber die Unfähigkeit der Figur, mit diesem selbstauferlegten Umsturz der Lebensausrichtung rational umgehen zu können. Wie auch immer, es scheint dann in diesem sonst recht erdigen und nahegehenden Szenario irgendwie drüber zu sein und auch die Gegenreaktion mutet unverhältnismäßig an. Auch, weil das Skript manches „Warum“ schuldig bleibt.
Man muss es einfach schlucken, andererseits passt dies in den Grundton des Films. Denn trotz manch witziger Stelle bleibt das Werk kein Feel-Good-Movie. Die Bebilderung der Sinnlosigkeit menschlicher Differenzen, auf die Spitze getrieben, vielleicht auch darüber hinaus. Mitunter entzieht aber diese erwähnte Übersteigerung dem dramatischen Fundament ein Stück weit den Boden. Weiterhin fehlt es etwas an erlebtem Hintergrund, da man diese oft erwähnte Freundschaft und ihre Tiefe nie selbst miterlebt hat, da der Film mit ihrem Ende beginnt.

Die kleine Insel ist generell nicht gerade von den umgänglichsten Leuten bewohnt, besieht man sich beispielsweise den Dorfpolizisten oder die Ladenbesitzerin. Es mag die Isolation sein, die mitunter auch selbst gewählt ist, Inisherin ist ein Mikrokosmos an schrulligen Charakteren – umso mehr Drama steckt in dem Niedergang dieser beiden Figuren, die (neben Siobhan) noch am ehesten ein Herz zu haben scheinen.
Angesiedelt ist das Ganze auf einem der irischen Hauptinsel vorgelagerten Eiland. Während drüben Anfang der 1920er Jahre der Bürgerkrieg tobt, scheint man auf (dem fiktiven) Inisherin davon wenig zu merken. Dieser Konflikt kann als Spiegelung des Zwei-Mann-Zwists angesehen werden oder in seiner entfernten Erwähnung als weiteres Beispiel dafür, wie weit weg und unter sich man auf der Insel zu sein scheint.
Man kann es den Figuren fast nicht verdenken bei der tollen Aussicht, gedreht wurde an der Westküste Irlands mitsamt anliegenden Inseln und Ben Davis fängt manch schwelgerische Landschaft ein und lässt das Auge trotz der Umstände kurz in dieser Schönheit verweilen. Wieder arbeitete McDonagh mit Carter Burwell zusammen, der einen stimmungsvollen Soundtrack unter die Figuren und Bilder legte.

So löst sich hier kaum etwas auf, eine (Er-)Lösung scheint in weiter Ferne – da geht es dem Publikum wie den Figuren. Wie geht man auseinander?
Schon früh, das auslösende Ereignis betreffend, bleibt dies immer etwas ungreifbar, wie eine dunkle Wolke in der Luft schwebend. Und diese wächst, gebiert irgendwann Blitz und Donner und letztlich stehen alle im Regen. Auf einer tiefgrünen Weide, inmitten der natürlichen Schönheit, versunken in einem traurigen Kreislauf. All dies eingebettet in fein geschriebene, knappe und doch treffende Dialoge, vorgetragen von einem glänzenden Ensemble.
„There are no Banshees on Inisherin“. Na, mindestens eine.

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