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Oftmals entsteht Horror aus kompletten Gegensätzen, die nicht selten aus dem Aufeinanderprallen von Sicherheit und Angst hervorgehen. So wird ein Lächeln in der Regel als etwas Wohlwollendes wahrgenommen, welches dem Gegenüber ein positives Signal vermittelt, während ein Suizid im selben Augenblick kaum widersprüchlicher anmuten könnte. Auf dieser Idee von 2020 beruht der Kurzfilm von Regisseur Parker Finn, der daraus seinen ersten Langfilm schuf.

Psychologin Rose (Sosie Bacon) arbeitet in der Notfallaufnahme einer Klinik, in der sich eine Patientin vor ihren Augen umbringt. Erschüttert von diesem Ereignis, beginnt sie mysteriöse Veränderungen wahrzunehmen und recherchiert in der Vergangenheit jener Patientin, die ebenfalls Zeugin eines Suizids wurde. Doch wie kann es Rose gelingen, die Todeskette zu durchbrechen?...

Es ist der australischen Schauspielerin Caitlin Stasey zu wünschen, durch dieses recht prägnante Lächeln auf allen Covern nicht für ewig gebrandmarkt zu sein, denn sie brachte den Hype um jenen Gesichtsausdruck erst richtig ins Rollen. Und sie ist in der Rolle der Patientin Laura jene Figur, welche die unheimlichen Ereignisse um Rose in Gang setzt, deren psychisches Fundament Stück für Stück bröckelt, wobei eine Woche Zwangsurlaub nur den Beginn einer Reihe unheimlicher Ereignisse ebnet.

Vielleicht wäre es beunruhigender gewesen, wenn Finn im Verlauf ein kleines Land des Lächelns etabliert hätte, denn dieses Merkmal seines Gruselns wird eher selten genutzt. Stattdessen konzentriert er sich auf vergleichsweise konventionelle Erschreckmomente, die immerhin ein gutes Timing aufweisen, wobei er auch auf kurze Gewalteinlagen wie abgezogene Gesichtshaut oder Leichen mit völlig verzerrten Fratzen zurückgreift.
Eher vertraut erscheinen da Flüsterstimmen auf Audioaufzeichnungen und noch lange bevor der Fall eintritt, fällt das Schicksal eines Haustieres erahnbar aus.

Was folgt, ist eine an „It Follows“ und „Grudge“ erinnernde Melange, die handlungstechnisch zwangsläufig Recherchen mit sich bringt. Man stößt auf grimmige Zeichnungen, ein Besuch im Knast ist unerlässlich und eine Witwe muss ebenfalls aufgesucht werden. Eine Hauptfigur ohne Kindheitstrauma ist für einen Düsterfilm beinahe unerlässlich, ebenso eine zuvor in den Hintergrund gerückte Bezugsperson, welche die paranormalen Aspekte zwangsläufig anzweifelt und die Chose zumindest in Ansätzen ein wenig erdet.

Bis es zum Finale zur Konfrontation mit dem Bösen kommt, welches hier in ein angemessen düsteres Ambiente verpackt wurde. Überraschungen bleiben allerdings aus und obgleich ein Hintertürchen für eventuelle Fortsetzungen gebastelt wird, ist anzuzweifeln, ob das Potenzial für selbige ausreicht. Denn die guten Ansätze verpuffen rasch und anstatt die Wurzeln des fiesen Lächelns anzupacken, verbleibt der Stoff im oberflächlichen Gewand des Geisterhausschreckens. Effektiv, aber nicht innovativ.

Insofern erscheint der vermeintliche Hype um das fiese Lächeln ein wenig übertrieben, denn nach einem verheißungsvollen Einstieg folgt nicht mehr als konventioneller und weitgehend überraschungsfreier Schrecken. Dieser ist zweifelsohne auf handwerklich hohem Niveau, obgleich die um 180 Grad gewendete Kamera ein wenig überstrapaziert wird und der teils schräge Score hart an der Grenze des musikalisch ertragbaren anschlägt. Darstellerisch vermag Sosie Bacon (Tochter von Kevin Bacon und Kyra Sedgwick) die Tour de Force locker zu stemmen, doch mit den Geschehnissen um sie herum wird wenig Überraschendes geboten, während zumindest der Spannungslevel auf einem passablen Niveau gehalten wird.
6,5 von 10

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