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Aus einer Zeit, in der Telefonhäuschen noch gelb und von der Deutschen Bundespost waren; aus einer Zeit, als die Schachtel Zigaretten noch 3 Mark fuffzich kostete und ohne Warnhinweise verkauft werden durfte; aus einer Zeit, in der man noch Winken durfte ohne im Hintergrund "Winke-Winke-La-La" zu hören - aus dieser Zeit also stammen zahlreiche deutsche Komödien wie diese hier: "Ein Mann für jede Tonart" aus dem Jahre 1993 mit einer grandiosen Starbesetzung und für den aufmerksamen Zuschauer gespickt mit netten Details.

Katja Riemann spielt die Sängerin Pauline Frohmuth, eine Altistin zu deren Markenzeichen nicht nur Schönheit sondern auch Pünktlichkeit zählen: Pünktlich erscheint sie zwar zu ihrem Auftritt, doch ist dies meist so überpünktlich, dass sie es just in der Sekunde auf die Bühne schafft, in der auch ihr Einsatz ist. Bei einer Live-Radioübertragung von Verdi allerdings verpasst sie ihren Einsatz und stolpert einige Sekunden zu spät auf die Bühne, sehr zum Ärger des Maestro und des Publikums. Doch hat sie eine gute Entschuldigung: Ihr altersschwacher weißer Käfer ist im Regen am Straßenrand liegen geblieben und sie hat es nur noch deshalb überhaupt zum Konzert geschafft, weil sie von einem jungen Arzt (Klaus Klett, gespielt von Uwe Ochsenknecht) aufgegabelt wurde und in dessen rotem Porsche unter Missachtung der gesamten Straßenverkehrsordnung mit gelb blinkendem "Arzt im Einsatz"-Licht auf dem Dach zur Oper rast.

Einer im Publikum nimmt es ihr aber nicht übel: Konzertkritiker Georg Lalinde, gespielt von einem wie immer fabelhaften Henry Hübchen. Er lobt Pauline in seiner Kritik über alle Maßen. Sie revanchiert sich mit einem Abendessen bei ihm - und verliebt sich. Doch Klaus, der gerade von seiner Frau auf die Straße gesetzt wurde, will nicht klein beigeben und bemüht sich ebenso wie Georg um die schöne Sängerin. Pauline hat nun ein Problem: Ihr Vorsatz "Fang nie etwas mit verheirateten Männern an" ist schnell zunichte, und das gleich doppelt, da sich auch Georg als verheiratet herausstellt.

Dessen Frau allerdings (Gudrun Landgrebe in einer der am meisten zu ihr passenden Rollen) freut sich für Georg: Schließlich hat sie längst einen neuen Lover gefunden und gönnt auch ihrem baldigen Ex-Mann ein "geregeltes Sexualleben", wie sie durchaus gönnerhaft versichert.

Der Film glänzt zwar nicht mit übermäßigem Humor wie es sich für eine typische deutsche Komödie eigentlich gehört, kann aber in allen anderen Kategorien punkten: Die Story ist geradlinig und doch abwechslungsreich und amüsant, die Schauspieler bis in die kleinste Nebenrolle eine Starbesetzung wie man sie selten so geballt erleben darf. Die Filmmusik von Konstantin Wecker und Chris Walden (beide in Nebenrollen zu sehen) wird ergänzt durch klassische Musik (u.a. Bach, Verdi) und unterstreicht die streckenweise melodramatischen Züge dieses Films.

Nebenschauplätze und -handlungen zaubern ein Lächeln ins Gesicht des Zuschauers: Wer entdeckt die meisten Prominenten in den verrücktesten Rollen? Wolfgang Clement gibt sich ein Stelldichein und gratuliert der Altistin höchstpersönlich, Hertha Däubler-Gmelin gibt eine Kirchenchorleiterin in Schröpfingen und sorgt mit tiefstem schwäbischen Dialekt für Lacher, unterstützt von Organist Christof Wackernagel der genauso sympathisch und jungenhaft schwäbeln darf wie seinerzeit in "Der bewegte Mann" (wir erinnern uns: "Titten, Titten, Titten!").

Tilo Prückner gibt ein kurzes Gastspiel als Lehrer, Dieter Brandecker als Bauarbeiter am Glühweinstand - wir kennen beide nur zu gut als schusslige Kommissare aus der Serie "Adelheid und Ihre Mörder". Ach, und überhaupt die Filmmusik: Nicht nur Klassik sondern auch die zünftige Volksmusik wird vertreten. Heino darf höchstpersönlich einen "Hallelujah-Weihnachtssong" im Studio aufnehmen, Pauline Frohmuth singt im Background. Nette Einlage und perfekte Regie auch hier wieder: Der aufgenommene Song wird später im Film erneut zu hören sein, diesmal nicht als Aufnahme sondern als fertiges Stück das im Radio gespielt wird. Kleinigkeiten wie das hier auftauchende erinnernde Lächeln Katja Riemanns als sie "ihr" aufgenommenes Stück erkennt beweisen: Der Film glänzt mit Facettenreichtum und ist durchdacht, keine Konservenware wie bei vielen anderen Produktionen, nur um einmal mehr ein Stück deutschen Film beizutragen, da dieser gerade angesagt ist.

Noch ein Insiderschmankerl: Katja Riemann ist eine tolle Schauspielerin, aber keine begnadete Sängerin - also musste die Stimme, wenn Pauline singt, gedoubelt werden. Hier sprang helfend Hera Lind ein und beweist: Sie kann mehr als nur Herzblatt moderieren und ein paar nette Bücher schreiben.

Einige nette Gags im Film bleiben auch hier lange in Erinnerung. Zum Beispiel als Georg anerkennend den Rotwein verkostet: "Ausgewogenes Bukett!" und Pauline barsch antwortet: "Aldi, drei Mark neunzich!" Oder Klaus, als er seinen Einsatz als Theaterarzt verkündet: "Wenn einer sich den Arm bricht beim Applaus, dann kommt der Klaus, hö hö hö hö hö!"

Zusammenfassend ein wirklich guter deutscher Film, der aber nicht so ganz in das Genre der Komödien passt. Zwei Männer, eine Frau - Liebe, Drama, Eifersucht. Für Musiker und Liebhaber des deutschen Films ein Muss. (6/10)

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