Joe D'Amato war noch nie für qualitativ hochwertige oder sensibel-einfühlsame Filme bekannt; "Porno Holocaust" ist weder das eine, noch das andere - der geschmacklose Titel lässt das bereits erahnen und verweist zugleich (wenn auch unbeholfen) auf die zwei Hauptbestandteile des Films: auf die Pornographie einerseits, und andererseits auf einen massakrierenden Rundumschlag durch das Figurenarsenal, als Endpunkt der Zivilisation und aller Humanität, der gerade im italienischen Exploitationfilm leichtfertig mit dem Begriff des Holocausts belegt worden ist, dessen Trivialisierung unangenehm aufstößt ("Holocaust 2000" (1977), "Cannibal Holocaust" (1980), "Zombi Holocaust" (1980), "Robot Holocaust" (1986)). (Zumindest im Gegensatz zu einem "Cannibal Holocaust" kann "Porno Holocaust" mit seiner Geschichte allerdings kaum jene Bedrohung und Zerstörung vermitteln, die der Titel reißerisch verspricht.)
Der Film beginnt zunächst mit einer gemütlichen Autofahrt zur (halbwegs) schmissigen Musik Nico Fidencos, der in seinen Soundtracks für D'Amatos "Black Emanuelle"-Reihe - besonders sei das süßlich-kitschige Leitmotiv aus "Emanuelle nera in America" (1977) hervorgehoben - deutlich mehr Talent bewiesen hat.
Die nächste halbe Stunde wirkt der Film dann aber wie ein Remake des etwa zeitgleich entstandenen "Le notti erotiche dei morti viventi" (1980) - nicht nur, dass Kulissen und Crew zahlreiche Überschneidungen aufweisen (wobei dort Pluto Kennedy, bekannter unter seinem wahren Namen Marcello Giombini und vor allem als Komponist von Soundtracks für "Ehi amico... c'è Sabata, hai chiuso!" (1970), Bavas "I Coltelli del vendicatore" (1966) oder D'Amatos "Antropophagus" (1980) ein Begriff, den weit einprägsameren Soundtrack geschaffen hat), auch der grobe Plot (als solcher aufgrund weitestgehend motivationslos eingeschobener Pornosequenzen kaum erkennbar) scheint nur geringfügig variiert worden zu sein: eine Expedition um Prof. Lemoir (mit George Eastman immerhin nett besetzt) hat eine Insel zu untersuchen, auf der in letzter Zeit rätselhafte Dinge vor sich gehen... Krabben und Schildkröten nehmen etwa eine unheilvolle Größe an (was dem Zuschauer allerdings vorenthalten wird: er bekommt lediglich die Dialoge der Figuren über diese Phänomene geliefert) und die Leiche eines angeschwemmten Fischers führt unter Einheimischen sofort zu heftigem Getuschel über eine Bestie die auf der Insel haust... Schuld sollen Atomversuche sein, an denen Lemoir nicht unbeteiligt war. Beide Filme - "Le notti erotiche dei morti viventi" wie auch "Porno Holocaust" - führen letztlich eine kleine Gruppe von Figuren beiderlei Geschlechts auf eine verrufene Insel, auf der einige von ihnen dann ihr Leben lassen müssen.
Kaum angekommen, liefert "Porno Holocaust" erneut eine Ansammlung diverser Sexszenen, wobei über ein Paar, dessen Beziehung wegen der Potenzprobleme des Mannes leidet, für dramaturgische Abwechselung und Charaktertiefe gesorgt werden soll - eine Rechnung, die kaum aufgeht.
Erst das Auftauchen der mordenden Kreatur, die lange Zeit ganz im "Halloween"-Stil die Opfer belauert - also mit subjektiver Kamera gefilmt -, lässt den Film schließlich in den eher am Horrorfilm orientierten Teil des Films überwechseln: sie mordet sich durch die Reihe der Hauptfiguren, wobei die Frauen der Gruppe vorher vergewaltigt werden. Auch aus einer camp- oder trash-Perspektive betrachtet, bietet das Geschehen nur wenig Unterhaltungswert; als Horrorfilm oder nicht gänzlich unbedenkliche Vergewaltigungsphantasie - unabhängig, mit welchem Part die Zuschauer(innen) sich identifizieren - funktioniert es noch viel weniger: weder baut der Film eine überzeugend bedrohliche Atmosphäre auf (unfreiwillige Komik und Unglaubwürdigkeit stehen dem entgegen), noch gewinnt er den Situationen den Reiz einer verbotenen Phantasie ab (zu sehr inszeniert er rein physische Akte unter Verzicht auf die reizvoll verführerischen psychischen Gegebenheiten und Umstände, als dass eine Phantasie über Unterwerfung, Zwang, Demütigung daraus werden könnte). Dass sich die Frauen zudem als - teilweise - gar nicht so abgeneigt erweisen, steht dem auch deutlich entgegen und lässt den Film zur nun tatsächlich problematischen chauvinistischen Phantasie werden. Auch die Mord- und Splatterszenenszenen zeichnen sich durch eine unglaubwürdig geringe Gegenwehr aus: selbst George Eastman geht trotz seiner beneidenswerten Statur doch recht schnell in die ewigen Jagdgründe ein. Auf diese Weise entbehrt der Film Standards des Horrorfilms - und lässt sich auch kaum als Verweigerungshaltung oder ironischer Bruch mit diesen verstehen: zu unreflektiert und simpel ist das Ganze geraten.
Dass die Kreatur sich gegen Ende jedoch verliebt zu haben scheint und daher eine farbige Schönheit in eine finstere Höhle verschleppt - womit D'Amato offenbar versucht so etwas wie eine "King Kong"-Dramaturgie einzubauen -, kann aufgrund der eher unbeteiligt lassenden Nummernrevue aus (expliziten) Sexszenen und (überwiegend seichten) Gräuelszenen kaum noch eine affizierende Wirkung entfalten.
Ein gehobenes Maß an Unlogik lässt auch diese etwas komplexere Anwandlung im Drehbuch zu völliger Hilf- und Wirkungslosigkeit verkommen: so versuchen die drei letzten Überlebenden nicht, mit dem Boot zu entkommen, da es zu klein sei und die Haie eine zu große Gefahr darstellen würden - stattdessen widmen sie sich Quickies. Und erst, als zwei von ihnen ebenfalls noch versterben und - da der letzte Überlebende plötzlich auf die vom Monstrum entführte Frau stößt, welche entfliehenden konnte - ein heterosexuelles Zweierbeziehungsgefüge aus Männlein und Weiblein für das Happy End übrigbleibt, darf dieses in dem Boot, in das sie auch zu dritt problemlos gepasst hätten, ohne jede Gefährdung durch Haie dem Horizont entgegentreiben... freilich nicht ohne allerlei Intimitäten anzustellen.[1]
Auch dass die mordende Kreatur den keinerlei Gegenwehr bietenden Helden auf Wunsch der Heldin verschont und schlagartig - an gebrochenem Herzen? Oder einer vorherigen Verwundung erlegen? - tot zusammenbricht, kann auch bei allem Wohlwollen nur als Lachnummer betrachtet werden. Im Gegensatz zu den meisten Stoffen um die Schöne und das Biest - zu denen im weitesten Sinne auch "King Kong" (1933) gezählt werden kann - entpuppt sich die ins Spiel gebrachte Beziehung zwischen dem verliebten Monstrum und seinem weiblichen Opfer als völlig gehaltlos und sinnfrei.
Viel bleibt nicht übrig: handwerklich reichlich schwach, dramaturgisch mangelhaft, gehaltlos, weder als Horror-, noch als Sexfilm funktionierend, bleibt eine Kuriosität, die sich aufgrund gedehnter Sexszenen auch als zu langatmig erweist, um als Trash wirklich zu "munden". (Die schwache dt. Synchronisation fügt sich da bestens ein.) Die Kulissen und einige Darsteller(innen) - vor allem Eastman - dienen da noch als kleine Trostpflaster... auch eine noch vorhandene 70er Jahre Mentalität, die unverbindlichen Sex zwischen Männern und Frauen und Frauen und Frauen - bezeichnenderweise aber nicht zwischen Männern, es sei denn, eine Frau nimmt sich zwei von ihnen - und allen Hautfarben feiert, ist nicht ganz frei von Charme geblieben, wenngleich chauvinistische Tendenzen und ein ungebrochener Exotismus kaum zu übersehen sind.
Alles in allem ein enttäuschender D'Amato und es verwundert nicht, dass Bruno Mattei Co-Regie geführt haben soll.
2/10
1.) Irritation am Rande: als die beiden im dahintreibenden Boot auf sich aufmerksam machen, während in der Ferne ein Frachter vorbeizieht, erhebt sich neben ihnen noch ein dritter Kopf für Sekundenbruchteile über die Bordwand - wem er gehört, darüber schweigt sich der Film aus.