Wie Lederstrumpf mit Donnerbüchse startet man hier, falsche Zeit, richtiger Ort, die Leute mit der Biberfellmütze auf dem Kopf, eine Jagd durch den Wald, ein britischer Soldat im schicken Rot bäuchlings tot am Boden, die Muskete noch am Arm. Eine echte und eine falsche Leiche, aus Spiel wird Ernst, aus Menschen, die aus Spaß und zum Zeitvertrieb in die Vergangenheit 'reisen' werden Zeugen einer grausigen Tat im Hier und Jetzt und geben den Startschuss für eine Mörderhatz, eine behinderte Polizeiermittlung und diverser anderer krimineller Plotbereiche. County Line: All In dabei als Mittelteil einer angedachten Trilogie, der Erstling County Line mit 2017 bereits Jahre zuvor erschienen, Teil 3 County Line: No Fear back-to-back abgedreht und ohne das Abwarten auf die Gunst der Zuschauer, im eigenen Vertrauen auf die Zugkraft von Set und Setting und von Hauptdarsteller Tom Wopat produziert. Der Anfang könnte auch von Midsomer Murders stammen, Schauplatz ist hier wie dort die Provinz, das alte Land, verschont von den Zwängen der Metropolen und vom Fortschritt und von der Technik, zurückgeworfen auf die gute ehrwürdige Tradition und das Beharren auf das bessere Früher und die Konservierung des Gewohnten mitsamt auch seiner Rückständigkeit als feste Bastion:
Als ein Mord an einem Anwalt direkt auf der Grenze zwischen dem von Sheriff Alden Rockwell [ Tom Wopat ] überwachten Maksville County und dem von der frisch als Sheriff installierten Joanne Porter [ Kelsey Crane ] geführten York County stattfindet, haben sich der Routinier und der 'Neuling' schnell über die Zuständigkeiten in den Haaren. Rockwell gibt nach, mischt sich aber mit seinem Deputy Dante Hill [ Denim Richards ] ungefragt immer in die Ermittlungen ein und führt diese auch auf eigene Faust durch, zumal er mit dem Großkopferten Zack Van Zant [ Ric Reitz ] auch schnell einen Verdächtigen ausgemacht und auf dem Kieker hat.
'Re-Enactement' im Film, 'Re-Enactment' vom Film, zwei Countys, die auf ihre Trennungslinie wie kleine Kinder auf ihr Territorium im Sandkasten beharren, ein Bully von gegenüber, ein Sheriff mit Veggie Burger. Von der Costume Party zur Crime Scene, von der verbalen Querverweisen zum Vorgänger zur eigenen Erzählung, von der Cowboyposse zum Actionfilm, von der Nemesis von früher zu Dingen, die verändert sind. Eine Streitigkeit unter Gesetzeshütern, die Gegensätze zwischen Jung und Alt und Frau und Mann, und eine wilde Prügelei im Anwaltsbüro. Auseinandergesetzt wird sich allerdings schon weniger mit Taten als vermehrt mit Worten, das Skript ist reich an Treffen mit Verbündeten, Vertrauten und Verdächtigen, und vollgestopft mit schnellem Dialog. Inszenatorisch und darstellerisch ist das solide Fernsehware, eher die konservativen Anbieter um NBC, CBS und Co., die auf spezielle Bedürfnisse der Bewahrung und Erhaltung ausgerichteten Anstalten und andere reguläre Primetime-Sender; etwas mehr Fäuste an Bord, und man hätte auch ein Walker, Texas Ranger-Revival sein können. Old-School, das Durchschnittsalter der Personen hier wird auch nur durch die zweite Hauptdarstellerin etwas heruntergezogen und noch aus dem Renteneintritt entfernt.
Über die junge Frau im Film selber wird meist mehr gesprochen als mit ihr, gezeigt wird sie auch nur im Verbunde mit dem eigentlichen Hauptdarsteller, dem hässlichen, alten, weißen Mann hier; Wopat spielt den Sheriff als Mischung aus Burt Reynolds, der nicht mehr unter den Lebenden weilt, und Tom Berenger, der durchaus noch gefragt und noch aktiv ist, aber möglicherweise zu viel Geld für die hiesige Produktion kostet, wenn auch mehr Namen hat und eventuell zusätzlich Kunden akquiriert. Wopat ist dafür (ganze 3 Jahre) jünger und etwas dünner, nach dem Einbruch im Anwaltsbüro und der dortigen Rauferei muss er weniger Minuten später erneut in den Clinch, in den nächsten Nahkampf und die nächste Schlägerei, das Hemd offen bis zum Bauchnabel, ein ganzer Kerl, der da ist, wenn's drauf ankommt und trotz der doch etwas angedeuteten Frauenpower um ihn herum noch gebraucht wird und seinen Mann steht. "What's with the Wyatt Earp routine?"
Was man etwas mehr machen könnte und mehr zeigen als ständig Gespräche in kargen, gedrungen wirkenden und auch fensterlosen Büros und anderen Kaschemmen: die Natur drumherum, welche bloß kurz als Verortung und Füllmaterial aus der Vogelperspektive dargereicht wird, die Stadt, die Gegend selber, es gibt einige Außenaufnahmen jeweils einzeln platzierter Häuser, geschniegelte Holzveranden, frei stehender Gemäuer. Es gibt Sonnenaufgänge und Sonnenuntergänge, eine zweite Leiche zum zweiten Drittel, die Midsomer Murders - Dramaturgie, die auch hier greift und allgemeingültig ist und letztlich auch zum Finden der oder des Täters führt. Später rollt noch die Kavallerie an, es gibt Warnschüsse, es gibt eine Autoexplosion, nicht irgendein Auto, ein Polizeiwagen, das macht sich gut für den Trailer, zum Aktionfilm wird man deswegen noch nicht. Eine Mischung aus Neo-Western, aus Crime und Bewahrung der alten Werte, Familie vor allem, Freundschaft auch, alle kennen sich schon von Geburt an, auch wenn ein paar faule Eier ins Nest gerutscht sind.