Befindet sich ein Roman über Monate auf Bestsellerlisten, ist die Umsetzung für die Leinwand natürlich nur eine Frage der Zeit. Mit einem vergleichsweise geringen Budget von 24 Millionen Dollar spielte die Verfilmung von Regisseurin Olivia Newman bereits das Fünffache wieder ein, was nicht zuletzt an der weitgehend abgerundeten Mischung aus Drama, Coming-of-Age, Romanze und Gerichtskrimi liegen dürfte.
1969, North Carolina: Seit sie sieben Jahre alt ist, schlägt sich Kya (Daisy Edgar-Jones) mehr oder minder allein in einem abgelegenen Haus im Marschland durch. Sie studiert eingehend die Natur und freundet sich mit dem etwa gleichaltrigen Tate (Taylor John Smith) an, der jedoch zwecks eines Studiums für einige Zeit verschwindet. Eine kurze Liaison mit dem lokalen Quarterback Chase (Harris Dickinson) wird ihr allerdings zum Verhängnis, denn als dessen Leiche aufgefunden wird, gilt die Außenseiterin Kya als Hauptverdächtige und muss sich vor Gericht verantworten…
Mit dem Einsetzten der Off-Stimme und der Fahrt über das Sumpfgebiet Louisianas fühlt man sich unweigerlich an einige große Geschichten erinnert, wie sie in den 90ern vorgetragen wurden. Der Stil kommt ganz ohne Schnörkel angenehm bodenständig daher und ist von Anfang an auf den Werdegang der Hauptfigur ausgerichtet, deren Schicksal bereits als Kind recht hart zuschlägt: Der Vater ein jähzorniger Schläger, woraufhin nach und nach Mutter und Geschwister verschwinden, bis zuletzt auch der Vater weg ist. Unterstützt wird das Mädchen zunächst von dem lokalen Händler Jumpin und seiner Frau (Sterling Macer Jr und Michael Hyatt), wogegen sie bei den Menschen im Ort oder beim Versuch eines Schulbesuches sogleich als Außenseiterin abgestempelt wird.
Folgerichtig bewahrt sie sich eine gewisse Distanz zu Menschen, schon aus Angst vor Verlust und erneuten Enttäuschungen und flüchtet sich in die Weiten des Sumpfgebietes, wo sie nach und nach Zeichnungen anfertigt und Flora und Fauna studiert. Eine Gemeinsamkeit, welche sie mit Tate teilt, woraufhin eine Annäherung wenig überrascht.
Die Romanze beschert der Erzählung allerdings einige kleine Längen, zumal die dazugehörigen Bilder ein wenig schwülstig anmuten.
Zwar sind einige Zeitsprünge hinsichtlich der Rahmenhandlung im Gerichtssaal mit zunehmender Dauer dramaturgisch sehr gut abgestimmt, doch die Untersuchungen bezüglich des vermeintlichen Mordfalles weisen nicht allzu viele Ecken und Kanten auf. Umso überraschender, dass diesbezüglich mit den letzten Szenen noch ein kleiner Twist folgt.
Indes stellt Edgar-Jones die perfekte Besetzung als Außenseiterin dar. Sie performt erfreulich zurückhaltend, drückt viel durch diverse Körperhaltungen aus und trägt den Stoff phasenweise auch mal allein. In den Nebenrollen glänzen Macer Jr und Partnerin Hyatt als hilfsbereite Händler und auch David Strathairn bringt als älterer Verteidiger einen deutlichen Sympathiefaktor mit. Die zeitweiligen Love Interests performen zwar okay, doch beide kommen ein wenig austauschbar daher. Ähnliches gilt für den voll orchestrierten Score, dem es insgesamt an eingängigen Themen mangelt.
Obgleich zu keiner Zeit Flusskrebse zu sehen sind und schon gar kein Gesang derer auszumachen ist, überzeugen die Naturaufnahmen des weitläufigen Sumpfgebietes trotz Zuhilfenahme einiger CGI-Tiere. Die Ausstattung der 50er und 60er ist mindestens zweckdienlich, während auf handwerklicher Ebene primär einige hübsch arrangierte Szenenübergänge ins Auge springen.
Letztlich bringt die Geschichte über das Leben einer Ausgegrenzten viele Facetten mit, welche mit zu ausgiebiger Romanze und leicht oberflächlich abgehandelter Gerichtsverhandlung nicht immer optimal gewichtet sind, doch der Mischung schwingen genügend gefühlvolle, zuweilen recht warmherzige Momente mit, um über die Laufzeit von 126 Minuten in den Bann zu ziehen.
8 von 10