Review

Schicksalsjahre einer Wahnsinnigen


Der Slasherfilm hatte sich in den letzten Jahren ordentlich ausgetobt; begann die "Neue Welle" damals noch mit "Scream", folgten etliche Konsorten und X- Fortsetzungen mancher Serien. Wobei wir schon beim eigentlichen Thema wären: "X". So lautete der Titel eines neuen, alptraumhaften Mörderszenarios in voller Farbenpracht und war die Geburtsstunde einer neuen Serienmörderin on Stage: "Pearl" mit unscheinbarem Namen und hochbetagt, so servierte uns ihr Kreator Ti West diesen lebhaft gewordenen Alptraum in spe. Das daraus eine Trilogie entstehen sollte, ist auch unlängst kein Geheimnis mehr und so befinden wir uns im Mittelteil der Geschichte wider, die sich um das Vorleben der jungen Pearl schert.

1918 in den USA; weltweit grassiert die spanische Influenza, das Ende des Ersten Weltkrieges wird eingeläutet, die Menschen fürchten die Pandemie und während dieser Verhältnisse wächst die junge und hübsche ehrgeizige Pearl bei ihrer erzkonservativen und unterdrückenden Mutter auf dessen Bauerngut auf. Der Vater ein Pflegefall im Rollstuhl sitzend und Pearl, das Mädchen, das Träumen vom grossen Singen und Tanzen auf der grossen Bühne hat, diese Träume von der Mutter jedoch im Keime erstickt werden, bis sie den Filmvorführer der Stadt kennenlernt, der aber andere Pläne mit Pearl verfolgt, Schmuddelfilme mit ihr zu drehen. Langsam steigert sich aber Pearls Ehrgeiz mit wahnhaften Zügen und so wird jeder, der ihren Zielen im Wege steht, zu Krokofutter verarbeitet.

Offiziell die Fortsetzung von "X", der im selbigen Jahr entstand, inhaltlich aber das Prequel der Trilogie stellt, im Grunde die Vorgeschichte aus Pearls Leben erzählt und wie aus dem unscheinbaren ehrgeizigen Bauernmädchen eine Serienmörderin wurde. Ti West verzichtet dabei nicht auf gut geführte Kameraoptik und farbenfrohe, fast schon Technicolorästhetischen Bilder, die dem Zuschauer sowas wie 50er Jahre Nostalgie B-Movie Niveau vermitteln, was auch stiltechnisch so gewollt war und das perfide Doppelspiel der herausragenden immer mehr zur Psychopathin mutierenden Mia Goth, lädt zum Frösteln ein. Spätestens wenn Krokodoc als unfreiwilliger Leichenentsorger in Szene gesetzt wird, wird die kranke Grundstimmung des Slasherstreifens der anderen Art klar. "Pearl" funktioniert nicht als reiner Horrorslasher in der Tradition berühmter Vorbilder a la "Freitag, der 13." oder "Halloween"; nein, er arbeitet sich langsam auf seine Art vorwärts, entwickelt eine Geschichte mit geduldigem Handlungsaufbau und tiefgreifenden Figurenzeichnungen, einem geschichtlichen Hintergrund, satten Farben und gut geführten Dialogen. Natürlich kommt auch das Töten nicht zu kurz, wie man es bei einem guten Horrorfilm erwarten sollte, wobei "Pearl" ein psychologisches Horrordrama darstellt. Diese Grausamkeiten des Mordens wurden zwar wohldosiert gestreut, dafür aber umso heftiger und schockierender, als man es anfangs erahnen lässt.

Schauspielerisch überragt der zweite Teil des verdrehten "Zauberers von Oz", vor allem beängstigend das Mimikspiel Mia Goths im Abspann, overacted aber überaus krank nochmals vorgeführt. Matthew Sunderland als pflegekranker Vater weiss auch zu gefallen mit seinem Minenspiel, bei dem der Zuschauer auch jegliches Mitleid abverlangen kann und Tandi Wright als herrschsüchtige Tyrannenmutter, die ihren Charakter mehr als glaubwürdig rüberbringt. Alles gedreht im wunderschönen Neuseeland, also toller Location und der schönen Retrohütte aus dem ersten Teil.

Psychologisches Horrordrama ohne falsche Sentimentalitäten aber glänzend agierenden Darstellern. Zwar nicht überspannend, aber tiefgreifend und teilweise krass. Teil drei kann kommen!


Ist die FSK:18 Freigabe gerechtfertigt? Ja; anfangs zwar noch recht harmlos, steigert sich der Film zum harten Retroslasher mit dosiert gesetzten Mordszenen, dafür umso deftiger.

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