Review

Als sie nachts in einem heruntergekommenen Viertel von Detroit ihre Airbnb-Wohnung sucht, ahnt die junge Tess (Georgina Campbell) noch nicht, was ihr in den nächsten Stunden bevorsteht. Denn zum einen passt der Code nicht, zum anderen ist die Wohnung offenbar doppelt vermietet worden, wie sie feststellen muß, als ein etwas verstörter junger Mann an der Tür erscheint. Da Keith (Bill Skarsgård) jedoch vertrauenswürdig erscheint und ihr mit größter Rücksicht einen Schlafplatz anbietet - um diese Zeit wird sie kein Hotel mehr finden, außerdem ist gerade Messe - läßt sich Tess auf eine Übernachtung bei dem Unbekannten ein.
Nach einer netten Unterhaltung entdeckt sie auf der Suche nach Klopapier irgendwann am frühen Morgen jedoch im Keller eine geheime Türe, hinter der sich ein dunkler Gang erstreckt. Die Neugierde obsiegt über die Furcht, als sie nach wenigen Metern im Gang einen Raum entdeckt, in dem ein Bett, ein leerer Eimer und eine Kamera stehen. Tess vermutet schreckliche Dinge und will schnell wieder nach oben, doch die wie von Geisterhand zugefallene Kellertüre hindern sie daran - ihr Handy hatte sie auch nicht dabei. Es gelingt ihr zwar, mit Keith´ Hilfe wieder herauszukommen, dieser jedoch will ihr zunächst nicht recht glauben und geht dann selbst in den Keller, um sich zu überzeugen, kehrt dann aber nicht mehr zurück...

Mehr als eine halbe Stunde lang baut Regisseur und Drehbuchautor Zach Cregger in seinem Barbarian betitelten Streifen aus bekannten Zutaten (unheimliche Gegend - Sachzwang - geheimer dunkler Keller) behutsam ein Gruselszenario auf, das er dann - völlig entgegen der Erwartungshaltung des Publikums - im Moment der größten Spannung mit einem sekundenlangen schwarzen Bildschirm abbricht. Danach setzt eine vollkommen neue Handlung ein, die zunächst nichts mit der vorherigen zu tun hat und erst nach geraumer Zeit zum Haus mit der doppelt vergebenen Wohnung führt. Nach hartem Schnitt setzt dann ein drittes, lange zurückliegendes Geschehen um das bewußte Haus ein, bevor am Ende dann die Stränge zusammengeführt werden.

Könnte man sich mit dieser das Publikum bewußt in die Irre führenden Erzähltechnik noch einigermaßen anfreunden, ist es dann das Geschehen selbst, welche den Film konstant herunterzieht. Zum einen ist der Hauptdarsteller der zweiten Handlung, Justin Long als gefallener Filmstar AJ, im Gegensatz zu Keith ein ausgesprochener Unsympathler, zum anderen häufen sich im Finale die Logiklöcher und Unglaubwürdigkeiten in einer Weise, die die zuvor erzeugte Spannung im Nu verpuffen läßt. Grundlegende Fragen bleiben dabei selbstredend unbeantwortet - ein ganz schwaches Ende eines vielversprechend beginnenden Films.

Zu den gröbsten Patzern gehören beispielsweise das unbehelligte Parken in einer total abgefuckten Gegend (gedreht wurde das Detroiter Abbruchviertel überigens in Bulgarien), in der es neben dem bewußten Haus nur Ruinen gibt - in Wirklichkeit würde AirBnB hier sicher nichts anbieten und der PKW wäre am nächsten Morgen nicht nur sämtlicher Reifen, sondern auch seines Innenlebens beraubt. Auch hat man selten eine derart desinteressierte Polizeistreife erlebt, die eine junge Frau, die vorgibt, gefangengehalten worden zu sein, einfach ignoriert. Erklärungsbedürftig - neben dem völlig beliebigen Titel Barbarian - auch das Verhalten des Obdachlosen, der die Gegend gut kennt und dennoch dort haust, obwohl er anderenorts viel sicherer wäre. Wer die weitreichenden Kellergänge zu welchem Zweck erbaut hat bleibt ebenfalls im Dunklen, wie auch ein gewisser Filmcharakter gar nichts mit der Auflösung zu tun hat und - im Nachhinein erkennbar - nur zur Verwirrung des Publikums eingebaut wurde. Den Höhepunkt dieser weißgott nicht vollständigen Aufzählung bildet dann - im Finale - ein Sprung in die Tiefe, der sämtliche physikalischen Grundsätze außer Kraft setzt. boing!

Man könnte vermuten, daß hier drei verschiedene Drehbuchautoren am Werk waren, die ihre unterschiedlichen Prioritäten nie auf einen gemeinsamen Nenner bringen konnten (besonders der in der Vergangenheit liegende, dritte Teil ist viel zu kurz geraten, die hanebüchene finale Auflösung sowieso), tatsächlich jedoch stammen die einzelnen Abschnitte alle von Zach Cregger, dessen bewußtes Verwirrspiel am Ende eher Formen der Verarschung annimmt.
Schade, da war definitiv mehr drin: 4 Punkte.

Details
Ähnliche Filme