Vorab sollte ich vielleicht anmerken, dass ich mich lange dagegen verwehrt habe, diesen Film anzuschauen; aus mehreren Gründen. Zum einen, weil er mir schlicht als zu lang erschien, dann weil es sich um einen Kriegsfilm handelt, in dem nicht eine Frauenfigur auftaucht, es also m. E. einfach nur ein trockener Film sein würde. Und letztlich weil ich als Türke irgendwie das Gefühl hatte, dass wenn ein Engländer einen Film über einen Helden des 1. Weltkrieges drehen würde, und es dabei um die Gründung der arabischen Staaten geht, der Film doch sehr propagandistisch rüberkommen würde.
Nun ja, wie soll ich da wieder rauskommen, ohne das Gesicht zu verlieren? Einfach die Wahrheit sagen und durch: Ich habe mich geirrt. Und wie ich mich irrte!
Dieser Film perfektioniert die Art und Weise, wie Filme großen Kalibers gedreht werden sollten: Großartige Bilder, große Kulissen, große Schauspieler - dazu gleich mehr - große Musik, großer Schnitt, und das wichtigste: Große Geschichtenerzählung.
Was wie ein einfacher Abenteuerfilm beginnt (der abenteuerlustige, etwas zur Selbstüberschätzung neigende Lawrence überredet ein Paar Araber, mit ihm die Türken auf unorthodoxe Weise anzugreifen und zu besiegen) verwandelt sich langsam aber sehr wohl merklich zu einem Psychogramm eines gebrochenen Mannes, der zwischen die politischen Fronten gerät und letztlich zerrieben, psychisch zerstört, seines männlichen Egos beraubt als Held aus der Armee entlassen wird.
Hierbei merkt der Zuschauer sehr wohl, dass Lawrence eigentlich schon ab der Hälfte des Filmes nicht mehr weiter machen will, da er selbst mitbekommt, wie sadistisch er noch werden könnte und wird (na gut, er wird erst richtig fies, als er von einem türkischen Oberschwuli vergewaltigt wird, aber auch ohne diese Episode tendiert er zu einem gewissen Sadismus, das macht der Film schon sehr deutlich).
Ab einem gewissen Punkt ist er sogar vielen seiner arabischen Getreuen zu brutal, so zum Beispiel in einer wundervollen Szene, als er eine flüchtige, gebrochene Truppe Türken attackieren und massakrieren läßt.
In solchen Szenen gelingt es den anderen Schauspielern auch mal neben dem überlebensgroß aufspielenden Peter O'Toole zu glänzen. Omar Sharif verleiht seinem Araberprinzen einen Glanz von Würde, wie nur er es wohl tun konnte zu jener Zeit. Auch ist hier ganz groß dem Regisseur David Lean anzurechnen, dass er die homoerotische Schiene mehr als nur andeutet, die es zwischen den beiden zu geben scheint. Warum auch nicht? In jener Kriegszeit sind Frauen nun mal Mangelware...
Doch es ist schon schwer neben peter O#Toole zu bestehen, der hier die Rolle seines Lebens spielt, nein er ist Lawrence, ein Blick von ihm verrät: Ich spiele nicht den Wahnsinnigen, ich bin er. Sehr intensiv und eine Schande, dass er den Oscar nicht bekam für diese Rolle.
Doch auch die restliche Schauspielerriege liest sich wie das Who is who des Nachkriegsengland, hinzu kommt ein Anthony Quinn, wie wir ihn lieben, herzlich, laut, einfach, irgendwie ein arabischer Sorbas.
Nun zur Inszenierung. Wie bereits erwähnt, der Bruch der die beiden Geschichten vereint ist dermaßen genial gemacht, dass der Film trotzdem als Einheit daherkommt und vollends überzeugt. Selbst die Länge von 4 Stunden kommt einem nicht zu lang vor, da eine Geschichte eines großen Mannes in ganz großem packendem Stil erzählt wird. Dass sich dabei nicht so ganz an die Fakten gehalten wird der Geschichte wegen ist mehr als verzeihlich.
Nie wieder wurde ein Film in dieser Perfektion erstellt. Und ich meine jetzt als Film an sich. Dies ist nicht mein Lieblingsfilm, aber m. E. ist dies der beste Film, der je gemacht wurde. Er hat keine größeren Experimente, wie es beispielsweise, Potjemkin oder Citizen Kane haben, also ist dies kein Film, der großes für den Film an sich geleistet hat, er hat nichts revolutionäres an sich, aber er wurde ja auch zu einer Zeit gemacht, als man schon perfekte Filme zu machen in der Lage war.
Wenn ein Regisseur heutzutage Monumentalschinken drehen wollen sollte, dann sollte er sich drei oder vier Filme von David Lean mal genauer unter die Lupe nehmen und er hätte halbwegs eine Ahnung, was er zu tun hätte (ich nehme an, so entstand der Englische Patient).
Alles in allem gibt es an diesem Film nichts aber auch rein gar nichts auszusetzen. Perfekter Film: 10 Punkte