Review

Danish Dynamite


Zwei Familien lernen sich im Urlaub kennen und eine heftige, unaufhaltsame Spirale Richtung Dunkelheit, Abgrund und purem, menschlichem Horror beginnt - „Speak No Evil“ ist als diesjähriges Hauptstück des Fantasy Filmfests wirklich bitterböser Eurothrill zwischen Haneke, Mortier und dem frühen Noe. Augenzwinkern und kampflose Niederlage. Unerwarteter und durchdringender kommen brutale Filmschläge in die Magengrube kaum. Besonders für Eltern eine eindringliche Warnung. Ein Brett, das beschäftigt, einen zitternd zurücklässt und abstösst. Richtig leer zurücklässt. Ein Ritt, den man ungern öfters erleben will, den man dennoch Freunden abseitiger und heftiger Schockware nur wärmstens empfehlen kann. Und dabei wirkt er lange Zeit recht clever, sneaky und cheeky, eher wie ein bellender statt ein beißender Hund. Bis er dann beides tut. Und zwar ohne Abbruchcode. Warum tun wir uns das an? Was gibt uns das? Warum mögen wir dieses ungute Gefühl in der Brustgegend? Das muss jeder mit sich selbst ausmachen…

„Speak No Evil“ hat das Zeug nachhaltig zu verstören. Definitiv. Sowohl Mainstreamgucker als auch abgewetzte, harte Hunde wie viele von uns. Da bin ich mir sicher. Ob das Ende jetzt clever ist oder manche Verhaltensweisen nicht sogar komplett kaum nachvollziehbar, unlogisch, fragwürdig, „pussyhaft“ bis dumm - ja, würde ich bei vielen Punkten sagen. Dennoch wird über die letzte Viertelstunde zu reden sein. Und über verdammt viel davor auch. Das wird alles hängen bleiben, da bin ich noch immer deutlich mit den Gedanken. Das hat meine Hände zum Schwitzen gebracht. Meine Augen aufgerissen. Meine Kinnlade runtergeklappt. Meine Seele ein gutes Stück durchgeschüttelt. Und das hat man bei weitem nicht mehr bei vielen Filmen heutzutage oder jedes Jahr. Da hat der Regisseur sein Ziel zu schocken erreicht. Sowohl psychologisch mit Nachhall in Sachen Opfer, Hilflosigkeit und Schwäche der „zivilisierten, anständigen Gesellschaft“ als auch der rohen Kraft, Leere und Bestialität des Gegenparts. Und noch schlimmer, effektiver, langanhaltender: trotz allem Lachen und all der cleveren Konflikte, Kommunikationsproblemen, Satire zuvor, merkt man die komplette Laufzeit über, dass die Kreissäge auf Hochtouren läuft. Und das Band in Richtung dieser läuft. Es keinen Aus-Knopf gibt. Und wir uns zusammen mit den dänischen Protagonisten darauf befinden. Nackt, schwach und angekettet. Dabei noch Gefahr für und Gewalt gegen Kinder. Eine teuflische holländische Familie zwischen Hölle, Flodders und Egocoachs. Fertig ist ein wirklich, wirklich (positiv) übler Cocktail der Dunkelheit, der Schmerzen, der Boshaftigkeit. „Speak No Evil“ hat seine warnenden „Vorschusslorbeeren“ verdient, ist wesentlich böser als sein generischer Titel und kommt ohne Umwege in die „Effed Up Movies“-Ecke. 

Fazit: einer der unangenehmsten und fiesesten Thriller der letzten Jahre. Und dabei lange Zeit köstlich satirisch, bissig und witzig. Bis einem das Lachen brutal im Hals stecken bleibt. Oder besser gesagt direkt samt Zunge rausgerissen wird. „Speak No Evil“ ist ein Magenschlag, eine bittere Empfehlung und keinen Deut weniger schlimm als solche Schocker wie „Kidnapped“, „Eden Lake“, „Playground“, „Killing Ground“, „Funny Games“ oder „Irreversibel“. Ja, dieses Level. Ich habe euch gewarnt… 

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