Review
von Leimbacher-Mario
Königlicher Kinokontrast
Elvis ist wohl (mit Michael Jackson) das größte (Solo-)Popidol der gesamten westlichen Hemisphäre und Historie. Schon etliche Biopics versuchten dem Mann, dem Musiker und dem Mythos halbwegs gerecht zu werden - sogar mein Lieblingsregisseur John Carpenter hat versucht seiner Legende (mit keinem Geringeren als Kurt Russell als Elvis) mit begrenzten TV-Mitteln ein filmisches Denkmal zu setzen. Dermaßen aufwändig, sprunghaft und gigantisch wie in Baz Luhrmanns neuestem Streich war's bisher aber mit Abstand nie. Und dass der „Moulin Rouge“-Regisseur Optik, Spektakel und Eyecandy kann, dürfte jedem bekannt sein. Selbst wenn nicht wenige mit seinem „Style over Substance“ mittlerweile gebrochen haben. Dennoch garantiert allein seine Vision natürlich einen flotten bis berauschenden Kinogang. Aber was gibt einem „Elvis“ noch? Kommt es dem Superstar wortwörtlich nah? Oder bleibt es bei recht leerer Glitzerhülle? Und merkt man die starken Einschnitte, wenn schon jetzt von einer 4-Stunden-Version für's Heimkino gesprochen wird? Nur Musical? Nur Biopic? Oder mehr als die Summe seiner Teile?
Um es kurz, knackig und übersichtlich zu machen: für mich ist „Elvis“ ein Film voller Zwiespalte und Gegensätze. Im Endeffekt klar positiv tendierend mit einem massiven Anker, Herz und Kern (Butler!) - aber doch eben mit vielen zwickenden Kontrasten. Ein starker Musik(er)film, ein besonderes Biopic, eine sensationelle, „starmaking“ Performance. Aber alles andere als ein reiner Rausch ohne Schwächen. Kunst oder Karikatur. Butler oder Hanks. Fatsuite oder Make Up. Lächerlich oder mitreißend. Die größte Show der Welt oder Zirkusnummernrevue. Musical oder Mitschnitt. Oberfläche oder Seele. König des Rock oder einsames Muttersöhnchen. Genie oder Wahnsinn. Poser oder the real deal. Bling-Bling oder der King. Schwarze Seele oder schwache Kopie. Schlechter Geschmack oder Unikat. Hektik oder Haptik. Glanz oder Krampf. Schnell oder grell. Rush oder Royal Flush. Colonel oder Gangster. Märchen oder Wahrheit. Beschönigung oder Beschmutzung. Verzerrung oder Veredelung. Hüftschwung oder Hüftgold. Bühne oder Bratwurst. Armee oder der Arme. Ausgenommen oder Olymp erklommen. Altes Eisen oder neue Erkenntnisse. Koteletten oder Koteletts. Zeitlos oder typisch Luhrmann. Nummer 1 oder einer von vielen. Der Grat ist bei „Elvis“ immer schmal und wippend. Aber nie kippend. Für mich zumindest. Hauptkritikpunkt: deutlich zu viel Fokus auf dem „Bösewicht“. Haupthighlight: Austin Butler!!! (Da kann man nicht genug Ausrufezeichen hinter setzen!)
Fazit: wer mit Luhrmanns Overkillstyle gut zurechtkommt und nur einen Hauch Interesse am King hat, kommt um „Elvis“ kaum herum und kann sich in dem orgasmischen Musikerepos sagenhaft verlieren. Euphorisch und audiovisuell extraklasse. Die Musik ist eh top notch. Der Typ mega interessant und weltklasse rundherum. Seine Anziehung wird perfekt eingefangen. Und das dickste Plus: man darf die unvergessliche Geburtsstunde des grandiosen Austin Butler miterleben!