*** leichte Spoiler***
Die Order 66 hat nahezu alle Jedi ausgelöscht, nur wenige haben überlebt. Obi-Wan Kenobi hat sich nach diesem Vorfall auf den Planeten Tatooine zurückgezogen. Zehn Jahre später lebt er dort als Einsiedler in der Wüste, unauffällig, seine Vergangenheit unter dem Sand der Wüste begraben. Doch kann er sie nicht vollends abschütteln, denn vom Imperium gesandte Inquisitoren trachten auch den letzten Jedi nach dem Leben und jagen sie, wo immer sie diese finden. Insbesondere Reva hat es auf einen ganz bestimmten Lichtschwertträger abgesehen.
Im Gegensatz um Mandalorianer, den man quasi als neues Franchise aus dem Boden stampfen konnte, schleppt „Kenobi“ eine gewisse Erwartungshaltung mit sich herum. Der Charakter aus der originalen Trilogie und gleichsam eine zentrale Figur aus den Prequels ist kein beliebiger Nebendarsteller in der Saga und so schaut man auf diese Serie vielleicht mit einem etwas anderen Blick als auf Mando oder zuletzt Boba Fett.
Ewan McGregor kehrt in dieser Rolle zurück und verkörpert zu Beginn einen sichtlich gealterten und desillusionierten Mann, der mit dem Jeditum abgeschlossen hat. Auch in der Nutzung der Macht ist er eingerostet. Der Kampf ist verloren, Obi-Wan hat resigniert, versucht sich mit einem Job in der Unauffälligkeit über Wasser zu halten und sieht ab und an nach Luke Skywalker, den er vor zehn Jahren bei dessen Onkel und Tante auf der bekannten Farm abgeliefert hat. Doch dies nur aus der Ferne, denn Lukes Onkel Owen verbittet sich jeden Kontakt. Die Spannungen sind schnell ausgemacht und unterstreichen nur die trostlose Existenz, die Obi-Wans Dasein darstellt.
Die Einführung des gealterten und gebrochenen Helden ist durchaus gelungen. Im weiteren Verlauf erfährt man sukzessive etwas mehr über ihn, aber nie so richtig viel. Ein Hauptthema bleibt sein Trauma aufgrund des Verlusts von Anakin, für den er sich selbst die Schuld gibt. Im Verlauf der sechs Folgen findet da durchaus eine Erkenntnis und eine Rückgewinnung seiner Fähigkeiten statt, doch geht das Skript mit alldem recht behäbig um. Trotzdem zieht man aus diesem Konflikt den interessanteren Storybogen.
Eine weitere Rolle spielt Vivien Lyra Blair als junge Leia Organa, die für eine Kinderdarstellerin in Ordnung geht. Die Aufmüpfigkeit der späteren Inkarnation ist hier jedenfalls schon sichtbar, das Aufwachsen im goldenen Käfig wird angerissen, insgesamt ist sie aber schon zu sehr auf einen Wiedererkennungswert aus den später spielenden Filmen getrimmt und etwas zu abgebrüht.
Hayden Christensen als Darth Vader hat ebenfalls Auftritte, versteckt hinter einigem Make-up, in der bekannten schwarzen Rüstung und unter Einsatz von nicht ganz gelungenem de-aging. Und natürlich kommt es zu Konfrontationen mit seinem früheren Meister. Für ihn zuerst nur ein hasserfülltes Spiel mit dem alten Mann, den er ebenso leiden sehen will, wie es ihm widerfahren ist, hat das finale Aufeinandertreffen durchaus seinen Reiz. Man merkt, dass Vaders Figur hier noch etwas mehr angereichert werden soll, dies vorrangig mit Hass und der dunklen Seite der Macht. Das ist insoweit sinnvoll, als dass der erschreckende Ruf, den er später genießt, auf irgendwas gründen muss. Abseits von „Rogue One“ gab es da nicht viel zu sehen, daher wirken die speziellen Szenen mit ihm durchaus stimmig.
In diversen Nebenrollen gibt es noch bekannte Gesichter. Kumail Nanjiani als Haja Estree spielt letzten Endes eine typische Nanjiani-Rolle, der aus den Prequels bekannte Jimmy Smits ist als Bail Organa dabei, Bassist Flea mimt einen Handlanger.
Auf Schurkenseite gibt es neben den wie üblich immer wieder gegenwärtigen Sturmtrupplern hier die Inquisitoren, die eventuell aus der „Rebels“-Serie bekannt sind. Diese dienen dem Imperium zur Jagd nach den letzten verbliebenen Jedi und ein Kenobi ist da natürlich eine prestigeträchtige Beute. Die hier tätige Truppe verändert sich schon bald in der Zusammensetzung und so kristallisiert sich bald Reva, gespielt von Moses Ingram, als eine zentrale Antagonistin heraus. Charisma kann man ihr nicht absprechen, ihre Verbissenheit deutet auf eine bestimmte Motivation gegenüber Kenobi hin. Ihr Plan und Schicksal enthüllen sich spät und geben der Figur einen interessanten Dreh. Doch leider ist es wie so oft bei Disneys Star Wars – man weiß letztlich nicht viel mit der Figur anzufangen. Und so lässt man sie am Ende recht unmotiviert durch ein Finale staksen, das ins Nichts führt. Trotz der dramatischen Ausgangslage der Figur. Das kann man Ingram nicht anlasten, die unter der Schreibe zu leiden hat. Wie so manche andere Figur auch, denn das Potential der Inquisitoren bleibt ungenutzt. Und Wade. Wer?
Was eine Handvoll Schreiberlinge hier in ein Drehbuch gegossen haben, pendelt zwischen mitreißenden Momenten und völligem Schwachsinn. Es ist schwierig, dies an einzelnen Szenen festzumachen. Allgemein ist es löblich, dass sich mal von Tatooine wegbewegt wird und verschiedene Welten zu sehen sind. So wird nebenbei der Star Wars Kosmos erweitert und man stapft nicht wieder stundenlang durch die Wüste. Ein paar nette Anspielungen und Cameos sind auch dabei, Fanservice gehört einfach in einer gewissen Dosis dazu. Da fliegt mal wieder die Hand.
Auf der anderen Seite reicht es wohl, das Wort „Laserschranke“ zu sagen. Dazu gibt es in der Serie die wohl dümmsten Sturmtruppler zu sehen, die es bislang auf die Mattscheibe geschafft haben. Von einem Lichtschwert durchbohrt zu werden, hat scheinbar keine Konsequenzen. Sachverhalte werden innerhalb ein und desselben Gesprächs nach Sekunden ins Gegenteil verkehrt und dass Jedis zur besseren Nachverfolgung Nachrichten in die Wände meißeln – ich denke, der Punkt ist klar.
Viele Ideen sind chic anzusehen, viele Ideen ergeben nicht viel Sinn. Und das zieht sich durch die gesamte Staffel und ist einfach ärgerlich. Natürlich war der Rahmen relativ eng gesteckt, denn bestimmten Figuren darf letztlich nichts passieren, das Ausbrechen aus dem bekannten Kanon nur in bekannten Bahnen möglich. Das hemmt das Ausmaß, ist aber keine Rechtfertigung für eine teils so schlechte Schreibe.
Audiovisuell ist „Kenobi“ okay. Dominiert zu Beginn die inzwischen überreizte Wüste Tatooines, bekommt man später noch weitere Planeten und Bauten zu Gesicht. Die Effekte bewegen sich dabei nicht auf höchstem Niveau, vielen Sets und Aktionen haftet das Künstliche an. Insgesamt sieht man der Serie das TV-Niveau an, da gab und gibt es schon Besseres. Wer also dachte, dass das hier aufgrund des Namens eine Flaggschiffproduktion wird, dürfte enttäuscht sein. Auch die durchaus praktische StageCraft-Technologie stößt an ihre Grenzen.
Das Hauptthema von John Williams ist gelungen. Ein getragenes Stück, das die Weite Tatooines, in der Kenobi existiert, einfängt. Der restliche Soundtrack von Natalie Holt geht da weniger ins Ohr und wirkt wie eine generische Untermalung, ohne Akzente setzen zu können.
Action gibt es natürlich auch und diese ist nicht immer so gelungen inszeniert. Verfolgungen zu Fuß wirken mitunter albern, gerade bei Beteiligung Leias dürften die nur ein paar Sekunden dauern. Ansonsten gibt es Geballer, Lichtschwerter und das Übliche, wobei alles recht dosiert wirkt.
Licht und Schatten. Da gibt es gelungene und emotionale Sequenzen, Obi-Wans Charakterisierung zu Beginn, sein finales Treffen mit Vader und so manche Szene dazwischen. Hier kann die Serie in einzelnen Momenten doch glänzen und es ist Ewan McGregor, der den größten Pluspunkt des Projekts darstellt. Und dann wird dies immer wieder durchbrochen von schwach geschriebenen Szenen und Charakteren. Mitunter kann man sich fragen, für wie dumm Disney sein Publikum hält. Und auch, wann die Abkehr von dem Prinzip „Masse statt Klasse“ stattfinden wird.
Und trotz der ganzen Kritik – aufgrund des Wiedersehens mit Kenobi, einiger gelungener Szenen und Ansätze, kann ich der Chose nicht ganz so böse sein, wie es bei objektiver Betrachtung vielleicht gerechtfertigt wäre. Enttäuschung schwingt trotzdem mit.