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Betrachtet man die vielfältigen Filmtitel, unter denen "Le fate" international vermarktet wurde, wirft das ein bezeichnendes Licht auf den Versuch der Verleihfirmen, das jeweilige Publikum auf einen Film einzustimmen, der die üblichen Erwartungshaltungen an eine frivole Komödie nicht erfüllen wollte. Und sprach auf diese Weise das Urteil über vier schöne, erotische Frauen, die in der ihnen jeweils gewidmeten Episode weder unbekleidet zu sehen sind, noch beim Sex mit einem Mann. Mit Ausnahme eines sehr eingeschränkten Beispiels in der vierten Episode "Fata Marta", haben sie überhaupt keinen Sex.

Die häufigste, in mehreren Sprachen gewählte Variante war sie als "Königinnen" zu bezeichnen (US-Titel "The queens"), vielleicht um damit ihre Unerreichbarkeit für die Männer noch zu betonen. Weniger freundlich klang der spanische Titel "Las cuatro brujas" (Die vier Hexen), der den Frauen Absicht bei ihrer nicht eingelösten Verführungskunst unterstellte. Eine Ansicht, die offensichtlich auch der französische Titel "Les ogresses" teilte, der die Frauen in die Nähe weiblicher Ungeheuer rückte, speziell "männerfressende". Dagegen kam der deutsche Verleihtitel "Die Gespielinnen" optimistischer daher, löste aber das damit gegebene sexuelle Versprechen nicht ein. Außerhalb Italiens verwendete Niemand den Originaltitel "Le fate" (Die Feen), obwohl diese Bezeichnung den irrealen, nicht greifbaren Charakter sehr schön erfasste – nicht allein in seiner Signifikanz für das weibliche Geschlecht, mehr noch für die Unmöglichkeit einer funktionierenden Interaktion zwischen Mann und Frau.

Mitte der 60er Jahre boomte das Thema Sex. Die Nacktdarstellungen blieben zwar noch zurückhaltend, aber die thematische Aufarbeitung hatte nach dem Ende der prüden 50er Jahre beinahe schon inflationäre Ausmaße angenommen, auch dank der an „Le fate“ beteiligten Regisseure und Drehbuchautoren. Mario Monicelli, dessen Komödien schon in den 50er Jahren mit moralischen Tabus brachen, hatte eine Episode zu „Boccaccio ‘70“ (1962) beigesteuert, der Initialzündung nicht nur für den italienischen Episodenfilm der 60er Jahre, sondern auch der Nährboden für eine respektlose Analyse des immer gleichen Themas – der Beziehung zwischen Mann und Frau. Galt der konkrete Umgang mit der Sexualität in den 50er Jahren noch als Provokation links-intellektueller Regisseure wie Alberto Lattuada („La spiaggia“ (Der Skandal, 1954)), gehörten Themen wie Sex vor der Ehe, wechselnde Partnerschaften oder Seitensprünge in der Ehe inzwischen zum gängigen Repertoire.

Luciano Salce hatte in „La voglia matta“ (Lockende Unschuld, 1962) auf tragi-komische Weise die Konfrontation der älteren Generation mit einer offen ihre Sexualität lebenden Jugend thematisiert und war im Jahr zuvor mit der vielsagenden Episode „La moglie bionda“ (Die blonde Ehefrau) am Episodenfilm „Oggi, domani, doppodomani“ (1965) beteiligt, dessen Titel „Heute, morgen, übermorgen“ ähnlich wie „Boccaccio ‘70“ einen Blick in die Zukunft der Beziehungsentwicklung andeuten sollte. Mauro Bolognini konzentrierte sich zwischen 1964 und 1967 ausschließlich auf den Episodenfilm, schuf insgesamt neun Kurzfilme, die sich alle um das Thema Frau, Sex und Begierde drehten und Antonio Pietrangeli galt schon seit seinem Erstling „Il sole negli occhi“ (Die Sonne in den Augen, 1953) als profunder Dokumentar der Rolle der Frau in der italienischen Gesellschaft. 1965 war sein exemplarisches Werk „Io la conoscevo bene“ (Ich habe sie gut gekannt) über die nur scheinbare neue Freiheit junger Frauen entstanden.

Angesichts dieser Voraussetzungen und der illustren weiblichen Besetzungsliste Monica Vitti, Claudia Cardinale, Raquel Welsh und Capucine lag die Erwartungshaltung an ein frech, frivoles Werk nah. Und genau das wurde es auch, aber ohne gängige Muster zu bedienen. Die Frauen sind das reinste Versprechen. Die Kamera streichelt ihre Körper, deutet nur an, ohne konkret werden zu müssen. Kleidung, Frisuren, Autos und die Architektur strahlen Extravaganz aus - nicht zuletzt auch die ärmliche Behausung von Armenia (Claudia Cardinale) in der 2. Episode „Fata Armenia“, die auf dem Dach eines römischen Palazzo wohnt. Und die Männer? – Sie könnten unterschiedlicher nicht sein. Der gereifte Lebemann und Cabriolet-Fahrer Gianni (Enrico Maria Salerno), Dr. Aldini (Gastone Moschin), ein sympathisch vertrottelter Kinderarzt, der schöne Nachbar Luigi (Jean Sorel) und der Diener und Chauffeur Giovanni (Alberto Sordi).

Gemeinsam ist allen, dass sie nicht zueinander finden. Keineswegs in der typischen Form einseitiger Anziehung und Ablehnung, wie es die diversen Filmtitel suggerieren, sondern in einem komplexen Wirrwarr aus unterdrückten Emotionen und aufrecht erhaltenen Konventionen, mit denen die Regisseure und ihre nicht weniger prominenten Drehbuchautoren – darunter Suso Checchi D’Amico, Ruggero Macchari und Tonino Guerra – die sexuelle Liberalisierung als äußerlichen Schein enttarnten.

Dafür griffen sie auch zu plakativen Mitteln wie in der ersten Episode „Fata Sabina“ unter der Regie Luciano Salces. Diese beginnt damit, dass Sabina (Monica Vitti) vor einem Mann flüchtet, der sie offensichtlich vergewaltigen will. Er lässt erst von ihr ab, als ein anderer Mann mit seinem Auto am Straßenrand anhält und sie mitnimmt. Aufgeregt und empört schildert sie ihrem Retter, einem bürgerlich biederen Typen, was ihr wiederfahren ist, dabei ganz in ihrer sexy Körperlichkeit aufgehend. Mit dem Ergebnis, dass der Mann nach kurzer Zeit nicht mehr an sich halten kann und ebenfalls versucht, sie zu vergewaltigen. Bis sie erneut dank der Hilfe eines Cabriolet-Fahrers (Enrico Maria Salerno) entkommen kann. Dieser lässt sich durch ihr exaltiertes Auftreten nicht aus der Ruhe bringen und entpuppt sich als erfahrener Liebhaber, wie sie bei einem Telefonat mit einer anderen Frau mitanhören muss – schließlich ist sie es, die ihn verfolgt.

Der knapp 20minütige Kurzfilm dreht sich um das Vorurteil, dass Frauen zwar beachtet werden wollen, sich dann aber wundern, wenn ihnen ein Mann zu Nahe tritt. Werden sie dagegen ignoriert, gefällt es ihnen auch nicht, worauf sie vehement Aufmerksamkeit einfordern. Monica Vittis Aktionismus und Salernos phlegmatische Reaktion wandelten die Thematik in einen überdrehten Witz, der aber keinen Zweifel an der Verklemmtheit aller Beteiligten beließ – und damit die Richtung für den gesamten Film vorgab. Jede Episode widmet sich einem typischen Frauen-Klischee und spielt es in zugespitzter Form durch.

Claudia Cardinale mimt in Episode 2 „Fata Armenia“ unter Mario Monicellis Regie eine junge ledige Mutter aus einfachen Verhältnissen, die einen biederen Kinderarzt mit ihrer unberechenbaren, fordernden Art beinahe in den Wahnsinn treibt, der sich ihrer erotischen Ausstrahlung aber nicht entziehen kann, die diametral zu seinem sonstigen Umfeld steht. „Fata Armenia“ zitiert einen klassischen Komödien-Stoff – eine quirlige junge Schönheit verführt einen etwas steifen älteren Intellektuellen mit Vorteilen für beide Seiten. Sie entkommt der Armut, er wird zu einem sozialen Wesen. Eine vielfach von Sophia Loren verkörperte Rolle („Es geschah in Neapel“ 1960), die trotz ihrer offen eingesetzten Sexualität in moralisch einwandfreie Verhältnisse münden musste. Erwartungsgemäß wählte „Fata Armenia“ ein eigenständiges Ende jenseits des üblichen Happy-Ends, blieb aber innerhalb des Films die freundlichste Episode.

Im Gegensatz zum dritten Teil „Fata Elena“, der sich dem Thema „Gelangweilte Ehefrau in besten Verhältnissen hält sich einen Hausfreund“ annahm. Mauro Bolognini inszenierte diese kürzeste Episode in einem hoch stilisierten Umfeld mit einer unterkühlt erotischen Raquel Welsh im Mittelpunkt. Alles ist hypermodern und artifiziell. Die junge Elena vertreibt sich die Zeit mit Handarbeiten, während der nicht minder attraktive Luigi (Jean Sorel) charmant versucht eine Berührung oder einen Kuss von ihr zu erhaschen. Elena ziert sich, um im nächsten Moment verführerische Nähe herzustellen – bis ihr Ehemann auftaucht, weshalb Luigi sich durch einen Nebeneingang entfernt. In Richtung eines im selben modernen Architektur-Stil gebauten Nachbargebäudes, wo seine hübsche junge Ehefrau ebenfalls bei ihren Handarbeiten sitzt, während ein anderer Mann das Haus verlässt. Während die ersten beiden Episoden einen eindeutig komödiantischen Stil pflegten, verbirgt die dritte ihren sarkastischen Humor unter technologischer Stringenz – der Seitensprung wird zum angesagten Bestandteil eines modernen Lebensstils.

Dass Regisseur Antonio Pietrangeli einen Ausschnitt dieser dritten Episode „Fata Elena“ in seinem folgenden Film „Come, quando, perché“ (Wo, wann, mit wem?, 1969) zitierte – er zeigt eine Szene daraus bei einem Kinobesuch der Protagonistin – , war als ironischer Kommentar zu verstehen, verdeutlicht aber auch die Problematik hinsichtlich der Interpretation des Episodenfilms. Beschrieb Pietrangeli in seinem wegen seines Unfalltods letzten Film ernsthaft und ohne zu urteilen den Konflikt einer jungen Ehefrau zwischen Konventionen und moralischer Liberalisierung, barg die Zuspitzung von Klischees in „Le fate“ die Gefahr einseitiger Sympathien zugunsten der Männer. Gut an den internationalen Filmtiteln abzulesen. Besonders die vierte unter Pietrangelis Regie entstandene Episode „Fata Marta“ betonte dieses Ungleichgewicht durch die Gegenüberstellung der französischen Darstellerin Capucine mit dem beliebten italienischen Volksschauspieler Alberto Sordi.

Die damals 40jährige Capucine, ein ehemaliges Mannequin, ist wunderschön in ihrer Rolle als standesbewusste Ehefrau eines hochangesehenen Arztes, schläft mit ihrem Diener und Chauffeur Giovanni (Alberto Sordi) aber nur unter Alkoholeinfluss, um ihn am nächsten Tag, ohne sich an ihre nächtlichen Abenteuer zu erinnern, wieder wie einen Domestiken zu behandeln. Giovanni hegt dagegen ernsthafte Gefühle für sie und spricht sie vorsichtig darauf an - mit niederschmetterndem Ergebnis. Am Ende toleriert er ihre Erniedrigungen, um in ihrer Nähe bleiben zu können – sein letzter Blick fällt durch den Fahrzeug-Spiegel auf ihre Beine.

Pietrangeli nahm in „Fata Marta“ die Thematik unterdrückter Emotionen seines nächsten Films vorweg, reihte sich aber mit seiner Episode in den sonstigen Charakter des Films ein, die Klischeehaftigkeit dieser Konstellationen humorvoll zu übertreiben. Angesichts der schönen Frauen und unterhaltsam inszenierten Stories ein abwechslungsreiches Vergnügen, dessen Erotik unterschwellig blieb. Allerdings bedarf es einer erheblichen Abstrahierung, um den Subtext einer generellen Beziehungsunfähigkeit beider Geschlechter zu erfassen und die Schuld nicht allein den Frauen zuzuweisen. (8/10)

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