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Das junge Model-Pärchen Yaya und Carl - sie eine erfolgreiche Influencerin, er Karriere-mäßig bereits auf dem absteigenden Ast - nimmt an einer kostenlosen Luxus-Kreuzfahrt teil, bei der sich unter Crew und Passagieren so allerlei kurioses Gesindel tummelt... sei es nun ein russischer Multimillionär, der nach dem Mauerfall in Ost-Europa sein Vermögen mit dem Verkauf von Dünger gemacht hat, ein altes, britisches Waffenhändler-Ehepaar, oder sogar der Captain selbst, der sich lieber in seiner Kabine volllaufen lässt, als das Schiff zu kommandieren. Ein bei schwerem Seegang angesetztes Dinner endet dann auch in einem völligen Desaster, wenn unter den Passagieren die Seekrankheit umgeht und es zu einer ziemlich wilden Kotz-Orgie kommt, während der Kapitän im Suff über die Bord-PA seine marxistischen Parolen rausblökt. Nachdem die Luxus-Yacht am darauffolgenden Morgen von Piraten versenkt wird, werden Yaya und Carl zusammen mit einigen anderen Überlebenden an den Strand einer nahegelegenen Insel gespült. Da die ehemaligen Macht-Verhältnisse nun völlig auf den Kopf gestellt sind, schwingt sich die kleine Putzfrau Abigail, die als einzige Anwesende über die notwendigen Survival-Skills verfügt, prompt an die Spitze der Hierarchie... und wirft, sehr zu Yayas Unmut, natürlich auch schnell ein Auge auf Carl, den sie sich mit selbstgefangenem Fisch gefügig macht... Ruben Östlund hat sich in seinem zumindest als gallige Satire - wenn nicht gar schon als überzogene Farce - angelegten "Triangle of Sadness" auf ein ziemlich leichtes Ziel eingeschossen, und übt auf vordergründige Art und Weise Gesellschafts- und Kapitalismus-Kritik, indem er ein wenig an der Instagram-tauglichen Fassade der Superreichen und -schönen kratzt und dabei aufdeckt, dass sich dahinter wohl so manch unhübscher Abgrund auftut... was jetzt, bei aller Liebe, keine bahnbrechend neue Erkenntnis ist. Östlunds Vorführung der Marotten und Pingeligkeiten der präsentierten, ziemlich hassenswerten Witzfiguren-Bagage gestaltet sich da zunächst noch ganz amüsant, findet allerdings auch schnell mittendrin ihren Höhepunkt in der besagten, ausgedehnten Kotz-Sequenz, die in anarchistischer Monty Python-Manier daherkommt (und natürlich auch Erinnerungen an eine ähnliche Szene aus "Der Sinn des Lebens" weckt). Nach diesem - zugegeben - memorablen Moment, dessen schierer Gross-Out-Faktor immerhin noch als Versuch gewertet werden kann, ein wenig an die Skandalfilme der 70er anzuknüpfen und quasi als lustigere Variante von "Das große Fressen" oder "Salo" durchzugehen, ist die Luft aber leider raus und dem Zuschauer schwant schnell, dass es dem Streifen doch irgendwie an Substanz mangelt und hier wirklich nichts die annähernd zweieinhalbstündige Laufzeit rechtfertigt. Der Punkt, auf den es Östlund ankommt, ist halt schnell gemacht, und wirklich mehr zu sagen hat er leider nicht. Im breitgewalzten dritten Akt auf der Insel, bei dem man sich ein wenig an Lina Wertmüllers (wesentlich besseren und beißenderen) "Hingerissen von einem ungewöhnlichen Schicksal im azurblauen Meer im August" erinnert fühlt, der die Sache mit der Auflösung der Klassengesellschaft aber unterhaltsamer hinbekommen hat, überspannt "Triangle of Sadness" dann schließlich nicht nur was die Lauflänge anbelangt den Bogen und versandet endgültig in schierer, banaler Langeweile. So ist dann für mich auch ziemlich klar, dass weder die Auszeichnung mit der Palme d'or in Cannes noch die drei Oscar-Nominierungen (für Regie, Drehbuch und sogar den besten Film) wirklich verdient gewesen sind und Östlund nach "The Square" wiederum nicht an die Qualitäten seines besten Films "Höhere Gewalt" von 2014 anknüpfen kann. Schade.

4/10

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