Review
von Leimbacher-Mario
Deutsch-dämonische Republik?
„Arboretum“ ist eine deutsche Genreentdeckung, lief dieses Jahr auf dem Hard:Line-Festival und zeichnet ein düsteres, bedrückendes und dezent horroraffines Bild der ostdeutschen Männer, Jugend, Gesellschaft - zwei jugendliche, eher linksgerichtete Jungs werden in der Schule heftig gemobbt, finden keinen wirklichen Sinn im Leben und geraten immer wieder in die Schlagfäuste der rechtsradikalen Dorfskinheads. Da scheint das endgültige Überlaufen ihrer maroden Fässer ganz (über)natürlich…
Dass es ein meinungstechnisches, politisches, monetäres, bildungstechnisches, wutbürgerisches und allgemein gesellschaftliches Gefälle zwischen Westen und Osten der Republik gibt, ist keine gewagte, vorurteilsschwangere oder falsche These. Das ist für mich schon seit dem Mauerfall erkennbar und hat sich auch nicht großartig gebessert. In vielen Belangen, auch gerade durch diese all das noch in sich befeuernde Erkenntnis, eher noch verschlechtert und erhärtet. Daran ändern auch Solis und schöne Städtchen nichts. Der perfekte Nährboden also für so etwas wie „Arboretum“, einem bitterbösen Drama mit leichten Horroreinschlägen, das genau diese Verlorenheit, Wut und Abgehängtheit in Schocks, Traurigkeit, Kummer, Ausweglosigkeit, Vergangenheitsbewältigung und Aggressivität umwandelt. Nicht, dass es all das nicht auch von NRW bis Texas geben würde. Doch Ostdeutschland um die Jahrtausendwende, kurz vor 9/11 oder diversen Schulmassakern, bietet sich eben noch besser und authentischer dafür an. Sehr stark und natürlich gespielt. Eine Seltenheit in der deutschen Genrelandschaft. Mit einem noch weiter beunruhigenden Unterbau und einer Gänsehautsounduntermalung. Bleibend und bodenlos. Immer noch und wohl für immer aktuell und denkbar. Mit wenigen Mitteln aber viel Können und Passion für Thema, Kern und verlorene Herzen, Hoffnung, Menschen.
Fazit: packend, kompakt, düster - „Arboretum“ ist tragische (Semi-)Genreware aus Deutschland, zwischen „Pyewacket“ und „Elephant“, die zeigt, dass und wie es gehen kann. Tolles aus seinen Mitteln gemacht. Absolut empfehlenswert!