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Weil seine junge Kollegin Michelle bei einem Autounfall ums Leben kommt, "erbt" der alte Reporter-Hase Steve Everett von dieser die Story des zum Tode verurteilten Frank Beechum, der vor sechs Jahren bei einem Raubüberfall auf einen Laden die schwangere Kassiererin erschossen haben soll... und dessen Hinrichtung nun für dieselbe Nacht angesetzt ist. Obwohl er eigentlich nur für einen knappen Human-Interrest-Artikel ein kurzes Interview mit Beechum führen soll, stößt Everett, als er sich während seiner Recherche näher mit dem Fall beschäftigt, schnell auf einige Ungereimtheiten, die ihn zu der Überzeugung kommen lassen, dass da ein Unschuldiger in der Todeszelle sitzt. Seinem verhassten Chef-Redakteur Bob Friedley gibt der erst seit kurzem trockengelegte Ex-Alki und Weiberheld - der zudem auch eine Affäre mit Friedleys Ehefrau am Laufen hat - dadurch nur nur noch zusätzlich Munition in die Hände, um ihn endlich beruflich abzusägen... dennoch lässt Everett in der Angelegenheit nicht locker und versucht nun, in den wenigen Stunden, die Beechum noch bis zur Giftspritze bleiben, die notwendigen Beweise aufzutreiben... Trotz seiner Western-Dekonstruktionen "Ein Fremder ohne Namen" und "Erbarmungslos" (Letzterer zu Recht mehrfach Oscar-prämiert!), trotz der besten "Dirty Harry"-Fortsetzung "Sudden Impact" von 1983, und trotz vieler, vieler sehenswerter Alterswerke querbeet durch alle Genres (von "Space Cowboys" über "Gran Torino" und "American Sniper" bis hin zu jüngst "Der Fall Richard Jewell") während seiner nun auch schon seit über dreißig Jahre andauernden Spät-Phase... der zunächst etwas unscheinbare "Ein wahres Verbrechen" (im Original doppeldeutiger "True Crime" betitelt) ist tatsächlich unter allen Regie-Arbeiten Clint Eastwoods mein Favorit, denn immerhin bringt dieser hiermit nochmal sämtliche Stärken genau auf den Punkt, die sein Œuvre seit jeher gemeinhin so auszeichnen: Eine schnörkellose Inszenierung nach der Manier klassischen Erzähl-Kinos, die ohne jedwede Trend-Anbiederei auskommt und nun schon seit Jahrzehnten dafür sorgt, dass Eastwoods Art und Weise der Filmemacherei irgendwie immer noch frisch und "zeitlos" erscheint, sowie ganz Story-unabhängig eine gewisse inhaltliche Tiefe durch einen in vielen Grau-Schattierungen gezeichneten Protagonisten, der bisweilen schon eher Anti-Helden-Qualitäten aufweist (hier der von Eastwood selbst augenzwinkernd als alter Hallodri gemimte Reporter mit ruiniertem Privatleben aber funktionierender Spürnase). Alleine auf der oberflächlichen Thriller-Ebene funktioniert "Ein wahres Verbrechen", der zudem - nicht gänzlich unvorhersehbar - zum Schluss hin nochmal ziemlich Gas gibt und in ein lehrbuchmäßiges Race-against-the-Clock-Finish mündet, demnach schon ganz hervorragend. Das Beste an der Sache ist allerdings, dass Eastwood seine Message klar und verständlich formuliert und das abgegebene Anti-Todesstrafe-Statement keinesfalls kuddelmuddelig verkompliziert... und die Aussage dadurch, anders als ein Alan Parker vier Jahre später in seinem völlig unsäglichen "Das Leben des David Gale", nicht letztendlich doch glatt noch ins Gegenteil verkehrt.

9/10

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