„Ein wahres Verbrechen“ ist ein weiterer, unterhaltsamer Spätfilm Clint Eastwoods, der mal wieder von der Präsenz seines Hauptdarstellers lebt.
Steve Everett (Clint Eastwood) ist Reporter, doch sein Stern hat an Glanz verloren, seitdem er einen Verurteilten auf eigene Faust frei boxen wollte, den er für unschuldig hielt. Allerdings lag Everett da falsch und in Verbindung mit einer Alkoholikervergangenheit sowie mangelndem Respekt Autoritäten gegenüber bedeutet das für Everett berufliches Abseits. Ein derartig abgewrackter Eastwood, das hat etwas von Bruce Willis in „Last Boy Scout“ und „Stirb langsam – Jetzt erst recht“, doch auch der gute Clint passt wunderbar in derartige Rollen.
Doch für derartige Menschen gibt es immer eine Chance sich zu bewähren und die erhält Everett zynischerweise durch den Tod einer Kollegin: Er soll für sie beim letzten Interview mit dem Todeszelleninsassen Frank Beechum (Isaiah Washington) einspringen. Everett macht sich zuvor noch mal daran, den Fall genauer zu untersuchen und wie sich jeder Zuschauer angesichts von Everetts Vergangenheit denken kann, stößt er natürlich auch hier auf Ungereimtheiten.
Wie es sich für einen Hollywoodthriller gehört, glaubt Everett niemand aufgrund seines früheren Fehltritts. Doch der alte Wolf lässt sich nicht so leicht unterkriegen und beginnt mit den Ermittlungen, da die Zeit knapp ist: In wenigen Stunden ist die Hinrichtung angesetzt…
„Ein wahres Verbrechen“ gehört nicht zu den Filmen, die sich kritisch mit dem Thema Todesstrafe auseinandersetzen (wie z.B. „The Green Mile“), sondern nutzt das Szenario als Aufhänger für einen spannenden, aber nicht herausragenden Thriller. Denn die Ermittlungsarbeiten Everetts könnten durchaus ausführlicher sein und er löst das Rätsel überraschend fix. Wirkt nicht unbedingt glaubwürdig angesichts der Tatsache, dass der Verurteilte ein Gerichtsverfahren hinter sich hat. So hätten einige Wendungen mehr den Film nicht nur spannender, sondern auch glaubwürdiger gemacht.
Doch auch wenn die Geschichte nicht immer das Wahre ist, so verhilft die Umsetzung hier die Umsetzung zu guter Haltung. So erreicht die Story durch den knappen Zeitrahmen (wenige Stunden bis zur Hinrichtung) ein solides Maß an Spannung und Eastwood erzählt die Geschichte recht packend. So wird intensiv gezeigt, was der Todeskandidat in seinen letzten Stunden vor dem Hinrichtungstermin erlebt und wie Vorurteile (z.B. dass man Schwarzen grundsätzlich immer einen Ladenüberfall zutraut) die Wahrnehmung der Menschen trüben können.
Vor allem aber ist „Ein wahres Verbrechen“ eine Charakterstudie: in geringem Maße von Frank, vor allem aber von Everett. Beide Männer haben etwas zu verlieren, der eine sein Leben, der andere Beruf, Ansehen und Familie. Angesichts des zynischen Tenors stellt sich auch die Frage, ob nicht am Ende beide alles verloren haben und zum Glück entscheidet sich „Ein wahres Verbrechen“ nicht für die kitschigste Lösung. Jedoch gibt das Ende einen kleinen Hoffnungsschimmer nach einem recht sarkastischen Film: Everette hat zig Affären, vernachlässigt seine Familie und provoziert, wo er nur kann. Letzteres gibt immerhin Platz für ein paar wunderbar sarkastische Wortgefechte – meist zwischen Everett und seinem Chef Alan Mann (James Woods).
Den alten Wolf mit der richtigen Spürnase spielt Eastwood dann auch wieder famos und dominiert den Film mit links. James Woods ist solide, aber keinesfalls herausragend, während Isaiah Washington eine sehr überzeugende Performance ablegt. Auch in den Nebenrollen erweist sich „Ein wahres Verbrechen“ als gut besetzt.
Letzten Endes ist „Ein wahres Verbrechen“ unterhaltsam bis zum Schluss, auch wenn der Plot deutlich komplexer sein könnte. Doch als Charakterstudie eines Sturkopfes kann der Film punkten und dank der guten Umsetzung kommt kaum Langeweile auf.