ONG-BAK
Der Kinotrailer von ONG-BAK verspricht: „Asien schickt uns seinen neuen Drachen!“, die Coverrückseite der DVD kündigt „Martial Arts für das neue Jahrtausend!“ an und Bockel diBu hat die Antwort auf die Frage: „Ist Neo in Wirklichkeit etwa Franzose gewesen?“…
Schon einige Zeit vor Kinostart und DVD-Release des Muay Thai-Krachers präsentierte der Fight Club auf Eurosport die ersten unglaublichen ONG-BAK-Ausschnitte und in mir wuchs die Hoffnung, nach CGI- und Matrix-verseuchten Jahren mal wieder einen handgemachten, harten und reellen Kampfsportfilm erleben zu dürfen!
Die (stets stark belächelte) Story:
Kurz vor einer Zeremonie wird aus einem kleinen Dorf in Thailand der Kopf der heiligen Buddha-Statue „Ong-Bak“ gestohlen. Um größeres Unheil abzuwenden, schicken die Dorfbewohner ihren besten Kämpfer Ting (Tony Jaa) nach Bangkok, um „Ong-Baks“ Kopf zurückzuholen. Mit Hilfe des Kleinganoven und Spielers Humlae und dessen Komplizin Muay tritt Ting gegen eine Organisation an, welche sich neben dem Rauschgifthandel und Zweikämpfen mit hohen Wetteinsätzen auch auf das Stehlen von seltenen und wertvollen Kulturgegenständen spezialisiert hat.
Wie habe ich diese Wartezeit gehasst! In den späten 90er Jahren war Schluss mit einem meiner absoluten Lieblingsgenres: Knallharte Martial Arts-Action! Der Computer übernahm die Kontrolle, Billy Blanks drehte fortan Fitnessvideos für Stubenhocker und Gary Daniels durfte statt Genicke brechen nur noch Brille tragen und Tastatur bedienen! Daniel „Bloodsport“ Bernhardt wurde von der Matrix absorbiert, Jean-Claude Van Damme entgleiste mit der Bummelbahn und Steven Seagal war zum „großen“ Schatten seines „former self“ geworden!
Verzweifelt sah ich mir zum wiederholten Male die alten Werke von „Film One“, „Kings Road“ oder „Seasonal Films“ an… falls ich nicht gerade vergeblich versuchte, Filmen wie ROMEO MUST DIE und BORN 2 DIE etwas Positives abzugewinnen!
Der wahre „Auserwählte“ - ein Franzose namens Luc Besson - musste kommen, um die Welt von der Matrix zu befreien und all den Luftheulern und Seiltänzern zu zeigen, wie ein richtiger Kampf auszusehen hat! Nachdem er den Jet Li-Kracher KISS OF THE DRAGON produzierte, entdeckte er ONG-BAK und dank ihm wurde die Welt Zeuge eines Films, der auf Story und Oscar-prämierte Schau- und Weichspüler locker verzichten konnte und stattdessen Fäuste sprechen und Knochen brechen ließ!
Der „Muay Thai Warrior“ Tony Jaa, Regisseur Prachya Pinkaew und Kampf-Choreograph Panna Rittikrai - die drei Heiligen des neuen Jahrtausends - brennen in ONG-BAK ein Martial Arts-Feuerwerk ab, welches die Welt so noch nicht gesehen hat!
Tony Jaa schlägt mit Knie und Ellenbogen um sich, dass die Treffer schon beim Hinschauen schmerzen! Ob er nun einem Motorradfahrer im Sprung den Helm vom Kopf „spaltet“, einem Bad Guy nach einer 720°-Drehung - und mit brennenden Füßen - an den Schädel tritt oder einen anderen Bad Guy mit den Knien voraus durch einen Holzboden hämmert… es gibt kaum eine Szene, welche den ausgehungerten Martial Arts-Fan nicht mit heruntergeklappter Kinnlade staunen lässt!
Wenn Tony Jaa mal nicht kämpft, zeigt er sein Können bei einer Verfolgungsjagd durch Bangkoks Strassen! Er hechtet durch Stacheldrahtrollen, rutscht im Spagat unter fahrenden Autos hindurch oder schlägt mehrfache Saltos auf einem Baugerüst … natürlich ohne die Hilfe von Kameratricks, Seilen oder sonstigen „Betrügereien“!
Auch wenn andere meckern und zetern: Ellenbogen und Knie auf und an den Kopf, Seitwärts- und Rückwärtssaltos mit anschließendem Tritt ins Gesicht… solche Moves und Stunts wollen einfach mit zahlreichen Wiederholungen und Zeitlupen gewürdigt werden und dies tut ONG-BAK glücklicherweise mit schöner Ausdauer und Regelmäßigkeit!
Highlight von ONG-BAK ist zweifelsohne Tony Jaas ausgiebiger Kampf im - und durch den - Fight Club (nicht auf Eurosport, sondern in Bangkok ;)! „Big Bear“ wurde gerade in den Winterschlaf geschickt und man hofft nur: „Bitte! Bitte! Noch so ein Kampf!“. Kein Problem: Der Kampf gegen „Toshiro“ folgt sogleich und wenn man so richtig im Muay Thai-Fieber ist, betritt auch noch „Mad Dog“ die Kampffläche! Mit dessen Unterstützung wird der komplette Laden (inkl. zahlloser Glas- und Möbelstunts) in seine Einzelteile zerlegt! So etwas können echt nur Leute machen, die diese Art von Film so sehr lieben wie ich… und nicht diese Schattenboxer aus Hollywood!
Am Rande erwähnen muss man außerdem noch die Verfolgungsjagd mit den Tuc-Tucs! Auch sie zeigt einige echt sehenswerte Stunts, schwankt allerdings zwischen leicht albern, so noch nicht da gewesen und stark übertrieben und fließt deshalb weder positiv noch negativ in die Bewertung ein!
Übrigens: Die deutsche Fassung enthält die ein oder andere Storykürzung! Wer die dadurch entstehenden Logiklücken (z.B.: Wer ist Ngek?) schließen möchte, sollte unbedingt mal bei Schnittberichte.com reinschauen! Dort gibt es einen prima Schnittbericht, welcher keine Fragen offen lässt!
Noch viel unglaublicher als der eigentliche Film ist nur noch die Tatsache, dass ONG-BAK (2003) erst der Anfang war: Panna Rittikrai legte 2004 BORN TO FIGHT nach, während Tony Jaa und Prachya Pinkaew 2005 mit TOM-YUM-GOONG zurückkehrten!
Diese beiden Megakracher stellen auch den einzigen Grund dar, warum ONG-BAK nur knapp an der Höchstwertung vorbeischrammt! Zu diesem Thema gibt es demnächst mehr zum Lesen - natürlich hier - im „Fight Club“ unter den Martial Arts-Reviews! ;)
9/10 Punkten, diBu!