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„Ich will wissen, wie das Schicksal funktioniert“ – Dornkirk

Über den eigenwilligen Stil der Anime-Serie ist schon viel diskutiert worden. Keine Frage: Es gibt Serien, die besser animiert sind. Doch kaum eine Serie kann derart verzaubern, wie Shôji Kawamoris „Vision of Escaflowne“. Bilder, Musik und, fast selbstverständlich für japanische Zeichentrick-Kunst, die Charaktere entführen die Zuschauer in die Welt von Gaia. Die man gar nicht mehr verlassen möchte.

Hitomi Kanzari ist eine 15-jährige Schülerin mit den Problemen eines jeden Mädchen ihres Alters. Ständig denkt sie an ihren Schwarm Amano, oder sie trainiert für die Aufnahme ins Sprinter-Team ihrer Schule. Bis ihr in einer Visio ein junger Krieger erscheint. Mitten in einem Trainingslauf reißt ein gleißender Lichtstrahl das Mädchen mit, und sie findet sich in der Heimat des Jungen wieder. Der entpuppt sich als Kronprinz des Reiches Fanelia, Van Fanel. Doch direkt nach seiner Krönung wird sein Land von den Zaibachern, einer kriegerischen Rasse, in Schutt und Asche gelegt. Auch der Kampf Vans mit seiner Kampfmaschine Escalowne bleibt sinnlos. Doch dank ihrer hellseherischen Kräfte rettet Hitomi den jungen König, gemeinsam mit Escaflowne und dem Katzenmädchen Merle gelingt die Flucht.

Sie gelangen ins Reich Freid, wo sie auf den Ritter Allen Shezar und Prinzessin Millerna treffen. Doch wieder verdunkelt sich der Himmel, und wieder greifen die Zaibacher unter Führung des Kaisers Dornkirk, des ebenso bedächtigen wie scheinbar skrupellosen Folken und der irrsinnigen Dilandau an. Es wird immer deutlicher: Das Schicksal verbindet alle Figuren auf tragische Weise. Und langsam lüftet sich das Geheimnis um Escaflowne, dem mächtigen Gaimilew von Ispano.

Wieder eine Geschichte um Mechas, riesige Kampfrüstungen, die von jugendlichen Helden in die Schlacht geführt werden. Das Thema scheint die Japaner nicht loszulassen. Kein Problem, wenn dabei Meisterwerke wie „Neon Genesis Evangelion“ und, mit leichten Abstrichen, „RahXephon“ zu Stande kommen. Und natürlich Escaflowne. Aber noch mehr als in den ähnlich gelagerten Serien steht bei „Escaflowne“ die Entwicklung der handelnden Figuren im Vordergrund. Folge für Folge gewinnen nicht nur die Helden an Profil. Es sind vor allem jene dunklen Figuren, die faszinieren. Kaum glaubt man, den wahren Bösewichten ausgemacht zu haben, reißt einem die nächste Szene den Boden unter den Füßen weg. Kein zweidimensionaler Schurke, keine fehlerlosen Gutmenschen. Zum Verhängnis wird allen der Wunsch, das Schicksal zu beeinflussen. Doch vielleicht gelingt es beiden Seiten, die Katastrophe zu verhindern. Eine Katastrophe, wie sie sich damals auf dem Mond der Illusionen abgespielt hat. Der Heimat des jungen Mädchens Hitomi Kanzari.

Anime finden endlich auch in Deutschland immer mehr Fans. Leider haben das auch die Verleiher gemerkt. Anders als in anderen Ländern gibt es keine Boxen, die gesamte Serien enthalten. Stattdessen werden die 13- bis 26-teiligen Werke auf sechs bis acht DVD gepackt und zu horrenden Preisen in die Läden gepackt. Der Preisverfall des digitalen Mediums ist an ihnen unbemerkt vorbeigegangen. Schade, denn so wird es vielen neuen und vor allem jungen Fans schwer gemacht, sich diese Meisterwerke zuzulegen. Wer das nötige Kleingeld zur Hand hat, sollte aber bei „Vision of Escaflowne“ zugreifen. Und um die anfängliche Kritik abzuschwächen: Trotz merkwürdiger Langnasen und Streichholzbeinen verzaubert diese Perle auch durch Bilder, die einem so schnell nicht mehr loslassen. Ebenso wenig wie das tragische Schicksal der Dilandau.
10/10

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