Review

Nach einem traumatischen Erlebnis sucht Harper Abstand auf dem Land. Aus London fährt sie ins beschauliche Cotson in ein Landhaus, wo sie Frieden und Ruhe finden möchte. Neben dem etwas schrulligen Vermieter Geoffrey stößt sie nach und nach auf mehrere andere Bewohner der Gegend.

Und diese (ausschließlich männliche) Bevölkerung sorgt mit zunehmender Spielzeit für erst nur Unbehagen, sich dann steigernd zu einem verstörenden Erlebnis für Harper. Alex Garlands dritter Spielfilm als Regisseur, der auch wieder aus seiner Feder stammt, eignet sich recht gut als Diskussionsgrundlage und dürfte je nach Rezipienten eine breite Skala abdecken. Allein das macht ihn schon etwas spannender.
Inhaltlich arbeitet sich Garland am Thema der toxischen Männlichkeit ab, lässt Harper durch eine sich steigernde Vergangenheitsbewältigung schreiten bis rennen, aus der es kein Entkommen zu geben scheint. Dabei wird’s nicht nur optisch, sondern auch verbal mitunter ekelhaft. Wer weiß, wer sich ungewollter Weise wiedererkennt. Oder angegriffen fühlt.

Aber ist das alles? Man erwartet vielleicht eine weitere Ebene, doch entweder habe ich diese nicht gesehen oder Garland hält hier einfach keine bereit. Dafür spricht auch die sich gerade in der zweiten Hälfte die Klinke in die Hand gebende Redundanz mancher Aussage. Als Bebilderung dessen, was eine Figur wie Harper, die hier stellvertretend für so viele steht, erdulden muss. Das kann man als Holzhammermethode mitsamt religiöser Symbolik der Schuldzuweisung begreifen oder als Mittel, dies einfach mal mit Nachdruck ins Bewusstsein zu rufen.
Gegen Ende dreht man dann noch ein bisschen am Bodyhorror-Rad, aber auch wieder nur die Aussage unterstützend. Und immer mal wieder einen eindeutigen Bezug zur Realität über Bord werfend.
Die Figuren lassen sich dabei recht einfach einteilen, es gibt nur zwei Seiten und die sind offensichtlich. Einen Graubereich lässt „Men“ dabei nicht zu, etabliert diesen auch bis zum Ende nicht. Das macht ihn simpler, als er sein könnte und bricht das Thema „nur“ auf seinen trotz allem indiskutablen Kern herunter.

Die Kamera verweilt, bewegt sich mitunter langsam und lässt Zeit, das Gesehene aufzusaugen und sich in die Umwelt, in welcher Harper sich bewegt, einzufühlen. Hier verlangt „Men“ auch etwas Geduld, was je nach Tagesform Gedeih und Verderb bedeuten mag. Rob Hardy hinter der Linse bietet manch schöne Aufnahme und Winkel, für die Sinne ist das schon was. Das schließt somit auch die Klangkulisse ein, auf diesen Ebenen ist Garlands Werk eine feine Sache.
Auch die Darstellerriege mit Jessie Buckley als Harper und Rory Kinnear in sogar mehreren Rollen überzeugt.

„Men“ mag etwas vor den Kopf stoßen. Und sei es nur, weil er in gewisser Weise Erwartungen unterläuft. So bleibt der größte Kritikpunkt, dass Garland zwar ein Statement gelingt, unbestreitbar wichtig, er dabei aber auch überraschend geradlinig und wiederholend (bzw. sich unendlich wiedergebärend) vorgeht. Einen Status quo beschreibend, ohne Weiterentwicklung von Figuren oder einer Perspektive. Einer wie alle, alle wie einer?

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