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Romanadaption von John-Grisham-Stoffen sind normalerweise solide Produktionen, die, mal abgesehen von „The Firm“, nie großartig ausfallen, aber brisantes, juristisches Material behandeln. „ Runaway Jury“ ist da keine Ausnahme. Regisseur Gary Fleder („Kiss the Girls“, „Don’t say a word”) gibt hier einen sehr interessanten Einblick in das semikorrupte US-Justizsystem – genauer die Beeinflussung der Geschworenen. Denn während bei uns ein Richter letzten Endes fällt, ist dort dafür ein Gremium ganz normaler amerikanischer Bürger zuständig.

Schade, dass Fleder dem Publikum gleich zu Beginn, im wahrsten Sinne des Wortes, die Pistole auf die Brust setzt. So erleichtert der Film sich nämlich um eine knisternde Verhandlung, was für zusätzliche Spannung gesorgt hätte. Nun, hier geht es um die Geschworenen und da ein US-Waffenkonzern angeklagt wird, will der auch die für sich Besten herauspicken. Rankin Fitch (Gene Hackman, „Heist“, „The Replacements“) ist ein Profi für solche Fälle. Ausgestattet mit einer gehörigen Portion Skrupellosigkeit und Menschenkenntnis, führt er eine hochtechnisierte Truppe an, die umgehend beginnt alle Geschworenenanwärter zu analysieren, observieren und auszuhorchen. Wer ist pro und wer ist kontra?

Wendell Rohr (Dustin Hoffman, „Rain Main“, „Mad City“) vertritt derweil die anklagende Witwe. Sie beschuldigt den Konzern wissentlich, gewissenlos und absichtlich, aus Profitgier, tödliche Waffen leichtfertig an den Endkunden verkauft zu haben. Rohr ist ein Anwalt der alten Schule, der sich ganz allein auf seine Nase verlässt und alle Warnungen in den Wind schlägt. Er glaubt nicht, dass Fitch alle Geschworenen zu seinen Gunsten beeinflussen kann.

Mit dem Fall selbst wird sich, wie oben schon erwähnt, kaum beschäftigt, denn bald spielt eine dritte Gruppe mit und setzt beide Parteien unter Druck. Die zunächst anonyme Anruferin behauptet die Geschworenen beeinflussen zu können, beweist das mit ein paar Sperenzchen im Gerichtssaal und schaukelt nun die Gebote beider Parteien, wie bei einer Auktion, hoch.

Am Interessantesten ist hierbei wie eiskalt, das Recht mit Füßen tretend, die Geschworenen auseinander genommen werden. Da kommen die düstersten Geheimnisse ihrer Vergangenheit ans Tageslicht: ein abgetriebenes Kind, Alkoholprobleme, eine verheimlichte HIV-Infektion. Was der Inszenierung hierbei fehlt, ist der letzte Thrill, der ultimative Nervenkitzel, die wahnwitzige Überraschung (eine gibt es am Ende). Je länger man die Charaktere beobachtet, desto schneller kommt man zu seinem Schluss, wie der Film ausgehen wird. Eine Überraschung ist dann nur noch das warum und nicht das wie.

Kontinuierlich und ohne Durchhänger, aber leider auch ohne Höhepunkte, blickt Fleder in diese schmutzige Verhandlung. Auf das Urteil zulaufend werden die Maßnahmen Fitchs extremer, aus bösen Anspielungen werden Einschüchterungsversuche. Leider kommt Nicholas Easter (John Cusack, „Identity“, „Con Air“), dem eine wichtige Rolle unter den Geschworenen zufallen soll, hier, bis zu seinem Schlussplädoyer viel zu kurz. Mehr als Vertrauen erschleichen ist bei ihm da kaum drin. Der nicht so klar zwischen den beiden Parteien eine Grenze ziehende Roman schildert sein, dort anders motiviertes, Vorgehen ausführlicher. Fraglich, ob der Film sich so verkaufen ließe und nicht zu träge geworden wäre.

Schauspielerisch kann man sich, wenn man sich das Cover anschaut, kaum beklagen. Zur Höchstform läuft aber nur Gene Hackman als hundsgemeines, schmieriges Arschloch Finch auf. Dustin Hoffman hat als zahmer Anwalt dem kaum etwas entgegenzusetzen und wirkt bisweilen recht lustlos, als würde der die Rolle nur herunterspulen. John Cusack macht seine Sache derweil ordentlich, eine seiner Glanzrollen ist dies aber nicht. Dafür wird ihm, um die Überraschung zu wahren, zu wenig Platz eingeräumt.

Fazit:
Interessanter Fall, der sich ausnahmsweise mal mit den Geschworenen beschäftigt und damit völlig neue Einblicke gewährt. Dank der routinierten Regie und Gene Hackman kann man „Runaway Jury“ seine Qualitäten nicht absprechen. Erzählerisch bleibt der Film am Ball, schlägt ein paar Harken, lässt aber ein überraschendes Ende vermissen. Für den Mainstream zurecht gekocht, dabei allerdings, im Vergleich zu thematisch ähnlich gelagerten Streifen, mit einem neuen Einblick.

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