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„Ich hasse euch Männer!“

Ob Musikdokumentationen („Punk in London“), Popkulturstreifen („Der Formel-Eins-Film“) oder Autofilme („Manta Manta“) – der Lüdenscheider Filmemacher Wolfgang Büld hat schon so einige Steckenpferde gehabt. Der unlängst nach London übergesiedelte Sympathieträger erfüllte sich von 2003 bis 2006 offenbar den Traum, in weitestgehender Unabhängigkeit von irgendwelchen Geldgebern eine Sexploitation-Trilogie zu drehen, die niemandem zu gefallen braucht – in Amateurmanier trashig und direkt für den DVD-Markt produziert. Der erste Teil der um die britische Hauptdarstellerin Fiona Horsey herum konzipierten Reihe trägt den blumigen Titel „Penetration Angst – Fick mich und du bist tot“ und erinnert an eine Mischung aus „Chatterbox“, „Kondom des Grauens“, „Baby Blood“ und „Little Shop of Horrors“.

Die aufgrund eines Vorfalls in ihrer Kindheit traumatisierte junge Helen (Fiona Horsey) lässt eigentlich niemanden an ihr primäres Geschlechtsorgan – doch das sind längst nicht alle Männer zu akzeptieren bereit. Unmittelbar nach einer Vergewaltigung scheint sich der Täter in Luft aufzulösen. Als sich Helen an einen Gynäkologen (James Crichton, „Dark Tales“) wendet, betäubt dieser sie und vergeht sich ebenfalls an ihr. Als sie aus der Narkose erwacht, ist auch der Doktor verschwunden, lediglich seine Kleidung und sein benutztes Kondom sind noch da. Kurze Zeit später meldet sich ihre Vagina zu Wort und möchte gefüttert werden! Um sich an der Männerwelt zu rächen und zugleich ihre hungrige Muschi zu befriedigen, siedelt sie sieben Monate später nach Soho um, wo sie sich fortan als Prostituierte verdingt. Ihr Stalker Dennis (Paul Conway, „Army Go Home!“) folgt ihr nach London, landet mit den siamesischen Zwillingen Sonja und Silvia (Beth und Amy Steel, „Party Animals 2“) im Bett, stößt jedoch ins falsche Loch und muss in den Untergrund abtauchen, da er von der Polizei gesucht wird, nachdem er die beiden auseinandersägte und mit einer Stripperin eine Bank überfiel… Werden Helen und Dennis dennoch zueinander finden?

Uwe Bohrers professionelle Kameraarbeit wirkt beinahe befremdlich innerhalb dieser No-Budget-Produktion mit ihren Laiendarstellerinnen und -darstellern, ihrem schlecht gealterten Nu-Metal-Soundtrack, ihrer vulgären Pornosynchro, dem glattpolierten Digitallook und der geschmacklosen, absurden und albernen Handlung, die nicht etwa einem Pennälerhirn entsprungen ist, sondern von Büld und somit einem reiferen, filmerfahrenen Herrn im besten Alter stammt. Ist gerade kein Sexualopfer in Sicht, füttert Helen ihren sich bei Hunger mit Geräuschen bemerkbar machenden Schlitz mit Wiener Würstchen. Das Verschwinden des ersten Vergewaltigers wird noch onscreen mittels eines einfachen Spezialeffekts gezeigt, anschließend gar nicht mehr. Erst bei einem späteren, neuerlichen Vergewaltigungsversuch wird dieser Effekt wieder aufgegriffen, der nach allem aussieht, nur nicht danach, von einem aggressiven weiblichen Sexualorgan verspeist zu werden. Die einzige blutige Szene ist Dennis‘ Trennungsversuch der siamesischen Zwillinge, die mit ihrem Splatter-Gehalt dann auch wie ein Fremdkörper wirkt. In Sachen Spezialeffekte wäre deutlich mehr drin gewesen – ein entsprechendes Budget vorausgesetzt.

Überhaupt, die Zwillinge mit ihren unterschiedlichen Persönlichkeiten: Es fällt wirklich schwer zu glauben, dass ein erwachsener Mensch über einen derart pubertären Humor verfügt, eine Nebenhandlung wie diese tatsächlich in ein Drehbuch zu schreiben. „Penetration Angst“ ist indes ausdrücklich kein Porno, sondern ein abseitiger Erotikstreifen, der seine Hauptdarstellerin und auch manch Nebenrolle mehr nackt als bekleidet in Szene setzt und auch einen kleinen Ausflug in den Bondage-Bereich bereithält, ansonsten aber züchtig bleibt. Einige Schwarzweiß-Rückblenden bzw. -Träume dröseln Helens Vergangenheit ein wenig auf; wie ihre Vagina ein solches Eigenleben entwickeln konnte bleibt jedoch ungeklärt. Wo dieser John (Matthew Brint) herkommt, den Helen plötzlich ehelicht, weiß auch niemand.

Das ist jedoch auch gar nicht relevant, denn ganz offensichtlich ist „Penetration Angst“ einer dieser Filme, die den Beteiligten mehr Spaß machen als ihren Zuschauerinnen und Zuschauern, von einem sehr speziellen Nischenpublikum einmal abgesehen. Büld hat mit Horsey ein ansehnliches Mädchen entdeckt, das schauspielerisch talentiert und zu Nacktszenen bereit sowie bezahlbar war und sie in einem ganz auf sie zugeschnittenen Trash-Sexploitator eingesetzt, der sich feministisch gibt und als Allegorie auf Beschaffungsprostitution betrachtet werden kann, der jedoch leider zu infantil und billig ausgefallen ist, um an Genrefilm-Vorbilder aus dem 20. Jahrhundert anknüpfen zu können.

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