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Im Süd-Korea des Jahres 1986 treibt in einer kleinen Stadt ein Serienkiller sein Unwesen. Die beiden ermittelnden Polizisten Park und Cho sind absolut überfordert und versuchen, mit Mitteln wie Schlägen und Folter aus den möglichen Verdächtigen einen geständigen Täter herauszuprügeln. Erst als ein Detective aus Seoul dazustößt wird begonnen, mit Struktur und kriminalistischem Sachverstand zu ermitteln. Aber ohne Zeugen und ohne Spuren am Tatort ist das eine verdammt schwierige Sache. Eine Spur allerdings scheint vorhanden zu sein: Immer wenn es regnet, und immer wenn gleichzeitig dieses eine Lied im Radio läuft, dann geschieht wieder ein Mord …

An dem, für westliche Zuschauer etwas eigenartig anmutendem, Anfang muss man wahrscheinlich einfach vorbeischauen. Die beiden Polizisten, nennen wir sie zu diesem Zeitpunkt des Films ruhig mal Dick und Doof, sind tölpelhafte, clowneske Volltrottel, und haben von Polizeiarbeit immerhin so viel Ahnung, dass sie wissen wie man, gemeinsam mit dem Verdächtigen, ein Geständnis erstellt, und wie man es vermeidet eine Böschung hinabzufallen (im Gegensatz zu ihren Kollegen). Aber hey, der Film ist auch nicht für westliche Augen gedreht worden, sondern für ein koreanisches Publikum, und die hatten ihren Spaß damit. Trotzdem, nach etwa einer Stunde beginnt sich die Richtung des Filmes zu drehen. Aus der Groteske im Stil spanischer Gangsterkomödien wird zunehmend etwas, was den Vergleich mit Filmen wie der britischen RED RIDING HOOD-Trilogie nicht zu scheuen braucht: Eine düstere Geschichte über Polizeiarbeit unter einer Diktatur, und wie das gesellschaftliche Umfeld die Menschen verändert und korrumpiert. Ein passender Vergleich ist der 11 Jahre später entstandene MÖRDERLAND des spanischen Regisseurs Alberto Rodríguez, der das gleiche Sujet verfolgt: Wie ist das Gleichgewicht aus ausübender und erlebter Gewalt zu bewältigen? Mit welcher Intensität muss ich Demonstranten zusammenschlagen, um die Bilder von verstümmelten Leichen verarbeiten zu können? MEMORIES OF MURDER packt diese Fragen in eine SIEBEN-ähnliche Atmosphäre, gepaart mit einer ungesunden Kleinstadtstimmung, und das Ergebnis ist eine dichte und hochgradig spannende Mörderjagd in einer kranken und faulig-gärenden Welt. Dazu kommt der menschliche Faktor: Wie der hirnlos prügelnde Park und der kriminalistisch geschulte Seo ganz allmählich die Rollen tauschen, das erinnert an Klassiker wie VON ANGESICHT ZU ANGESICHT - Der Intellektuelle wird zum Tier, der Wilde zum menschlichen Wesen im zivilisatorischen Sinn. Und wenn am Ende dann jemand in der Finsternis eines Eisenbahntunnels verschwindet, sich vor den Augen der Polizisten buchstäblich in Schwärze auflöst, dann umfasst diese Schwärze auch das Gemüt des Zuschauers. Hochgradig lohnend!

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