iHaveCNit: Everything Everywhere All At Once (2022) – Daniel Kwan und Daniel Scheinert – Leonine / A24
Deutscher Kinostart: 28.04.2022
gesehen am 28.04.2022
Arthouse-Kinos Frankfurt – Kleine Harmonie – Reihe 3, Platz 9 – 20:30 Uhr
Noch bevor es für uns im Kino in der nächsten Startwoche gemeinsam mit Doctor Strange in das Multiverse of Madness geht und bereits in den letzten Jahren Multiversen sowohl filmisch als auch gesellschaftlich teilweise auf dem Vormarsch sind, bescheren uns die Regisseure hinter dem originellen schweizer Taschenmesser „Swiss Army Man“ ein unfassbar originelles und abgedrehtes Multiversenspektakel mit „Everything Everywhere All At Once“, der nicht nur Michelle Yeoh in ihr persönliches Multiverse of Madness führt, sondern auch eines meiner großen Filmhighlights des Jahres ist.
Für Evelyn Wang läuft es mehr schlecht als recht und sie scheint mit der Gesamtsituation überfordert. Inmitten der Vorbereitungen für die Steuerprüfung des Finanzamtes ihres Waschsalons nimmt sie kaum Notiz davon, dass ihr Mann Waymond sich von ihr scheiden lassen möchte, die Geburtstagsfeier ihres pflegebedürftigen Vaters muss auch vorbereitet werden und sie bringt es gegenüber ihrem konservativen Vater nicht übers Herz zur Homosexualität ihrer Tochter zu stehen, was ihrer Tochter auch das Herz zu brechen scheint. Inmitten dieser Überforderung wird sie während des Termins bei der Steuerbehörde in die Besenkammer gezogen, wo ihr eine selbstbewusste Version ihres Mannes klar macht, dass sie sich in einem Multiversum befindet. Dieses Multiversum scheint durch eine aktuelle Bedrohung vor der Vernichtung und Evelyn scheint die einzige Person zu sein, die diese Bedrohung aufhalten kann, wenn sie auf alle ihre Versionen in ihrem Multiversum zugreifen kann.
„Everything Everywhere All At Once“ ist ein Film- und Kino-Erlebnis, für das man nachdem man es zum ersten Mal gesehen hat etwas braucht, das Gesehene in Worte fassen zu können. In seinen knapp 140 Minuten ist der Film eine unfassbar vielseitige, überraschende, überdrehte, abgedrehte, unterhaltsame, emotionale, originelle und kreative Mischung aus sehr vielen Einfällen, die aber auch allesamt inklusive dem Konzept der Multiversen in der gesamten Konzeption des Films Sinn ergeben – seien sie sonst noch zu abstrus und absurd. Der Film ist insgesamt auch eine Verbeugung und Verneigung vor Michelle Yeoh, die hier wenn nicht sogar die Rolle ihres Lebens spielt und den Film quasi alleine auf ihren Schultern tragen könnte, wären da nicht noch weitere großartige Rollen neben ihr. Der Film liefert auf die Frage was aus dem jungen Sidekick aus dem zweiten Indiana Jones geworden ist die perfekte Antwort – Der Schauspieler Ke Huy Quan ist ein so unglaublich unterhaltsamer und vielschichtiger Ehemann und eine perfekte Ergänzung zu Michelle Yeoh. Eine weitere perfekte Ergänzung ist Stephanie Hsu als Tochter Joy – die Mutter-Tochter-Dynamik ist unfassbar großartig, menschlich und glaubwürdig, dass es einem zu Herzen geht – genau wie natürlich auch die Dynamik von Yeoh und Quan. Darüber hinaus ist auch die Rolle von Jamie Lee Curtis als grimmige, pedantische Finanzbeamtin großartig. Die ganzen Einfälle des Films möchte ich an dieser Stelle nicht spoilern, da sie jeder selbst erleben sollte. Der Genremix aus Familiendrama, Komödie, Martial Arts, Science Fiction auch mit philosophischen Ansätzen ergibt insgesamt eine sehr runde Mischung, die mich im Kino nicht nur immer wieder zum Lachen, aber auch bei dem im Kern rührenden Familiendrama durchaus fast zum Weinen gebracht hat. Ein weiteres Highlight meines Kinojahres 2022.
„Everything Everywhere All At Once“ - My First Look – 10/10 Punkte.