Archive 81 (2022)

VHS, die in den Wahnsinn treiben

In der neuen Netflix-Mystery-Serie „Archive 81“ bekommt ein junger Videotaperestaurateur einige stark beschädigte Filmrollen bzw. Aufnahmen, die kurz vor dem tödlichen Brand eines New Yorker Hauses Mitte der 90er entstanden sind und ihn in eine zwielichtige Welt aus okkultem Horror (irgendwo zwischen „The Ring“, „V/H/S“ und „Rosemaries Baby“) führen…

„Archive 81“ schmeichelt sich sowohl mit seinen filmliebenden Figuren als auch mit etlichen Hommagen, Postern und Anspielungen sehr bei Filmfans wie uns ein. Das aber nicht unangenehm, sondern eher das Gegenteil. Doch auch hinter diesem easy Gimmick hat die Genreserie, die eigentlich nur beim zu plötzlichen, offenen und zügigen Finnish wirklich schwächelt, einiges zu bieten. Sympathische Charaktere und in ihre Rollen top passende Darsteller. Besonders Mamoudou Athie spielt den introvertierten Filmnerd nahezu perfekt und ist mal eine ganz andere Art von „Held“. Dazu kommen mehrere, dekadenumschlingende Storylines, die schlüssig zusammengeführt werden, in sich rund und meist spannend sind. Klasse Design- und Architekturentscheidungen (z.B. was Gebäude betrifft). Ein enorm hochwertiger Look. Viele Fragen, die bei der Stange halten. Ein paar gorige Wake-Up-Calls. Gekonntes Spiel mit Cliffhangern am Ende fast jeder Folge. Eine catchy Soundwelt voller Ambiente und Atmosphäre. Eine glaubhafte Technikaffinität und allgemein erstaunlich viel Retroherz. Von Videokassetten wie „Solaris“ über den Sony Camcorder bis zu bizarren TV-Schnipseln zu Beginn jeder Episode. All das macht „Archive 81“ ohne Frage empfehlenswert. Jedoch eher auf der Slowburnerseite und mit kleineren Makeln (wie der blöd aussehenden Dämonfratze im Störbild). Zwischen Lynch und Verbinski. 

Fazit: hübsch, verschachtelt, positiv retro und stellenweise enorm creepy - „Archive 81“ öffnet ein vielleicht nicht perfektes, aber definitiv faszinierendes Hasenloch, in dem man sich (besonders als Filmnerd) gerne eine Zeit lang verläuft! (7,5/10)