Ja ja, der Klump mit Armen. Ein Semi-Kultobjekt, das unter dem Strich zwar doch recht unbekannt ist, einen gewissen Fankreis jedoch vorweisen kann. Das kann eigentlich nur an dem absurden Geschöpf liegen, ein unförmiger Gummiklumpen, dem die Herkunft aus einer Maskenwerkstätte auch im Film von der Nase abzulesen ist und der deswegen durchweg unfreiwillige Komik ausstrahlt. Wie gerechtfertigt der Mini-Trubel um den Klump aus filmischer Sicht ist... nun, wollen wir doch mal sehen.
Wem es nicht bekannt ist: es geht um einen jungen Mann namens Duane (Kevin VanHentenryck), der als Teil eines siamesischen Zwillingspaars auf die Welt gekommen ist. Sein Bruder Belial ist ein unförmiges Geschöpf mit Gesicht und Armen, das an seiner Seite festgewachsen war. Gegen den Willen der beiden Brüder wurden sie als Kinder operativ getrennt. Jahre später machen sie sich zusammen auf nach New York, um die Verantwortlichen für die Operation zu töten...
Geht man mit Logik an die Story heran, scheitert man bereits an der Unmöglichkeit des bösen Zwillings, der sich nicht nur durch sein Plastik-Aussehen als biologische Absurdität entpuppt. Nach wissenschaftlichen Maßstäben wäre unter keinen Umständen das eigenständige Überleben möglich, und das ist so offensichtlich, dass es jedes Kind verstehen würde. Daran jedoch die Qualität des Films festzumachen, wäre ganz sicher falsch. Zunächst einmal handelt es sich bei Frank Henenlotters Werk um reinsten Trash. Mit Unstimmigkeiten darf man daher nicht ganz so arg ins Gericht gehen, und wenn sie so offensichtlich sind wie hier, darf man sie sogar als beabsichtigt unterstellen.
Tatsächlich verfolgt man wohl auch eher die symbolische Bedeutungskraft des Zwillingspaars, in deren Konzept die Körperfunktionen der unförmigen Mensch-Monster-Kartoffel wohl kaum Berücksichtigung finden. Vielmehr bemühte man sich, ein psychologisches Profil des Hauptdarstellers Duane zu erstellen, wobei sein Zwillingsbruder als dunkles Alter Ego fungiert und er damit zum materiell manifestierten Teil von Duanes Persönlichkeit wird.
Und prinzipiell ist das gar nicht mal so schlecht gemacht. Betrachtet man den Film unter dem Standpunkt, dass Duane und Belial ein und dieselbe Person sind (keine Angst, das ist kein Spoiler auf einen eventuellen finalen Plottwist), gewinnt man der Figur sehr viel Tiefe ab. Zwar beginnt die psychologische Analyse des Duane sehr grobschlächtig, doch verfeinert sie sich mit zunehmender Laufzeit. Wir sehen Duane mehrmals im Dialog mit Belial, an sich ein völlig natürliches Verhalten, denn er beschwert sich, dass sein Bruder Krach macht, während er schlafen will. Unter dem Aspekt betrachtet, dass es sich hier um einen Monolog handelt, kommt jedoch ein innerer Konflikt zum Vorschein, der in Schlaflosigkeit mündet, die stets ein Zeichen für Schuld ist (siehe „Insomnia“). Gleiches gilt später beim Kennenlernen der Arzthelferin und beim Ermorden der Zielopfer.
Mehrere Punkte lassen jedoch das Potential des Films, als Studie an einem psychisch kranken Menschen zu gelten und womöglich die Ursprünge der Krankheit aufzudecken, erheblich zusammenschrumpfen.
Über allem steht sicherlich die handwerkliche Begrenztheit der Möglichkeiten und wohl auch die fehlende Erfahrung, die die Macher mitbringen. „Basket Case“ ist und bleibt ein Low Budget-Movie und hält sich als solches auch an Dingen auf, die der Intention des Films nicht nützlich sind. Dabei sind die Szenen und ihre Abfolge noch recht gut ausgewählt; man könnte nicht ohne schlechtes Gewissen sagen, dass viele Szenen besonders überflüssig wären. Dennoch führt schon alleine der Prolog in die falsche Richtung, wirft er doch durch Kameraarbeit (Egoperspektive, wackelige Handkamera) und Schnitttechnik alle Merkmale eines Slashermovies auf. Und tatsächlich wuseln sich durch den ganzen Film immer wieder kleinere Splatter- bzw. Goreszenen ein, die in ihrer Machart wie ein Fremdkörper wirken. Beinahe hat man das Gefühl, man wolle gewissen Erwartungen an einen Schmuddelfilm gerecht werden, dessen Image sich durch die billige Optik nie ganz ablegen lässt. Das beißt sich ganz empfindlich mit den psychologischen Ansprüchen und legt sich in Dissonanzen dar, die den Zuschauer das psychologische Potential der Story nicht ganz ernstnehmen lassen.
Zu allem Überfluss gesellt sich auch noch reichlich unfreiwillige Komik dazu, die sich wie gesagt vor allem durch den Monsterzwilling ergibt. Dieser bietet dabei reichlich Sehwert, aber von atmosphärischem Grusel oder Suspense kann man nicht reden; dies alleine hier zu erwähnen, ist schon lächerlich. Wenn man sieht, wie ein Arzt mit einem Gummiklops vor die Brust gebunden „um sein Leben kämpft“, wie der Klump mit Stop Motion-Technik und verzerrten Schreien durch das Zimmer wütet, wie sich der Baskenkorb (das Heim des Klump) bei der Fütterung hin- und herbewegt und dabei glucksige Fressgeräusche ertönen, das ist lächerlich hoch drei und genau deswegen für Trashfans spaßig. Aber es ist eben auch Gift für die Grundidee, Duane als psychisch zerrissenen Menschen darzustellen.
Zudem wird noch ein weiterer Punkt versucht, anzusprechen, nämlich die Frage, was einen Menschen zum Menschen macht. Gerade in der Rückblende kommt das zur Sprache, wenn eine Gutachterin von „dem Kind“ spricht und die Tante korrigiert, dass es „die Kinder“ seien, oder wenn eine Ärztin bei der Beratschlagung argumentiert: „Ich glaube nicht einmal, dass es menschlich ist“ (übrigens erneut eine Phrase, die gerade aus dem Munde einer Ärztin unheimlich lächerlich klingt und wiederum die unfreiwillige Komik füttert). Auch das deckt sich nicht mit dem zentralen Psychogramm, es widerspricht ihm sogar in dem Vorhaben, die Zwillinge wirklich als zwei Menschen zu sehen. Wenngleich dieser Aspekt durch die relative Beschränkung auf die Rückblende auch nur sehr zurückhaltend eingefügt wird, haben wir hier dennoch zwei Ziele von ein und demselben Film, die sich gegeneinander ausspielen.
Was positiv überrascht, sind die Charaktere, die zwar von ihrem äußeren Erscheinungsbild und den ersten Eindrücken her Klischees vermuten lassen, im weiteren Filmverlauf dann jedoch Persönlichkeiten preisgeben, die man so nicht erwartet hätte. Der Betreiber des billigen Hotels, den man als schmierigen Mistsack eingeschätzt hätte, wird zum rücksichtsvollen und aufrichtigen, wenn auch genervten Mann, der sich sofort um alles kümmert; die schwarze Mitbewohnerin, vom ersten Eindruck her beinahe ein drogensüchtiges Flittchen, wird zur freundlich-fröhlichen Partygängerin, die gegenüber anderen Menschen sehr offen ist. Das lässt sich auf die meisten anderen Figuren übertragen, die allesamt trotz des erwartungsgemäßen schlechten Schauspiels Interesse wecken können.
Weiterhin überzeugt der strukturelle Aufbau, bei dem das langsame Eintreffen in New York und das stetige Zuspitzen der Katastrophe nicht zuletzt durch Schnitttechniken wie die Parallelmontage (als Duane gerade ein Date hat und Belial zu Hause Unsinn anstellt) überzeugend umgesetzt wird.
Fazit: „Basket Case“ ist eine aus logischer Sicht absurde Story mit einer allerdings psychologisch überverhältnismäßig ausgereiften Grundidee, die auf das zerrissene Innenleben eines Menschen mit einem schweren Kindheitstrauma abzielt. Diese Idee wird leider durch den recht hohen Trashfaktor ebenso abgeschwächt wie durch einen weiteren anthropologischen Ansatz, der sich mit dem Psychogramm des Hauptdarstellers schneidet. Die Hauptattraktion, nämlich der Belial-Klump, sorgt für die ein oder andere komische Szene und hat wohl daher auch seine Fanbase, jedoch unterschlägt auch seine Präsentation das eigentlich recht hohe Potential der Grundidee. Bei allen lobenswerten Ansätzen bleibt „Basket Case“ am Ende doch bodenständiger Trash und ist daher auch nur solchen Leuten zu empfehlen, die das Genre mögen.