Review

Zum Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts hatten die Lederhosenfilme ihren Zenit überschritten und ebenso ihr vielleicht begnadetster Regisseur Franz Marischka. Über den Revue- und Heimatfilm verschlug es den handwerklich begabten Filmemacher zum deutschen Erotikfilm, der mehr als ein Jahrzehnt lang so manchem heute gestandenen Klassiker an den Kinokassen den Rang ablief. Dennoch lässt sich nicht abstreiten, dass die überwiegend niveaulosen Genreproduktionen dem Ansehen des deutschen Films schwer geschadet haben. Fans dagegen lieben die Kultfilme, auch international. Während sich Marischkas frühere Produktionen noch stilistisch geschickt an ihren Vorbildern orientierten (die Lederhosenfilme stehen in der Tradition des bayerischen Bauerntheaters und die Kumpelfilme basieren auf Romanvorlagen), so kann „Der Kurpfuscher und seine wilden Töchter“ nur noch bedingt überzeugen bzw. unterhalten. Dabei wäre die nette Verwechslungsgeschichte um einen falschen Arzt genau der richtige Zündstoff für eine perfekte Alpenkomödie gewesen.

Die hervorragende Besetzung ähnelt stark jener von Marischkas im gleichen Jahr entstandener Klamotte „Drei Lederhosen in St. Tropez“: Peter Steiner ist mal wieder in der Hauptrolle zu sehen und benötigt für seine Vorstellung lediglich seinen Autopiloten, auf den er während der Ganzen Laufzeit anscheinend geschaltet hat. Wie auch im anderen Film ist ihm als Gegenpart der starke Fred Stillkrauth gegenüber gestellt. Stillkrauth, renommierter Theaterdarsteller, war zuvor schon in „Steiner – Das Eiserne Kreuz“ zu sehen und verirrte sich im Gegensatz zu Steiner oder auch Franz Muxeneder (hier leider nicht dabei) nur selten in das Genre der Sexklamotte. Er gibt wie üblich eine versierte Persiflage des überkorrekten deutschen Polizisten zum Besten, der sich unter seiner steifen Beamtenoberfläche nur zu gerne infantil frivolen Wunschvorstellungen hin. Die drei fixen Töchter, wie es im Titel heißt, werden dargestellt von Sybille Rauch, Alena Penz und Ursula Buschfellner. Rauch und Buschfellner waren auch für Marischkas „Drei Lederhosen in St. Tropez“ gemeinsam vor der Kamera, hier sind ihre Figuren allerdings wesentlich besser in die Story integriert, so kommt den wirklich hübschen Damen hier weitaus mehr Präsenz zu – nicht nur deswegen ist „Der Kurpfuscher“ der bessere der beiden Filme. Alena Penz („Ach jodel mir noch einen“) dagegen ist in ihrer letzten größeren Rolle zu bewundern nachdem sie bereits eine lange Reihe von Genreproduktionen gemeistert hatte. Zu guter letzt ist auch Rosl Mayr in einer kleinen Gastrolle mit an Bord und kann mit ihrer charmant-grantigen Art überzeugen.

Auch musikalisch grenzt sich der Film von seinen Vorgängern in Lederhosen ab, die traditionellen Heimatmelodien wurden ersetzt durch austauschbares Gedudel ohne Substanz. In einer Sexszene hören wir sogar grauenhafte Discomusik, Bezüge zum bayerischen Lokalkolorit werden also nur noch in Ansätzen geknüpft. Vielmehr setzt das Drehbuch auf maßlos überzogenen Wortwitz wie man ihn aus den Filmen mit Mike Krüger, Thomas Gottschalk oder auch Karl Dall kennt und hasst.

Fazit: Marischka bewegt sich zusehends in niedere Gefilde, die er beispielsweise mit „Lass jucken Kumpel“ noch so wunderbar leichtfertig umschiffen konnte. Unterm Strich bleibt ein akzeptabler Genrebeitrag mit einem gewohnt souverän agierenden Ensemble, welcher allerdings auch deutlich den Untergang des deutschen Erotikfilms respektive des Lederhosenfilms markiert. Viel vom alten Esprit war verloren und sollte nicht mehr wieder kommen. Dennoch ist „Der Kurpfuscher und seine wilden Töchter“ einer der letzten halbwegs sehenswerten Vertreter seiner Gattung, für Fans also Pflicht.

3,5 / 10

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