iHaveCNit: Drive My Car (2021) – Ryusuke Hamaguchi – Rapid Eye Movies
Deutscher Kinostart: 23.12.2021
gesehen am 25.12.2021 in OmU
Arthouse-Kinos Frankfurt – Kleine Harmonie – Reihe 3, Platz 9 – 20:00 Uhr
Wie beginne ich meine schriftliche Gedanken mit einem Film, der auf vielen Bestenlisten des Jahres vertreten und aktuell auch Japans Beitrag für die Golden Globes 2022 als auch für die Oscarverleihung 2022 ist ? Genau so ! Basierend auf einer Kurzgeschichte von Haruki Murakami, der bereits zuletzt filmisch in Lee Chang-Dongs koreanischem Mysterythriller „Burning“ verarbeitet worden ist, verfilmt nun Ryusuke Hamaguchi die gleichnamige Kurzgeschichte „Drive My Car“ als dreistündiges Werk, dass keine Minute zu lang ist und für mich ein ganz großes Highlight zum Jahresabschluss geworden ist.
Yusuke Kafuku ist gefeierter Theaterregisseur und Schauspieler, dessen Faszination vor allem bei Tschechows Werken wie „Onkel Wanja“ liegt. 2 Jahre, nachdem seine Frau, die Drehbuchautorin und Filmemacherin Oto verstorben ist, wird er zu einem Festival in Hiroshima eingeladen, für das er Tschechows „Onkel Wanja“ vorbereiten und aufführen möchte. Unverhofft wird ihm in diesem Zeitraum die junge Misaki als Fahrerin zugeteilt, da er eigentlich gerne alleine die Zeit im Auto nutzt, sich tief auf die Arbeit vorzubereiten. Auf den langen gemeinsamen Autofahrten lernen sich Yusuke und Misaki kennen und merken, dass beide einen großen Verlust zu verarbeiten haben.
„Drive My Car“ ist ein großartiges Werk. Auch wenn die Kameraarbeit des Films sehr klassisch und minimalistisch anmutet liefert sie mit ihren Aufnahmen großartige Bilder und den Raum zur Entfaltung der Geschichte, die mit ihren knappen 3 Stunden auch zeitlich den perfekten notwendigen Raum bekommen hat. Mit den Geschichten über Liebe, Vertrauen, Verrat, Verlust, Trauerverarbeitung, Schuldgefühlen und verpassten Chancen können wir uns perfekt identifizieren und hier bietet Regisseur Hamaguchi einen Blick, der sehr fein seine großartig gespielten Charaktere beobachtet und ihnen den Raum gibt, ihre Geschichten zu erzählen, ihnen zuzuhören und auch den geeigneten Moment abzuwarten tiefer in ihre Geschichten und die persönliche Verarbeitung abzutauchen. Dabei entwickelt der Film durch seine Bilder und das Schauspiel seiner Beteiligten einen Sog, der einen mit reinzieht und sogar den Atem anhalten lässt, wenn selbst größere Monologe in Dialogen eine solche Spannung erzeugen, die deine komplette Konzentration und Stille provozieren. Interessant ist auch, wie fein und komplett natürlich auch die Vorbereitung und Inszenierung des Theaterstücks „Onkel Wanja“ in die Verarbeitung der persönlichen Themen des Films integriert worden ist. Richtig großartig fand ich hier auch zum Beispiel die Mehrsprachigkeit des Ensembles – vor allem die Einbindung koreanischer Gebärdensprache. „Drive My Car“ wird sich nun auch in meiner Topliste 2021 wiederfinden und ist aktuell auch mein persönlicher Favorit für die kommende Award-Saison, wenn es um die internationale, nicht-englischsprachige Kategorie geht.
„Drive My Car“ - My First Look – 10/10 Punkte.