Willis hat die Laufbahn beendet, Stallone scheint wieder bessere Angebote zu bekommen, Cage hat zurück in das Künstlerische gewechselt und Travolta auch reduziert: Scheint so, als müsste demnächst Mel Gibson die Fahne für die DtV - Filme mit ehemaligen oder ehemals besser reputierten und besser verdienenden Hollywoodstards hochhalten und die Lanze für diese oftmals von vornherein und allseits und allezeit verschmähten Werke brechen. Gibson, der zuletzt mit Dangerous und Panama sowie zuvor (den als teuer verkauften und teils auch tatsächlich kostspieligeren) Force of Nature und Boss Level sein Bestes dafür getan, und sowieso zuweilen noch auf der großen Leinwand (meist im Umfeld von Mark Wahlberg) auftritt, führt auch Agent Game als Ausrufezeichen oder gar alleiniges Verkaufsargument an, diese Eigenschaft teilt er mit den obengenannten Darstellern, da ist der gute Ruf zwar lädiert, lebt es sich dann aber anscheinend tatsächlich ungeniert. Gibson, der lebende Gimmick, hat auch die erste Szene, die Filme starten im Grunde alle mit einem Appetizer, welcher auch mehrheitlich schon eher halbgar ist und der folgende Rest meist gleich mit. Hier ist das anders und hier ist das nicht:
Das vom CIA Agenten Olsen [ Mel Gibson ] angeheuerte Team aus Kavinsky [ Adan Canto ], Reese [ Rhys Coiro ] und Miller [ Katie Cassidy ] soll in Europa in Flandern zusammen mit Bundy [ Paul Burke ] und Manson [ Mark Weinhandl ] als Vorhut eine Extraktion inmitten der Stadt und ohne offiziellen Auftrag vornehmen. 'Währenddessen' führen die altgedienten Operative Bill [ Jason Isaacs ] und Harris [ Dermot Mulroney ] in einer Black Site zusammen mit dem Neuling Visser [ Annie Ilonzeh ] die Befragung von Omar [ Barkhad Abdi ], eines Gründungsmitgliedes der sogenannten Crescent Democratic Front vor, die sich offiziell der Charity und dem Kampf gegen einen lokalen Diktator verschrieben haben, aber neuerdings als Unterschlupf von Terroristen dienen sollen.
"If he knew we were coming, why did he stick around, then pick a fight, then surrender to us?"
Kein Agentenfilm, ohne nicht in der Weltgeschichte herumzureisen und die entlegenen Orte zu erkunden und studieren, Bedeutung vorzutäuschen und sich als großes Ganzes zu präsentieren. Antwerpen ist der Start, eine Operation steht an, eine Extraktion, Observation im Hintergrund, zwei Mann gehen rein und drei stehen als Backup bereit. Mehrere Schüsse und Explosionen später rauscht auch das Willkommenskomitee der belgischen Polizei heran; worauf eine zweite Eigenschaft dieses speziellen Agentenfilmes offenbart wird oder auch gleich eine dritte: Man springt nicht bloß in der Weltgeschichte herum, sondern in der Chronologie gleich mit, außerdem ist man recht zappenduster gehalten, von der Geschichte her, und analog dazu auch den Bildern. Angeleuchtet wird man bevorzugt mit der Funzel, entweder spielt man gleich bei Nacht, oder man versteckt sich in düsteren Absteigen oder Kaschemmen, manchmal auch im Folterkeller, wo auch keine Festlichter hängen und das Geschehen vorzugsweise nur vage zu erahnen ist. Worum es überhaupt geht wird auch nicht gleich auf den Tisch gelegt, arbeitet man mit verdeckten Karten, mit Bluffs und Finten, mit dem Deckblatt nach oben, auf Schleich- und Umwegen und mit Tricks. "You don't need to get it. We know what we're doing. Why don't you just sit back and learn."
Dabei hat der Film neben seinen Eigenschaften auch einige Vorteile zu bieten, einige Faktoren (neben Gibson), die ihn zusätzlich herausheben, mindestens zwei weitere bekannte Gesichter, die lange im Geschäft sind und als rundweg solide, als sichere Bank gelten, eine feste Inszenierung, die weiß, was sie tut und das Tempo dramaturgisch schnell hochnimmt und oben behält, eine wechselhafte Szenenfolge aus Anspannung und nur wenig Entspannung, eine Geschichte mit scheinbar parallelen Ereignissen, die aber zu wechselhaften Zeiten spielen. Heute und jetzt, fünf Wochen vorher, drei Wochen vorher, "one step at a time." Szenen sind fokussiert, teilweise engagiert, eine ziemliche und eine ziemlich positive Überraschung angesichts der Herkunft des Filmes und den üblichen Erzeugnissen (wie der bescheidene Panama), die die DtV - Abart meist gebiert. Dialoge sind knapp und überwiegend pointiert geschrieben, eine länger dauernde Vernehmung, welches zwischen einer Ermittlung pendelt und einer Inquisition, könnte auch auf der Bühne eines Theaters stattfinden und wird seitens der Filmemacher zunehmend sicherer gehandhabt, je unsicherer die Figuren in ihm werden. Paranoia allerorten, verschiedene Motive, fragliche Befehle und das Infragestellen dieser, dazu kennen sich die meisten 'Team'mitglieder nicht und sind teils auch neu im Einsatz, wobei jeder der etwa 6 Personen (zwei Dreierteams) von Bewandtnis ist und wie eine Figur auf dem Schachbrett von unsichtbarer Hand manövriert."There's some bigger picture we're not seeing."
Katz und Maus, ein Verwirrspiel auf allen Seiten, der Zuschauer weiß in der Theorie genauso wenig wie die Leute in ihm, allerdings kann er in die 'Zukunft reisen' und sieht das Verhalten eines jedes Beteiligten. Die wenige Action im Film (spätes Dauerfeuer und Funkenregen in einer Lagerhalle) ist interessanterweise eher störend, nicht nur, dass auch diese Szenen ständig im Dunkeln gehalten sind, das gesamte Werk ist recht ein Nachtschattengewächs, sodass man mehr erahnt als dass man (von der soliden Choreografie und Montage) sieht. Das sicherlich geringe vorhandene Budget – Gibson selber macht die meisten Szenen offensichtlich allein, Telefonate bspw., direkte Gespräche werden im Schnitt-/Gegenschnittverfahren getätigt – ist allerdings gut genutzt, die Geschichte braucht kein Spektakel, der wenige Einsatz von teurem Material wie Hubschrauberaufnahmen eines heranfliegenden Säuberungsteams etwa ist in realiter umgesetzt.