Review

Nach dem Edgar Wallace Bezug des Vorgängers „Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe“ wurde „Die neunschwänzige Katze“ hierzulande auch als Wallace-Verfilmung promotet, da der Name Argento hierzulande wohl noch nicht groß genug war.
Dreh- und Angelpunkt in diesem Film ist ein Forschungsinstitut, welches sich mit Vererbungslehre beschäftigt. In dessen Nähe belauscht der blinde Ex-Reporter Franco Arno (Karl Malden) zufällig eine Erpressung, in der Nacht wird der Wachmann niedergeschlagen und eingebrochen. „Die neunschwänzige Katze“ ist ein eher sanfter Giallo, der Auftakt ist kein Mord, wenngleich es davon noch mehrere in dem Film geben wird.
Tatsächlich gibt es bald den ersten Toten, einer der Männer, die Franco belauschte. Ebenfalls sehr an dem Fall interessiert ist der Reporter Carlo Giordani (James Franciscus), der eine große Story wittert. Franco kontaktiert ihn, als ihm ein wichtiges Detail auffällt und von da an arbeiten die Männer zusammen. Eine gewohnte Argento-Paarung also, am ehesten in „Sleepless“ wieder aufgegriffen, aber beide Partner ermitteln abseits der offiziellen polizeilichen Nachforschungen, wenngleich nicht ohne Kontakte dorthin.

Doch der Mord an dem Erpresser ist nur der Auftakt zu einer Reihe von Todesfällen, bei denen jemand ein Geheimnis schützen möchte. Doch es gibt viele Verdächtige, da nicht alle Forscher des Institutes ganz koscher wirken...
Unter Argentos Filmen mag sich „Die neunschwänzige Katze“ vielleicht am ehesten am ganz klassischen, dem Krimi verhafteten Giallo orientieren, da die Morde hier in erster Linie geschehen, um Zeugen einer anderen Tat zu beseitigen (*SPOILER* Der Aspekt des Verbrecher-Gens ist dabei ambivalent: Zum einen könnte der Täter tatsächlich zum Töten veranlagt sein, was wieder in Richtung psychoanalytischer Gründe ginge, zum anderen könnte er aber auch nur den Befund in doppelter Hinsicht zu ernst nehmen *SPOILER ENDE*). Die Auflösung ist durchaus phantasievoll und nachvollziehbar, leider finden sich kaum Hinweise auf des Täters Identität; gerade die Argento-Eigenart dem Zuschauer ein später zu dechiffrierendes Bild am Anfang zu geben, lässt sich bestenfalls erahnen. Zudem gibt es einige logische Patzer, z.B. wie die Erpressung vor dem Einbruch stattfinden konnte, aber das könnte auch ein Synchropatzer sein.
Die meiste Zeit über funktioniert „Die neunschwänzige Katze“ als solider, relativ leichter Krimi. Gerade die Figur des gewitzten Reporters bringt eine gewisse Lockerheit in den Film, hierzulande noch durch eine Rainer-Brandt-Synchro verstärkt (z.B. „ah, der Telefon, der Telefon!“), wobei selbiger nicht ganz so flockig vom Leder zieht wie bei anderen Gelegenheiten und durchaus den Ernst wahrt. Argentos handwerkliches Talent ist hier schon gut zu sehen, gerade bei der Inszenierung von Treppenhäusern fällt die extravagante Wahl der Kameraperspektiven ein, andere Mittel sind z.B. subjektive Kamera oder der Blick zwischen zwei getragenen Milchgläsern.

Doch so solide konstruiert Argentos zweites Werk auch ist, mehr als das ist es dann nicht. Die Erzählweise ist teilweise schon etwas zu gemächlich, gerade im letzten Drittel hängt der Film etwas. Dies liegt auch daran, dass falsche Verdächtigungen hemmungslos konstruiert werden (z.B. bei der Szene in der Krypta), ehe sich das Ganze dann als Missverständnis herausstellt. Der ordentliche Showdown auf den Dächern macht dann wieder etwas wett und ist recht flott über die Bühne gezogen, zumal Argento ganz konsequent den Abspann direkt auf den Tätertod folgen lässt.
Ein sicheres Händchen, besser als beim Folgefilm „Vier Fliegen auf grauem Samt“, kann man Argento beim Casting attestieren. Gerade James Franciscus und Karl Malden in den Hauptrollen sind ein wirklicher Gewinn für den Film, da sie ihre Rollen mit Leben füllen und wunderbar miteinander harmonieren. Auch Kinderdarstellerin Cinzia De Carolis als Nichte des blinden Ex-Reporters macht einen überraschend guten Job, so wie der größte Teil der Nebendarsteller, u.a. Horst Frank und Werner Pochath, zufriedenstellend spielt. Einziger Ausfall ist die hölzerne Catherine Spaak, deren Rolle man besser Rada Rassimov gegeben hätte, die trotz geringerer Screentime mehr Eindruck hinterlässt.

Dario Argentos zweiter Film ist ein solider Kriminalfilm, für einen Giallo eher zurückhaltend, aber durchaus gelungen in Szene gesetzt. Doch während Inszenierung und Darstellerleistungen stimmen, da macht das Drehbuch nur bedingt mit: In Hälfte zwei häufen sich die Längen, viele Spannungsmomente sind zu offensichtlich gestellt und auch bei der Auflösung gibt es dann doch die eine oder andere Logiklücke.

Details
Ähnliche Filme