Da ist er also nun: Der kontroverseste und vielleicht meistdiskutierte Film des Jahres 2004 – „The Passion of the Christ“. Der tief religiöse Hollywoodstar Mel Gibson gab vor diesen Film zunächst für sich gedreht zu haben. An sich eine lobenswerte Sache, die sich schnell als geschickte Marketingstrategie herausstellen sollte. Sich mit provokanten Äußerungen den Wut diverserer Religionen (bzw. deren Anhänger) zuziehend und mit geschickten Test-Screenings für Wohlwollen bei der katholischen Kirche sorgend, ist Gibson finanzielles Geschick nicht abzusprechen. Schließlich war der Film in aller Munde, alle wollten ihn sehen, die Kassen füllten sich und machten den Film zu der erfolgreichsten R-Rated-Produktion aller Zeiten. Aber was kann er wirklich?
„The Passion of the Christ“ behandelt die letzten Stunden Jesus (James Caviezel, „High Crimes, „Highwaymen“): Von der Gefangenschaft bis hin zu seiner Wiederauferstehung. Ob die Welt eine Verfilmung dieser schrecklichen Ereignisse wirklich braucht, sei mal dahin gestellt. Da sollte jeder für sich Entscheiden ob er diese Leiden mit verfolgen muss. Ich selbst bin nicht sonderlich religiös, habe nicht viel Ahnung von der im Film behandelten Materie und werde daher auch nicht versuchen Interpretationen anzustellen. Da gibt es in diesem Fall findigere Köpfe.
Was mich stört ist die Hollywoodsche Aufmachung dieses Streifens. Oft wirkt der Film leider so, als würde er in seiner optischen Verspieltheit eben doch ein simpler Unterhaltungsfilm sein. Das fängt bei dem Einsatz von Farbfiltern an und hört bei den vielen Slowmotions auf. Dabei beginnt Gibson zumindest inhaltlich recht ordentlich und zeigt wie es überhaupt zu Jesus Kreuzigung kam, wie er gefangen und gedemütigt wurde. Ganz interessant fand ich in diesem Zusammenhang den politischen Druck, der auf Stadthalter Pontius Pilatus lastet. Etwas einsilbig ist hingegen die Darstellung der Bevölkerung, die hier durchweg als Pöbel abgefertigt wird.
Leider erweckte der Film bei mir trotz seiner angeblichen Authentizität über die gesamte Laufzeit kaum Interesse und das lag sicher nicht an nicht alltäglichen Ideen, wie den Film global in Aramäisch und Latein aufführen zu lassen. Er ist einfach inhaltlich schwach und stellenweise etwas lieblos inszeniert. „The Passion of the Christ“ wird wohl eher die streng Gläubigen packen und in seinen Bann ziehen können. Immerhin bringt die erste halbe Stunde aber ein paar, für Nichtbibelfeste, ganz interessante Informationen rüber. In wie fern die nun auch den Tatsachen entsprechen ist dabei mehr als fraglich.
Anstatt diesem Stil treu zu bleiben, entfacht Gibson darauf leider eine überlange Folterorgie, die dem Film dann einen qualitativen K.O.-Schlag verpasst. Es mag ja ambitioniert aussehen, wenn man Folter so graphisch zeigt – für mich zeugt sie von Geschmacklosigkeit. Minutenlang wird Jesus, teilweise in Zeitlupe, fest gehalten und gefoltert, bis ihm nur noch rohe Fleischfetzen am Körper hängen. Die Dornenkrone wird ihm auf den Kopf in die Schläfen gedrückt. Das Blut spritzt den Vollstreckern ins Gesicht. Auf dem Weg zur Kreuzigung verhöhnen und verprügeln sie Jesus. Braucht das Publikum so eine Detailliertheit wirklich?
Fazit:
„The Passion of the Christ“ ist eine überflüssige, mäßig inszenierte Darstellung der letzten Stunden von Jesus. Scheint der Film, trotz effekthaschender Inszenierung, zu Beginn noch eine interessante Auseinandersetzung mit dem Thema zu sein, so verliert Mel Gibson sich bald in eine überlange, brutale Folter, die in ihrer Ausführlichkeit und expliziten Darstellung kein Mensch braucht.