Mel Gibsons "The Passion Of The Christ" handelt von den letzten 12 Stunden im Leben von Jesus von Nazareth. Der Heiland wird von Judas verraten, von den Juden wegen Ketzerei vor den römischen Statthalter Pontius Pilatus gezerrt und das aufgebrachte Volk verlangt, dass er hingerichtet wird. Der Statthalter, welcher Jesus eigentlich für unschuldig hält, sieht sich vor ein ernstes Problem gestellt: Egal ob er sich dafür oder dagegen entscheidet, ein Volksaufstand ist vorprogrammiert. Nachdem er den Pöbel nicht damit zufrieden stellen konnte, dass er Jesus stundenlang foltern läßt, gibt er dem Druck nach und entscheidet, dass Jesus gekreuzigt wird. Und nun noch ein Spoiler für die ganz Gespannten: Ja, er wird am Ende gekreuzigt. Und ja, trotzdem gibt es ein Happy End, denn Jesus lebt!
Viel hatte man von diesem kontroversen Film im Vorfeld gehört: Er sei antisemitisch, die Folter- und Kreuzigungsszenen habe es niemals in dieser Intensität in einem Film zusehen gegeben und der Papst soll nach einer Testvorführung gesagt haben: "Genauso war es."
Dass man keinen Unterhaltungsfilm erwarten durfte, in dem sich der Held am Ende an den Bösewichtern rächt, war wohl klar und würde natürlich auch nicht mit der Aussage der Jesus-Geschichte übereinstimmen: Man soll den Tätern vergeben, denn sie wissen nicht, was sie tun und Jesus starb am Ende für die Sünden der Menschen. The Passion Of The Christ ist ein todernster Film über das Leiden Christi und um etwas anderes geht es dabei auch nicht. Es bleibt nicht mal Zeit, die Charaktere näher vorzustellen. Gibson ging wohl davon aus, dass ein guter Christ sie eh kennt. Nach dem Verrat durch Judas folgt eine Gewaltorgie, wie man sie in ernsten und gut gemeinten Filmen bisher selten zu sehen bekommen hat. Der arme Jesus wird von den Römern durchgehend geschlagen, getreten und auf alle möglichen sonstigen Weisen malträtiert. Und dann wird er auch noch verhöhnt, was das Zeug hält. Abwechselnd sind Bilder vom leidenden Jesus, rachsüchtigen Juden, betrunkenen und gutgelaunten bösen römischen Soldaten und heulenden und geschockten Jesus-Anhängern zu sehen. Das Ganze wird 126 Minuten lang auf die Spitze getrieben.
Dabei ziehen sich die Folter und der Weg zur Kreuzigung so schleppend dahin, dass man bald glauben möchte, der Film sollte in Echtzeit gedreht werden. Der total übertriebene Einsatz von Zeitlupen (bestimmt mehr als die Hälfte des Films bestand aus Zeitlupe) geht schnell an die Nerven. Dazu wird man permanent von kitschiger Musik bombardiert, die zusätzlich zu den kitschigen Szenen auf die Tränendrüse drücken soll. Die an sich interessante Idee, dass - der Authentizität wegen - lediglich in hebräisch und lateinisch gesprochen wird, schadet dem Film jedoch insoweit, als es doch ziemlich anstrengend und ungewohnt ist, zwei Stunden lang Untertitel zu lesen. Und damit der Film auch ins Hollywood-Raster passt, gibt es dann zum Schluss noch mit der Auferstehung ein Happy End.
Nennt mich kaltherzig, aber durch die klischeehafte übertriebene Darstellung konnte ich keine Sympathien für irgendwelche Charaktere entwickeln und die Folterszenen verfehlten vollkommen die beabsichtigte Wirkung. Statt durch das viele Leid missioniert zu werden, wie es der fanatisch gläubige Gibson wohl beabsichtigt hatte, macht sich schon nach zwanzig Minuten Langeweile und Ärger darüber breit, für wie dumm er den Zuschauer eigentlich hält.
Kann sein, dass ich mich irre, aber ganz genau hat sich Gibson auch nicht an die Vorgaben in der Bibel gehalten. Obwohl er die Geschichte doch so authentisch erzählen wollte: So wird Jesus im Film z.B. von einem der anderen beiden Mitgekreuzigten verhöhnt, weil er als Sohn Gottes nicht in der Lage sei, vom Kreuz hinab zu steigen. Dafür kommt dann ein Vogel geflogen und pickt dem gemeinen Ungläubigen das Auge aus. Oder was hatte es mit diesem fiesen schwarzen Mann auf sich, dem Maden aus der Nase kriechen und der immer als dunkler Beobachter die Szenerie mit Genugtuung verfolgt? Das war wohl der unbeholfene Versuch, eine Teufelsfigur in den Film zu integrieren, wovon ich persönlich noch in keiner biblischen Geschichte gehört habe. Allerdings bin ich kein Spezialist in biblischen Fragen und sollte ich mich irren, möge man mir verzeihen. Die Darstellung des Teufels war jedenfalls das Lächerlichste am ganzen Film. Neben dem Monster, das Judas in seinem Wahn sieht.
Man kann dem Film vieles vorwerfen, antisemitisch ist er in meinen Augen jedoch nicht, auch wenn die Juden als dummes und blutrünstiges Volk dargestellt werden und auch sonst denkbar schlecht wegkommen. Allerdings birgt die Darstellung der Juden stark die Gefahr, bei dummen Leuten antisemitische Gefühle hervorzurufen. Ihr wisst schon, die Leute, die dann erzählen: "Du weißt ja, eigentlich habe ich nichts gegen Juden, aber..."
Nach 126 Minuten war der Spuk endlich vorbei und man hatte wenigstens die Genugtuung, jetzt auch über den Film mitreden zu können. Als Krönung des Ganzen wurde den Zuschauern vor dem Kino von religiösen Spinnern aufgelauert, die neue Testamente unters Volk bringen wollten.
Wie hätte man The Passion Of The Christ besser machen können? Vielleicht, indem Gibson am Ende nach der Kreuzigung vor die Kamera tritt und sich von Steven Seagal im Namen aller Zuschauer sämtliche Knochen brechen läßt? Nein, dann verzeihen wir ihm lieber, denn er wusste nicht, was er tat. Und damit hätten wir dann doch noch etwas aus dem Film gelernt.
Zum Schluss: Die brutalste Kreuzigungsszene ist in dem Film nicht enthalten. Mit dieser "Ehre" darf sich nach wie vor "Perdita Durango" brüsten.