Review

Wo gebetet wird, da wird geblutet, zumindest in der, laut Mel Gibson, einzigen Wahrheit die es zum Thema Jesus und Leidensweg des Selbigen gibt. Da Mel Gibson ebenso im Vorfeld bereits alle Kritiker bezichtigt hat mit dem Bösen im Bunde zu stehen, gehöre ich wohl in die tiefsten Abgründe der Hölle, denn etwas anderes als Kritik gibt es von mir für dieses Machwerk, eine Art Braindead (darf man im Bezug auf den Film durchaus wörtlich nehmen) für christliche Fanatiker, nicht.

Bevor ich mich also gleich auf den Weg mach zum Gehörnten, der laut Mels Weltansicht übrigens eine Frau ist und dem Würmer aus der Nase und eine Schlange aus dem Rock fallen, schauen wir doch mal was wir hier in zwei Stunden präsentiert bekommen. Da wäre zunächst mal der Verrat Jesu durch Judas, der in einem recht nett choreographierten, in schönster Zeitlupentechnik präsentierten Kampf, im Kunstnebel durchflossenen und auch sonst recht künstlich und billig aussehenden Garten Gezehmane statt findet. Dabei geht dann auch schon mal ein römisches Ohr verloren, doch Jesus legt kurz die Hand auf und die Hörmuschel ist wieder dran. So weit so seltsam.

Weiter geht es dann mit Jesus vor den Pharisäern, die ihn mit samt dem Volk direkt erst mal verurteilen, selber aber kein urteil sprechen können und sich deshalb auf machen und den vor Herzenswärme und Gutmenschlichkeit nur so strotzenden Pontius Pilatus aufsuchen, der nach einem kurzen Zwiegespräch mit Jesus selbigen zur Folter verurteilt, damit das Volk (also die Juden) Ruhe geben. Wer sich auch nur ein wenig geschichtlich auskennt dürfte sich spätestens hier über die Wahrheit Mel Gibsons wundern, war Pilatus doch als gnadenloser und knüppelharter Herrscher bekannt, der wenig mit Dingen wie Gnade, Mitleid und Gewissen anzufangen wusste.
Bevor es aber nun mit dem Gesplatter losgeht wird der Angeklagte noch kurz in die Schwulenbar von Herodes gebracht, der aber lieber noch einen trinkt und sich außerdem auch nicht richtig geschminkt hat. Wenigstens sitzt die Perücke schlecht.

Dann geht es aber auch schon los und es ist Schluss mit (unfreiwillig) lustig. Die nächste Viertelstunde wird dem Zuschauer detailliert gezeigt wie ein normaler Stock sich im Vergleich zu einer Neunschwänzigen Katze bei Kontakt mit dem menschlichen Körper verhält. Der Hauptunterschied liegt darin dabei, dass eine normale Auspeitschung zwar schmerzhaft ist, aber es wenigstens kein spritzendes Blut und wild durch die Gegend fliegenden Fleischstücke gibt.
Bei diesen Szenen scheint sich Mel Gibson voll ausleben zu können. Immer wieder wird direkt draufgehalten, das Blut spritzt, die Haut löst sich und die Kamera hält immer feste drauf. Das hier nach einem kurzen Schockmoment recht schnell eine Art Sättigung beim Publikum stattfindet und die Gewalt ihre abstoßende Wirkung zu verlieren droht und nur Mitleid für einen weiter feste mit der Kamera draufhaltenden Mel Gibson bleibt, scheint selbigem da schon entgangen zu sein. So muss man weiter zu sehen wie James Caviezel sich langsam aber sich vollends der Tricktechnik bzw. Maskentechnik hingibt und in Zeitlupe, wahrscheinlich muss man froh sein das man nicht noch das Fleisch in Bullet Time durch die Gegend fliegen zu sehen, weiter gefoltert wird.

Nach diesen viel zu ausgedehnten Folterungen, die eine Freigabe des Films ab 16 wie einen schlechten Witz aussehen lassen, und der anschließenden Krönung des Gepeinigten mit der obligatorischen Dornenkrone geht es auch schon auf den Weg zur Kreuzigung. Natürlich darf Pilatus vorher noch kurz die Hände in Unschuld waschen, wir wollen ja schließlich nix vergessen. Und so macht sich Jesus auf den Weg, hat dabei immer schön sein in einigen Szenen wundervoll als Plastik zu entlarvendes, Kreuz dabei und wird auch weiterhin gepeitscht und vom Volk ordentlich vertrimmt. Das er hier bereits aussieht wie langhaariges Hackfleisch und sein Blutverlust die Wissenschaft Lügen straft scheint Bestandteil von Gibsons Wahrheit zu seien.

Als man schließlich am Ort des Geschehens ist gibt es noch mal etwas von Gibsons obsesivem Bluteinsatz, als Jesus in Großaufnahme ans Plastik genagelt wird. Dazu gibt es eine der wohl unangenehmsten Armbruchszenen der Filmgeschichte, von der selbst Knochenbrecher Nummer 1 Steven Seagal für zukünftige Filme noch was lernen kann. Als ob das alles nicht schon genug wäre wird auch noch der Mann am Kreuz links von Jesus nach einigen Spöttischen Bemerkungen von einer Krähe heimgesucht, die mit ihrer Augenausstechnummer wohl jederzeit auch einen Job in Robert Rodriguez "Once upon a time in Mexico " hätte bekommen können. Nach weiterem Blutvergießen (wo kommt das eigentlich alles her?) ist es dann auch schon fast geschafft, es wird nur noch kurz der Tempel geteilt, was dann wieder eher nach Trash Katastrophenfilm aussieht und schon sind wir erlöst von dem was Mel Gibson da fabriziert hat. Ach so, natürlich gibt es noch die Auferstehung in einer kurzen Szene am Schluss, da lässt zunächst jemand die Luft aus Jesus´ Leichentuch und anschließen latscht selbiger mit riesen Löchern in der Hand (wenn das mal nicht schon die zweite Parallele an Robert Rodriguez ist) ansonsten aber unversehrt aus der Höhle.

Somit ist es Mel Gibson wirklich gelungen einen der grausamsten Filme des Jahres zu drehen, der aber bei näherer Betrachtung erschreckend wenig hinter all dem Blut und zerfetztem Fleisch zu bieten hat. Da regieren zumeist Kitsch und Pathos, auf die Spitze getrieben in der Szene als wir Maria, die Mutter Jesus sehen wie sie ihrem mit dem Kreuz gestürztem Sohn entgegen eilt und dazu parallel immer wieder zu sehen ist wie sie zu ihm eilt als er als kleiner Junge stürzt. Auch die anderen Rückblenden die Gibson verwendet und die eine Art "Best of Jesus" darstellen, wirken unpassend, da sie doch zeigen wie der Film hätte sein können wenn Gibson versucht hätte mehr zu zeigen als Folter und Gewalt. Da Gibson neben seinem Hauptdarsteller weitestgehend auf bekannte Darsteller verzichtete gibt es nur Monica Bellucci als Maria Magdalena zu sehen, sagen darf sie aber im gesamten Film kein Wort.

Der Vorwurf des Antisemitismus der dem Film gemacht wurde, ist sicherlich überzogen, aber das Volk der Juden wird doch als mordlüsterne, blutgeile Masse gezeigt, die letztlich mit Barrabas dann auch lieber einen überführten Mörder frei haben will als Jesus und auch den armen, bemitleidenswert netten Pontius Pilatus dazu bringen den Mann zu kreuzigen. So ist die Darstellung doch alles andere als glücklich.

Als Fazit bleibt somit zu sagen, das Mel Gibson einen Film geschaffen hat, der durch extreme Gewalt für einen kalkulierten Skandal gesorgt hat und letztlich aber nur die Gewaltgeilheit eines konservativen Gläubigen zeigt, für den sich die Religion über die Folter und die Zerstörung des Fleisches definiert. Das er damit sicherlich wenig neue Fans für seinen Glauben gewinnen wird scheint ihm egal gewesen zu sein. Mir als Nichtgläubigem ist dieser Film jedenfalls extrem bitter aufgestoßen, da er in seiner ganzen Machart auf nicht einmal Mittelmäßigem Hollywood Niveau rangiert und zudem eine mehr als fragwürdige Botschaft übermittelt, die zudem dem Zuschauer nicht durch eine mitreißende Geschichte oder eine interessante Charakterisierung präsentiert wird, welche man zum Beispiel in "Die letzte Versuchung Christi" sehen konnte, sondern einzig einen Folterfilm, wie es sie zu Hunderten gibt, nur das diese dann nicht mit einer FSK 16 Freigabe in die Kinos kamen.

So und jetzt werde ich dem Wunsch des Regisseurs entsprechend als Kritiker des ganzen zur Hölle fahren, aber nicht ohne vorher die Punktzahl für dieses Machwerk zu verraten: 2 von 10.

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