Review

iHaveCNit: Das Glücksrad – Wheel Of Fortune and Fantasy (2022) – Ryusuke Hamaguchi – filmkinotext
Deutscher Kinostart: 01.09.2022
gesehen am 05.09.2022 in OmU
Arthouse-Kinos Frankfurt – Große Harmonie – Parkett - Reihe 4, Sitz 9 – 18:00 Uhr

Quasi aus dem Nichts kam im letzten Dezember für mich „Drive My Car“ von Ryusuke Hamaguchi in die Kinos und hat mich direkt begeistern können. Die Preise auf dem internationalen Parkett haben sowohl der Film aus auch Hamaguchi mehr als verdient. Genau wie die internationale Aufmerksamkeit, die damit Hamaguchi zuteil wurde – doch nicht nur die internationale Aufmerksamkeit ist ihm zuteil geworden, auch bei mir ist Hamaguchi somit auf dem Radar gelandet. In diesem Fahrwasser kommt nun sein neuer Film „Das Glücksrad – Wheel Of Fortune and Fantasy“ in die Kinos. Ein Film, den er eigentlich bereits vor „Drive My Car“ fertig gestellt hat. Eigentlich hätte ich diesen Film bereits vor etwas über knapp anderthalb Wochen in einer Sneak sehen können, doch der Zufall wollte es so, dass das Glück an diesem Abend nicht auf meiner Seite war. Denn auf dem Weg mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zum Kino kam es zu einer Vollsperrung der Bahnstrecke aufgrund eines Großeinsatzes der Polizei, die einen über die Zuggleise flüchtigen Tatverdächtigen verfolgt haben, womit eine für mich selbstverständliche und pünktliche Ankunft am Kino nicht mehr machbar war. Diese Geschichte und die Verknüpfung ebendieser in kleinen Episoden und Einzelschicksalen wäre eigentlich ein guter Stoff für einen Arthouse-Film – genau wie es am Ende eben „Das Glücksrad – Wheel Of Fortune and Fantasy“ geworden ist – ein Episodenfilm mit einem übergeordneten gemeinsamen Thema – der mich ähnlich begeistern sollte wie „Drive My Car“.

Episode 1: „Magic (or something less assuring)“
Meiko ist nach einem Fotoshooting mit ihrer besten Freundin Tsugumi im Taxi unterwegs. Auf dieser Fahrt spricht Tsugumi über ihr letztes Date mit einer neuen Bekanntschaft. In den Schilderungen Tzugumis erkennt Meiko ihren Exfreund wieder, den sie am gleichen Abend aufsuchen und ihre Gefühle prüfen wird.

Episode 2: „Door Wide Open“
Nao ist verheiratet und in einer Affäre mit dem Studenten Sasaki. Gemeinsam kommen sie auf ihren ehemaligen Lehrer Segawa zu sprechen, mit dem Sasaki noch eine offene Rechnung zu haben scheint und beide mit einer Verführung Segawas eine Racheaktion planen, die jedoch anders verläuft als geplant.

Episode 3: „Once Again“
Natsuko ist für ein Klassentreffen von Tokio nach Sendai gereist. Eigentlich hat sie damit gerechnet, bei dem Treffen ihre heimliche Liebe von damals wieder zu treffen. Bis sie am nächsten Tag auf einer Rolltreppe scheinbar auf diese trifft. Sowohl Natsuko als auch Aya sprechen daraufhin über ihre unterdrückten, längst vergessenen Gefühle.

„Das Glücksrad – Wheel Of Fortune and Fantasy“ wird im Trailer als „Three Short Stories of coincidence and imagination“ beziehungsweise „Drei Episoden über Zufall und Vorstellungskraft“ beschrieben. Und genau das bekommt man als Zuschauer auch. Der Film wirkt wie eine kleine Miniserie aus 3 ähnlich langen Einzelfolgen mit eben Zufall und Vorstellungskraft als übergeordnetes Thema – bei dem es eben viel um romantisches und auch sexuelles Verlangen sowie auch um unterdrückte Gefühle geht. Jede der drei Episoden ist in seiner Inszenierung sehr intim, reduziert und auf hauptsächlich bis zu 3 Personen und wenige Räumlichkeiten fokussiertes Kammerspiel, womit der Film auch soweit ich mir das vorstellen kann auch als Theaterstück auf einer Bühne funktionieren kann. Das Ensemble spielt großartig und sie hauchen Hamaguchis Film und den Charakteren Leben ein. Etwas, was mir bereits bei „Drive My Car“ aufgefallen ist, ist Hamaguchis sehr feiner Blick für zwischenmenschliche Situationen und Details. In der Zeichnung von Charakteren und Situationen gibt das dem Film trotz einer gewissen, natürlich kulturell bedingten Zurückhaltung und Distanz eine emotionale, thematische und charakterliche Tiefe, was die Geschichten und die Erzählungen von Hamaguchi viel reichhaltiger und mehr erscheinen lassen als das, was auf dem ersten Blick zu sehen ist – auch wenn hauptsächlich nicht viel passiert und nur gesprochen wird. Dementsprechend ist man auch als Zuschauer von Hamaguchi dazu gezwungen sich auf diese Reise mit Geduld einzulassen und einfach den Gesprächen zu lauschen und seine eigene Vorstellungskraft mit einfließen zu lassen. Denn die Beobachtung der Charaktere, ihrer Gespräche und auch das Einlassen auf den Film haben für mich die 2 Stunden wie im Flug vergehen lassen und eine gewisse Faszination ausgelöst, auch wenn die ganz große Sogwirkung wie in „Drive My Car“ etwas gefehlt hat. Gerade dass sich „Das Glücksrad – Wheel Of Fortune and Fantasy“ nach wesentlich mehr anfühlt, hätte ich dem Treiben gerne in noch einigen interessanten und weiteren Episoden mehr zugesehen.

„Das Glücksrad – Wheel Of Fortune and Fantasy“ - My First Look – 9/10 Punkte.

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