Review

Der Einstieg ins Italowesterngeschäft war zuerst kein leichter. Das hat unter anderem auch Enzo G. Castellari mit „Die Satansbrut des Colonel Blake“ sehr eindrucksvoll bewiesen. Den Vogel schießt jedoch Sergio Corbucci mit seinem Debüt ab. Der Mann, der mit Filmen wie „Django“ oder „Leichen pflastern seinen Weg“ das Genre mit zu seiner Eigenständigkeit verhalfen, serviert mit „Keinen Cent für Ringos Kopf“ einen Streifen, mit dem ich überhaupt nicht warm werde.

Denn vom rauen Klima des Wilden Westens ist hier nicht zu spüren und das liegt nicht nur daran, dass die Landschaft so grünlich grünt, als hätte man im Frühling in Südniedersachsen anstatt in der wüsten Steppe gedreht.
Wenigstens ist Wes Evans, unglaublich mies von Robert Mitchums untalentiertem Sohn James verkörpert, noch ein Mann von altem Schrot und Korn, der rachsüchtig eine ganze Bande von Banditen auslöscht, die seinen Vater auf dem Gewissen haben. Zwei Jahre ist er dafür kreuz und quer durch Amerika geritten, um allen ihre gerechte Strafe zukommen zu lassen und kehrt nun heim, um festzustellen, dass nichts mehr so ist, wie es war. Seine Frau ist ihm ausgebüchst und zwei Rancher-Familien bekriegen sich, heuern Gesindel an und sorgen allgemein für Trouble.
Eigentlich der Nährboden für einen markigen Helden, doch der will davon gar nichts wissen und lieber eine ruhige Kugel schieben. Nicht einmal den Sheriffstern will er wieder.

Auweia, was dann abgeht ist unerträglich, weil leider einmal mehr noch stark an den amerikanischen Western angelehnt. Es wird lamentiert, palavert, diskutiert und gelabert als gäbe es keine Revolver mehr, die Probleme wesentlich schneller lösen können. Diplomatie scheint für Wes nun anzustehen und er tut alles um Blutvergießen zu vermeiden, obwohl er eigentlich schnellstens wieder die Biege machen will und zumindest im Saloon noch die Fäuste sprechen lässt – inklusive einer gekünstelten Choreographie.

Zum sich ewig wiederholenden Score von Gianni Ferrio („Bleigewitter“, „Zwei wilde Companeros“) lässt sich Wes in den Trouble mit hineinziehen, schlüpfen doch verborgene Gefühle hervor, die das Theater etappenweise wie einen Soap-Western wirken lassen. Die wenigen, wirkungslos inszenierten Shootouts zwischen den beiden verfeindeten Familien, die sich in steinigen Canyons beharken, verpuffen unangenehm gleichgültig. Denn als Zuschauer hofft man ohnehin nur, dass der Mumpitz bald um ist - von Corbuccis späterer, aggressiven Gewaltästhetik keine Spur. Überhaupt scheint der Mann hier total neben der Bahn. In den Shootouts weiß man nie, wer gerade auf wen schießt und zu wem gehört. Sieht ja alles gleich aus!

Ohne Pepp und Pfiff bleibt Corbuccis erstes Unterfangen im Italowestern eine ganz böse Geduldsprobe ohne formelle Glanzpunkte und sowieso ohne kernige Figuren oder gar gute Darsteller. Kitsch und ewige Dialoge, die so ausführlich auch gar nicht sein müssten, dominieren oder besser nerven den Zuschauer in geballter Ausführung. Insbesondere James Mitchum mit dem ewig selben schläfrigen Gesichtsausdruck möchte man am liebsten mal den Stock aus dem Allerwertesten ziehen, damit er aufwacht und an zu schauspielern fängt oder seiner Ex gefälligst mal die Meinung geigt.

Wirklich kein Merkmal des Italowesterns findet sich hier ein. Man kann zwar mit der Lupe suchen und keimende Motive entdecken, doch die sind noch so schrecklich unterentwickelt, dass sie kaum etwas beizutragen haben.
Achja, von Ringo und seinem Kopf übrigens weit und breit keine Spur.

Das verkrampfte Konzept, das später leicht variiert eines der klassischen Schemas für den Italowestern wurde, wird dann ruhmlos mit einem großen Shootouts beendet, indem die Richtigen sterben und der Rest gemäß Verteilung der Sympathiepunkte überlebt. Nach Klischeevergabe wurden die Stereotypen vorweg schon richtig aufgeteilt. Deswegen muss man sich wegen Überraschungen auch keine Sorgen mehr machen.


Fazit:
Ja sicher, die Kernthemen des Italowestern wie Rache und martialistisches Streben sind auch in „Keinen Cent für Ringos Kopf“ enthalten, ansonsten kann man auf weiter Flur jedoch kein gutes Haar an Sergio Corbuccis Genreeinstieg lassen. Dafür liegt einfach zuviel im Argen.

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