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Ausgestattet mit reichlich Manneskraft startete John Holmes 1969 seine Karriere als Pornodarsteller - und brachte es dank legendärer 33 Zentimeter zum Superstar der Branche und landesweiter Bekanntschaft. Unter Pseudonymen wie Johnny Wadd, Big John oder John Fallus wirkte er in annähernd 1.800 Filmen mit und hat nach eigener Aussage Sex mit 14.000 Frauen gehabt. Basierend auf seinem Werdegang inszenierte Paul Thomas Anderson 1997 den hochgelobten Boogie Nights, in dem Mark Wahlberg das Holmes-Pendant Dirk Diggler mimt. Obwohl zwischen Andersons Werk und dem 2003 veröffentlichten Wonderland keine Zusammenhänge oder besondere Gemeinsamkeiten bestehen, könnte man James Cox‘ Film als eine Art Fortsetzung ansehen, die sich auf wahre Ereignisse Anfang der 1980er stützt.
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John Holmes‘ Drogensucht hat ihn aufgrund seiner beeinträchtigten Erektionsfähigkeit aus dem Reich der Pornos katapultiert. Abgewrackt, mit einer blutjungen Geliebten an seiner Seite tingelt er zwischen den Kokainhändlern der Wonderland-Gang und dem steinreichen Nachtclubbesitzer Eddie Nash hin und her und versorgt sich mit Stoff, ohne dass den selbsternannten »the all-time world's greatest« noch irgendjemand ernst nimmt. So verstrickt sich Holmes in einen Überfall der Wonderland-Gang auf Nash, woraufhin wenige Tage später, am 1. Juli 1981, ein brutaler Angriff erfolgt, bei dem die Mitglieder der Gang in der Wonderland Avenue mit Stahlrohren zu Tode geprügelt werden. Nur David Lind, während der Tat nicht zugegen, kommt davon und beschuldigt der Polizei gegenüber Holmes als Anstifter. Oder war Holmes gar Mittäter?...
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Wonderland ist eine ungewöhnliche Annäherung an ein bis heute ungeklärtes Verbrechen. Mit wirr-wilder Kamera und ebensolchem Schnitt, Splitscreen- und Überblend-Montagen findet Regisseur und Drehbuchautor Cox gestalterische Mittel, die zu Anfang noch zweckfremd und überladen wirken, da sie einen leichten Einstieg in die Story behindern. Dies macht erst später Sinn, da auf die gewählte Weise eine unvoreingenommenere Betrachtung späterer Ereignisse ermöglicht wird und man nicht frühzeitig Sympathien verteilt. Letzteres wäre bei den Figuren des Films wohl eh kaum möglich gewesen. Wer auch immer einem auf der Wonderland Avenue begegnet, er bemüht sich nicht darum, vom Zuschauer gemocht zu werden. Cholerische Junkies, schmierig-notgeile Playboys, zugekokste Partytussies - niemand da, für den man sich erwärmen könnte. Selbst den kürzest auftretenden Figuren, wie einer von Carrie Fisher gespielten aufdringlichen Missionarin gleich zu Beginn, gibt Cox noch einen negativ behafteten oder zumindest zweifelhaften Einschlag mit. Einzig die farblose Gruppe von Cops, die zunächst David Lind und später John Holmes verhören, bleiben davon verschont, bekommen aber durch ihre Hilflosigkeit, das Verbrechen aufzuklären, auf anderer Ebene ihren Boden entzogen.
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Auf diese bewusste Art ist Wonderland dann auch kein Film, der über den Zugang zu den Figuren zu funktionieren versucht, sondern über das stückchenweise Offenlegen seiner Geschichte. Wie zur Schau gestellte Modelle bewegen sich die Charaktere durch eine Welt am Abgrund ihrer eigenen Existenzen und auf die ein oder andere Art bleibt niemand davon verschont, sich damit konfrontiert zu sehen. Sei es Holmes, der auf einer Party seinen überdimensionalen Penis zur Schau stellen soll, die kaum volljährige Dawn, die durch ihre Liebe zu Holmes zunehmend in den Verlust ihres eigenen Willens getrieben wird, sei es Sharon Holmes, die nicht imstande ist, ihre Ehe und sich selbst aus der Einsamkeit zu lösen. Schauspielerisch ist das, bei aller Verweigerung von Identifikationsmöglichkeiten, durchweg erstklassig. Val Kilmer spielt Holmes einerseits als windigen Schnorrer, der zum Schuldenausgleich sogar seine Freundin in die Prostitution treibt, andererseits ist er aber auch ein im Inneren zutiefst verwundeter Menschen, der Anerkennung mehr als alles andere vermisst. Etwas wie Mitleid weckt er dennoch nie, dafür ist dieser John Holmes bereits in eine zu dominante Armseeligkeit abgestiegen, die von Kilmer mit flirrenden Bewegungen und mimischer Ausdruckskraft verkörpert wird. Als Frauen in Holmes‘ Leben überzeugen Friends-Star Lisa Kudrow und besonders Kate Bosworth, die einen in ihren Regungen zum Ex-Pornoking manches Mal verdutzt zurück lassen, jede noch so kopfschüttelreife Handlung aber mit Würde (Kudrow) und zerbrechlicher Hoffnung (Bosworth) erfüllen. Dylan McDermott spielt David Lind mit der nötigen Undurchsichtigkeit, um die Spannung des Tatherganges aufrecht zu erhalten, nachdem er den Cops im Verhör davon berichtet hat. In seiner eigenen Version eher besonnen, ist Lind in Holmes‘ Variante der Geschichte jähzornig und unberechenbar, beides spielt McDermott sehr gut aus.
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Allen Darstellungen, sowie der Story selbst kommt dabei entgegen, dass Cox im Laufe der Handlung die visuellen Spielereien reduziert und den Montagen, wenn er sie einsetzt, mehr Nutzen und Gewicht mitgibt, wodurch das Rätsel um den vierfachen Mord aufrecht erhalten bleibt. Die später aus Holmes‘ Sicht ein zweites Mal erzählte Geschichte wird zwar nicht ganz sauber aufgefaltet, da einige Ereignisse nahezu bleiben, wie sie bereits präsentiert worden sind, wodurch das Geschehen zwischendurch an Fahrt verliert. Die dreckige, in keine andere Richtung als geradewegs ins Verderben führende Stimmung wird allerdings bis ins Vollste durchgezogen, gegen Ende werden die Morde der Wonderland Avenue, zwar von Dunkelheit und Zwielicht größtenteils verschleiert, aber doch mit nicht zu unterschätzendem Härtegrad abgebildet und subjektiv aufgedeckt.
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Wonderland bietet dem Zuschauer keinerlei Bezugspunkte, gerade deshalb aber einen teils faszinierenden Einblick in ein Milieu, dessen Auswirkungen wohl niemand am eigenen Leib erfahren wollen würde. Moralisch bleibt der Film dabei wertfrei und hält sich mit aller Neutralität aus der Verantwortung, seine Charaktere zu beurteilen, heraus. Eine starke Besetzung (zu der auch Paris Hilton gehört, die gerade so schnell genug wieder verschwindet, um nicht negativ aufzufallen) um Kilmer, Bosworth, Kudrow, McDermott und auch den kraftvollen Josh Lucas, eine zwar leicht überreizte, aber stimmungsschaffende visuelle Gestaltung und ein phasenweise brüchiger, dennoch bei der Stange haltender Spannungbogen zeichnen Wonderland aus und machen ihn zu einem abgründigen Trip. Der einem allerdings soviel gescheiterte Existenz und Mitleidlosigkeit am Schicksal seiner Protagonisten entgegenwirft, dass er auf jeden Fall keine leichte und vielleicht teils sogar arg schwer bis unverdauliche Kost ist.

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