Review

Gesamtbesprechung

Durchaus erfahren mit Verschiebungen bzw. Verzögerungen 'seiner' Produktionen musste Darsteller Ruco Chan, welcher mit als das Aushängeschild seines Haussenders TVB für deren Actionserien gilt, gerade in den letzten wenigen Jahren so einiges an Geduld beweisen. Zwar ist ihm dieser Vorgang des Hinauszögerns der Veröffentlichung spätestens seit der 2011 gedrehten, aber erst 2014 ausgestrahlten Polizeiserie Ruse of Engagement bekannt, hatte Chan bis zum Sendetermin von eben dem Sinister Beings hier im Mai 2021 gleich drei High-Profile-Werke in der Pipeline; Chinatown sollte (auch nach Aufschiebung) im Herbst 2020 starten und wurde quasi in letzter Minute wieder gecancelt (man munkelt den Einfluss der Festlandchinesen) und das im Pandemiesommer 2020 gedrehte Super Emmissary a.ka. I've Got The Power ist ebenso noch in der Post-Production 'verankert' wie das Crime  Guardian of the Dark Night. Mittlerweile hat Chan damit und dies trotz seiner Reputation auch als Quotengarant ganze drei Jahre nichts Neues abgeliefert, aus dem Augen, aus dem Sinn quasi wurde schon befürchtet. Sinister Beings selber wurde angesichts der veränderten, sich nicht gerade positiv entwickelnden politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse in HK durch den immer fester zupackenden Griff der VRC als zuweilen als problematisch gemunkelt, hat aber dann doch für Zuspruch sowohl beim einheimischen Publikum in der Sonderverwaltungszone, mit Viewership Points für das Jahr guten 26.4 gesorgt; auch auf dem Festland soll von Interesse der Zuschauer die Rede sein:

Senior Inspector Hui Chun-sum [ Ruco Chan ] kehrt nach einem kurzen Abstecher der geplanten Versetzung in die Special Duties Unit (SDU) nach einem verheerenden 'Zwischenfall' in seine alte Einheit der Organised Crime and Triad Bureau (OCTB) zurück, wo er unter Aufsicht von Senior Superintendent Mok Chun-pong [ Joseph Lee ] das Team A leitet. Team B wird neuerdings von Senior Inspector Sum Wai-lik [ Ben Wong ] geführt, der als besonnener und mehr den Regeln verpflichtet gilt, aber bald durch eine romantische Anbahnung mit der Anwältin Hazel Chung Ka-yu [ Joman Chiang ] etwas den 'Kopf verliert'. Sum selber geht dafür privat dem Zwischenfall, einem Anschlag ausländischer Kräfte auf die SDU nach, wofür er auch die Kräfte der Hackerin Ana Cheung Hei [ Crystal Fung ] miteinbezieht, die sich währenddessen in den Polizisten verliebt, welcher allerdings glücklich mit der beim CIB unter Senior Inspector Ku Shing-kwan [ Gabriel Harrison ] tätigen Kollegin Sergeant Ma Wing-sze [ Rosina Lam ] verlobt ist. Bald stoßen die Gesetzeshüter vereint auf das Businesskonglomerat Ngai Fung.

Aufregender als der generische Titelsong, eine Art maskulin aufreibende Ballade, sind schon die sachgerechten Bilder dazu, gefangen zwischen bereits andeutender, zupackender, aber auch kriminalistisch und investigativ tätiger Polizeiarbeit, gibt es Action- und Massenszenen, gibt es Überfälle, motorisierte Konfrontationen und Standoff auf Häuserdächern, wobei dort auch eine Gegenüberstellung von Protagonist und möglichen Antagonisten und dazwischen ein langes Vorspiel deutlich wird. Suchaktionen im Wald, die Zuhilfenahme der modernen forensischen Technik, ein Scharfschützenattentat als weitere Einstellungen im 'Teaser', aber auch offene und auch heimliche intime Bilder. Am Ende dreht sich die Welt einmal um Achse und stellt sich auf den Kopf, beruflich und privat im Zerrbild, die Geschichte und damit der Weg dahin beginnt.

Die Eröffnung ist dabei wie aus dem Lehrbuch des zeitgenössischen kantonesischen Polizeifilmes, eine seit  längerem laufende Observation einer mit vietnamesischen Gangstern besetzten Räuberbande in Tai Kok Tsui, die bis kurz vor knapp planmäßig erfolgt, aber dann doch ent- und aufgedeckt wird und in versuchter Flucht, versuchter Festnahme und erster Auseinandersetzung eskaliert. Im lokalen Film ist das so gut wie kein Thema mehr (es sei denn bei chinesischen Co-Produktionen), im lokalen Fernseher dafür immer noch und vergleichsweise auch immer mehr, hier in der Vorbereitung durchaus mustergültig knapp und präzise gehalten und gleichzeitig verbal und über die Kamera erzählt. Folgend werden umherstehende Autos als Deckung und entsprechend fleißig unter Beschuss genommen, Explosionen ausgelöst, Glas zerberstet und Metall wird durchdrungen, da ist die Einsatztruppe der SDU noch gar nicht vor Ort und noch gar nicht taktisch kampfbereit involviert. Ein Auftakt nach Maß zumindest, wenn man die Herkunft heranzieht, ist wie gewohnt für TVB das Mündungsfeuer aus dem Computer und wird der einmal getätigte Aufwand der Szene nicht vollständig ausgenutzt und nicht komplett Rechnung getragen, die Straßenschießerei ist nach einem Nahkampf in der Seitengasse vorbei und werden vorher noch Uniformität und Attraktivität der Gesetzeshüter und die Kunst der Anwendung von Zeitlupen zelebriert.

Die erfolgreiche (blutige) Polizeiaktion – eine Kopie einer ganz ähnlichen Eröffnungsfeier in Eye of the Sky (2015, auch mit Chan) – als Auslöser für Veränderungen, Wechsel in der Lebenssituation und der Hierarchie stehen an, wollen einige den Transfer zu anderen Einheiten und bekommen Andere einen neuen Vorgesetzten und damit irgendwo auch eine Rivalität für die Verbliebenen vor die Nase gesetzt. Ein Reihum im Polizeirevier, welches wie gewohnt wie frisch gewienert ausschaut und wo sich unter dem Maßanzug der Beamten der höheren Laufbahn mancherlei Unwesen auch bildet und nicht alles Sein dem Schein entspricht. Eine Vielzahl von möglichen Verbindungen und Verstrickungen werden eingeworfen, unterteilt zwischen Vorgesetzten und Untergebenen, zwischen den einzelnen Teams einer Abteilung und auch zwischen den jeweiligen Abteilungen selber, die unterschiedliche Aufgabenstellungen haben und dennoch Überschneidungen im Kampf für das Gesetz und gegen ihre Brecher. Zur Aufheiterung des Ganzen gibt es folgend noch eine kompetent gefilmte mehrteilige Autoverfolgungsjagd im Industriegebiet und einen strammen Zusammenschnitt der Aufnahmeprüfung für die Spezialeinheit der Flying Tiger, plus als vorläufiger Abschluss eine großangelegte Anti-Terror-Übung, die prompt mit tatsächlicher Munition und echten Angreifern zum fatalen Ernstfall wird, als bald ausartender Cross-Department-Drill. Die Inszenierung dessen ist trotz Gastauftritt des deutlich gealterten Chin Siu-Ho zwar etwas holprig, der allgemein gemachte Aufwand nicht bloß im direkten Vergleich zum zeitgleichen und (anfangs) enttäuschend ereignislosen Shadow of Justice von Kollege Bobby Au-Yeung allerdings sehr erfreulich. Auch die gewählten Schauplätze sind etwas größer und edler von Umfang und Ausstattung her, die Geschichte(n) und auch ihre Behandlung ist eindeutig eine cock-and-bull story‎, ein Ammenmärchen, das Areal nicht Realismus, sondern elitär.

Folge 2 legt natürlich eine etwas andere, ruhigere Gangart ein, die teilweise nur durch die Zwischenschnitte und Art der Überblendungen (sowie folgend noch viel wuseliges Nachtclubgeschehen in Lan Kwai Fong) Geschäftigkeit antäuscht, beschäftigt sich eher mit den Nachwehen des Massakers, dem knapp ein Dutzend Sicherheitskräfte zum Opfer gefallen sind und wo die gesamte Polizei eher vorgeführt, Medien und Bevölkerung werden beschwichtigt, Wunden geleckt, Erkundungen angestellt; in einem riesigen Zeitsprung von drei Monaten übrigens, der bis dahin nur eine Verfolgung eines Verdächtigen durch ein Treppenhaus und das Stellen auf dem Häuserdach nach erbitterter Gegenwehr sowie am Ende der Folge das Schnappen eines Mittelsmanns bzw. eine weibliche Mitarbeiterin (nach einem Fischzug im Darkweb, oder was man sich hier darunter vorstellt) einschließt. Die Hauptfigur wirkt hier schon leicht ausgebremst und wie zwischen mehreren Stühlen pendelnd, sowohl als fiktive Person als auch vom Darsteller her, der zwar optisch attraktiv ist und kantig, aber dennoch nicht wirkliche Präsenz aufweist und trotz mehrerer Star-Offensiven (wie Captain of Destiny, Unholy Alliance, A Fist Within Four Walls etc.) in den letzten Jahren und eben dem Nimbus als Actionheld eher wie ein großer Junge im Männerkörper wirkt. Für die Geschichte her ist das Durchwachsene und Fehlerhafte durchaus hilfreich, den Auftrag der Ermittlungen hat ein Anderer bekommen, der Neuling, der aber ebenso einen Ruf hat und der eben auch kein Fähnchen im Wind und kein Pendler zwischen den verschiedenen Abteilungen, je nach Lust und Laune ist. Die Person ist relativ schnell off, angezählt, abgelenkt und halb auf illegalen Wegen, was sie dennoch interessant macht; weitere Darsteller sind noch eher zweite Wahl und unauffällig, dafür aber relativ frische Gesichter, wenn schon austauschbar und bessere Statisten.

Folge 3 dreht sich um ein großangelegtes Kidnapping, einer milliardenschweren Triadendame auch noch, die direkt aus ihrem privat gebuchten Spa aus einem Hochhaus und dies trotz Bodyguards vor der Tür entführt wurde, und wo nun sowohl die Polizei als auch der Untergrund Gewehr bei Fuß steht, um zu intervenieren. Folge 4 geht mit dem Lösen dieses Falles weiter, und bringt etwas Schwung in die Bude, gibt es körperliche Auseinandersetzungen mit einem Informer auf einer Art Abenteuerteuerspielplatz und mit einem verdächtigen Thai Boxer in dessen Gym; insgesamt stehen drei Festnahmen an, wobei die letzte auf dem Airport und kurz vor Abflug nach Australien vonstattengeht. In Folge 5 wird eher zufällig ein Terrorist wegen einem Minimalverbrechen inhaftiert, der auch prompt einen Fluchtversuch aus dem Polizeirevier und dies mit Waffengewalt anstrebt. In Folge 6 setzt man sich auf die Fährte eines ehemaligen Bankräubers, der vor zwei Jahren entlassen wurde und sich seitdem ruhig verhalten hat, aber seine alten King of Robbery Tage mitsamt seiner Gang AK47 möglicherweise wieder aufleben lässt. In Folge 7 gibt's eine erfreulich ausgedehnte, mehrminütige Gefangenenbefreiung/Attentat in einem Mongkoker Hospital, bei dem sich mit schwerem Waffeneinsatz durch die Etagen und Treppenhäuser duelliert wird; plus als Überleitung zu Folge 8 einen Triadentoten in New Territories, der eigentlich auch mit zur kommenden Election zur Verfügung gestanden hätte. Der Fall selber zieht sich bis kurz vor Ende von Folge 10, inklusive viel Forensik, viel Wendungen und Zufall und auch mit zwei Gerichtsverfahren, was im Guten und eher noch im Schlechten an ähnliches Prozedere aus Forensic Heroes IV erinnert. Ein erstaunlich schwach geschriebener und noch zusätzlich erbärmlich schwach inszenierter Cliffhanger mit einem außer Kontrolle geratenen Auto runden das erste Drittel in einer durchwachsenen Enttäuschung ab.

Ab Folge 11 geht das Gemauschel aus diversen 'Fällen der Woche' im Rahmen der großen Handlung weiter, wird nun ein Mordfall in Myanmar aufgeklärt, der von HK-Touristen auf ihrer Ausflugsreise begangen wurde. Der Täter selber steht zwar beizeiten fest, hat aber auch gute 'Ausrede' vorzubringen, was erneut die Strafverteidiger und auch etwas Grundsatzdiskussion in der Bevölkerung involviert. In Folge 13 wird mit dem Triaden Master Kwok Ho, gespielt von Gaststar Matt Yeung, ein aufstrebendes Gangmitglied eingeführt und in derselben Folge auch als langjähriger (und bald wie vom Erdboden verschwundener und von allen Seiten des Gesetzes gesuchter) Undercover offengelegt. In Folge 15 wird eine sektenähnliche Glücksgemeinschaft namens "Life Transformation Course", geleitet von Gaststar Timothy Cheng, per Zufall 'infiltriert', was in Folge 16 zu einem ausschweifend geplanten Giftgasanschlag eskaliert. In Folge 17 geht es um Grundstücksspekulanten in To Kwa Wan, die potenzielle Gebäude von Triadenschergen drangsalieren und leerräumen lassen; im Hintergrund dessen wird ab da an auch vermehrt auf das Businesskonglomerat der Ngai Fung Company, Ltd. geschielt, in dem ein Machtkampf mehrerer Großanteilseigner, speziell der zerstrittenen Familie um Hauptaktionär Marco Ngai Chi-Lok, gespielt von Jonathan Cheung, und dessen Onkel Ngai Dung Hoi, gespielt von Li Shing Cheong, eine gewichtige Rolle in der weiteren Geschichte spielt. In Folge 19 steht ein Hackerangriff auf ein Hotel im Vordergrund, bei dem die Gäste elektronisch in ihre Zimmer ein- oder ausgesperrt werden. Auch Folge 20 wird es digital, wird dort nämlich eine berühmet Schauspielerin entführt und im Dark Web feilgeboten; beides Thema, die man eigentlich besser in der (sehr biederen) Krimiserie On-Lie Game über die Arbeit des Cyber Security & Technology Crime Bureau hätte erzählen können. Und auch jeweils mit zwei, drei erstaunlich schlecht gehandhabten, und mit deutlichen Rückprojektionen und ähnlichen Nachlässigkeiten 'verzierten' Actionszenen.

Letztlich ist das Ganze eine ziemliche Räuberpistole, nicht ohne Unterhaltungswert, aber sehr cheesy, mit einem Psychopathen-Ehepaar im letzten Drittel, welches ordentlich Hass auf sich zieht. Ausflüge dort nach Thailand, speziell Kanchanaburi und die 'Todeseisenbahn' sorgen noch für etwas Abwechslung und einige Postkartenaufnahmen, während eine zunehmend problematisch werdende Dreiecksbeziehung in HK, ein One Night Stand im Suff und in Folge 29 ein Söldner-Attentat auf die in Feierlaune versammelte OCTB-Mannschaft die emotionale Fallhöhe noch einmal hochschraubt.

Details
Ähnliche Filme