Einer der Beispiele für ein durchaus abwechslungsreiches Serienprogramm und damit Angebot für die lokalen Zuschauer seitens TVB (=Television Broadcast Limited) auch im Jahre 2020 und auch für entsprechende Annahme dieser Produktionen, wurden seit Beginn des Jahres nahezu durchweg gute Einschaltquoten eingefahren und ist auch (das verspätet, dann aber erfolgreich gestartete) Death by Zero darunter zu zählen. Ursprünglich als Anniversary Drama bereits für 2019 geplant und gesetzt, wurde die ehedem als Assassins benannte Serie aufgrund eines politischen Kommentars seitens der dritten Hauptdarstellerin Ali Lee – zugunsten der Unabhängigkeit von Hongkong gegenüber der VRC – wie auch die Schauspielerin selber 'eingefroren', bis sich der Unmut der chinesischen Netizen beruhigte und andere Prioritäten anstanden.
Produzent Joe Chan, welcher später auch eine Kürzung der Szenen von Lee bestritt, schwebte bei dem Hintergrund der leicht comigal angehauchten Idee um zwei Attentäter als (Anti)Helden der Geschichte eine bunte Variante von Leon: The Professional vor, eine Action-Comedy mit leichten dramatischen Elementen, die durch zwei eher ältere männliche Darsteller als sonst für den Sender üblich getragen wird und somit auch eine gewisse Prominenz von Tradition und gar Kino aufweist. Die Rollen der beiden Kontrahenten, die nicht nur mit sich selber und den Veränderungen des tödlichen Geschäftes zu tun haben, sondern auch mit frischer (weiblicher) Konkurrenz, werden von den erfahrenen Wayne Lai, Jahrgang 1964, und Moses Chan, Jahrgang 1971 gegeben; beide Männer kennt man auch von der großen Leinwand, was der ansonsten (vergleichsweise) modernen Behandlung eine gewisse Altehrwürdigkeit beigibt.
Yim Mo [ Wayne Lai ], Spitzname 'Lizard' war vor Jahren mal der Top-Killer in HK und Umgebung, hat diesen Ruf aber mittlerweile an Kiu Sing [ Moses Chan ] abgegeben und hält sich sowieso mehr schlecht als recht über Wasser, auch die Aufträge seiner Agentin Mrs. Fong [ Helen Ma ] werden zunehmend spärlicher. Yim Mo muss sich aber wieder etwas aufraffen, gerät doch sowohl seine Langzeitfreundin Lulu Han [ Elena Kong ] nicht nur in finanzielle Bedrängnis als auch seine blinde, ohne ihn aufgewachsene Tochter Megan Yim So-chi [ Louisa Mak ], die aufgrund ihres Freundes Parker Kwan Kai-Yeung [ Brian Tse ] [ Brian Tse ] ohne dessen Willen in Triadenkreise hineingezogen wird. King Sing selber, der mit dem Spitznamen "Zero" die Gegend auf seine Art und Weise unsicher macht oder auch bereinigt, je nach Ansicht, hat aufgrund seiner Reputation und seines Agenten Charlie Chan [ Timothy Cheng ] bessere Chancen im Leben als auch in der Frauenwelt, liegt ihm doch der weibliche 'Cleaner' Lam Sum-sum [ Samantha Ko ] zu Füssen als auch bald deren Freundin Cash Chin Heung-sing [ Ali Lee ], die auch als Assistenten bei Kiu Sing anfangen will. Ärger machen aber bald und dies unterschiedlich motiviert und unterschiedlich organisiert Or Ching-Hung [ Lam Lei ], eine Gestalt aus der Vergangenheit, dessen Tochter Man-Man [ Kaman Kong ], die neue und teils äußerst brutal vorgehende Attentäterin Nana a.k.a. 'Dark Angel' [ Katy Kung ] und CID Police Constabel Tsui Yuk-Fung [ James Ng ].
Wayne Lai hat u.a. in Killer's Expiry Date (1998) einen Hitman gespielt, wegen Lai bleibt man auch die ersten Minuten im Einstieg an der Serie dran, die – in einer Rückblende von fast zwei Dekaden zuvor – mit einer schwachen Clubszene und einer vermeintlich amourösen Taxifahrt anschließend eher auf niederen Niveau weitergeht. Der Paukenschlag kommt unvermittelt und dennoch erwartbar, fällt die Tarnung vom scheinbar nur auf Abenteuer aus befindlichen Betrunkenen ab und wird er zu einer Kampf- und Tötungsmaschine, ein Auftragsmord in einer Gebetsstube, in der nicht nur das eigentliche Ziel, ein Gangsterboss, sondern auch seine chancenlose Leibgarde zum Opfer werden, durch die Räumlichkeiten gekickt, gestoßen oder anderweitig erledigt. Die Action für Zeit, Herkunft und Darsteller in der Szenerie dabei erstaunlich gut gehalten, leichte Unterstützung im Effekt durch den Einsatz von Wirework, dafür aber einige gute Bewegungskombinationen, und der Sinn für Montage und Choreografie. Eine Mischung aus alt und neu, aus Kino und Fernsehen, aus der Tradition von früher mit frischen Einflüssen, was problemlos seine Wirkung hat und problemlos den ersten nötigen Appetizer (und die Erklärung dafür erst in einer weiteren langen Rückblende in Folge 9 dann) setzt.
Im Titelvorspann dann auch viele Bilder von Gewalt und Vernichtung, allerdings tatsächlich over-the-top gehalten, in Comicästhetik und auch in etwas, was man die Nullerjahre als Grindhousekino bezeichnete, also das Übertriebene und den Trash sich selbst verständigend, ein angestrengtes über das Maß Hinausschießen, was so auch von den Filmemachern dort gewollt war, aber beizeiten seine Abnutzungserscheinungen hatte und heute eher unbeholfen bis peinlich in der Anlage schon wirkt. Gute zwanzig Jahre sind diese Werke jetzt her, gute zwanzig Jahre sind auch hier vergangen, als die Geschichte weitergeht. Die Zeiten haben sich geändert, Menschen werden älter, nicht unbedingt weiser, müssen naturgetreu aber zumindest den Tribut der körperlichen Aktivität zahlen, sodass die nächste Actionszene, eine Verfolgung durch eine Überführung, das Hineinstoßen des Flüchtenden in einen Maschendrahtzaun und anschließend eine wilde Rangelei eher grobmotorisch statt elegant und eine ziemlich anstrengende Angelegenheit für den nunmehr gesetzten Auftragskiller ist. Die Pumpe will nicht mehr so richtig, die Knochen schmerzen, die Knieschoner helfen nur ein wenig und der Flachmann hinterher ist nicht bloß zum Verschnaufen nötig.
"Nothing comes cheap in Hong Kong, except human lives." heißt es ein paar Stunden und ein paar Meter weiter, getreu dieser Aussage spielt die Serie in eher schäbigen Behausungen, in der Unter- bis Mittelschicht, in Dienstleistungsgewerben, bei Wohnungsvermietungen, bei Beerdigungsinstituten, im Bordell auch, wo man sich eine Auszeit vom Alltag und dies im Neonlicht und Plüsch nimmt. Oftmals auf der Straße und in den unteren Etagen der Gesellschaft, die Behausungen sind klein und eng, aber teuer, und nicht die eigenen, man lebt von einem Monat zum nächsten und von der Hand in den Mund. Ein Ausweg aus der Misere gibt es auch, aus den Schulden heraus, aus der winzigen Butze mit dem Campingtisch in der Wohnstube, aus dem mickrigen Bankkonto, dass noch bei 311,69 HKD steht, in das bessere Milieu, welches hier bei einigen auch vorhanden ist und eher erstaunlich mediterranes europäisches Interieur aufweist. Natürlich muss dafür getötet werden, und natürlich ist das ein Job, in dem ein 'großes Tier' mit vielen Ex-Militärs als Bodyguards auf der Auftragsliste ist, ein Job, an dem vorher schon ganz andere verzweifelt sind und das eigene Leben als hohes Risiko auf der Sollseite steht. Wie das ausgeht und wie das verläuft, wird im letzten Drittel von Episode 1 geklärt, auf jeden Fall geht es anders aus als geplant, auch anders als in einem Tagtraum sich gewünscht und vorgestellt, auch erst im zweiten Versuch und eigentlich beim Rückzug daraus wird notgedrungen zu den Waffen gegriffen; eine Schießerei während einer Privatparty, die u.a. in einen sportlichen Wettlauf des Nachts über den Zivilisationsparcour der Stadt übergeht. Und wo man am Ende des Tages selbst eine Waffe vor dem Gesicht sieht.
In Folge 2 wird ein Frauentrio in die Szenerie eingeführt, außerdem und zusätzlich und auch deswegen wechselt die Perspektive hier nun eindeutig mehr zu Zero selber, der mit seinem (leeren, da als größeren Hobbyraum genutzten Privat)Café eine Art feste Kulisse, wie den Schauplatz einer (düsteren) Sitcom und wo die nächsten Treffen und Dialoge meist stattfinden und die Serie sowas wie eine Heimat besitzt. Zusätzlich zu den neuen Figuren und der Erweiterung des seriellen Horizontes werden auch gleich weitere Opfer präsentiert, Teilnehmer einer touristischen Tour nach Thailand, die im Anschluss der Reise tot und oftmals verstümmelt im Genitalbereich aufgefunden werden und so unter den Anwohnern des Bezirkes die Rede von einem übernatürlichen Fluch die Runde macht, dahinter aber laut Zeros Meinung ein dies als Modus Operandi nutzender Assassin steckt. Falsche Finten, offene Fragen, Vermutungen, Andeutungen und ein Cliffhanger beenden die Episode, wobei wieder das Leben von Lizard auf dem Spiele steht.
Wer ihm da ans Leder will und wer auch für die Meuchelmorde zuständig ist, wird in Episode 3 mit einem (weiblichen) Neuzugang gezeigt und geklärt, mit jemand, die ihren Job wirklich liebt und auch umsonst für Arbeiten, ohne Entgelt also auch töten würde und der die Mordlust tatsächlich auf die Stirn geschrieben ist. Die Mischung der Serie aus schwarzen Humor, einigen Grausamkeiten, die mal mehr visualisiert werden und mal weniger, der insgesamt Überhöhung oder auch Verfremdung des Geschehens und teils einer aggressiven Sexualität sowie dem gesamten Thema ist nicht immer geschmackssicher, wirkt teils auch gar nicht wie von TVB, wodurch aber auch eine gewisse Unsicherheit in der Behandlung und eine gewisse Unvorhersehbarkeit des Ganzen entsteht. (In Folge 12 wird ein Auftragsmord an einem Polizisten im Zeugenstand mit einiger Reminiszenz an den Accident Man, 2018 inszeniert.) Die Episode hat auch wieder mehr Aktion, zwei Zweikämpfe und eine Auseinandersetzung mit taiwanesischen Triaden, die mal besser und mal schlechter, hier in dem Fall eher unbefriedigend inszeniert sind.
Episode 4 ist die Vor- und die Nachgeschichte dessen, ein Aufbrechen der chronologischen Struktur, die zudem mit einer Gastrolle von Kaman Kong aufwartet, und zumeist weiterhin in Taipeh und v.a. dem Nanjichang Night Market spielt, Episode 5 macht u.a. ein Ausflug ins Dörfchen Ping Che, der Ta Kwu Ling Area kurz vor der Grenze nach China, und sieht auch einen weiteren (urbanen) Hit vor, wobei sich das Gegenüber hier (in einem Parkhaus) eifrig wehrt und dabei auch in den Besitz einer Pistole zur Verteidigung kommt, während einer der Killer bloß mit zwei Messern und der andere dann in 'Notwehr' mit dem Auto als Rammbock agiert. Episode 7 hat zwei schauspielerische Glanzstückchen von den festen Nebenrollen Gloria Mak und Katy Kung aufzuweisen, die die Serie dramentechnisch fundamentieren und auch auf eine neue Ebene hieven, außerdem zwei Kampfszenen, die wieder mal etwas besser inszeniert sind, trotz teils höheren Wireworkeinsatz, wobei darin auch eine Mordermittlung von zwei Parteien integriert sind, und in der Episode selber sich auch der Vorbau für einen Streit unter Triadengruppierungen, einmal einer lokalen und einer aus Taiwan entspinnt.
Dahin geht es auch in Episode 8 wieder, diesmal mit beiden Auftragskillern Zero und Lizard im Gepäck und diesmal als Art Gespann, die auch gemeinsam einem Überfall auf der Straße entgehen müssen und einer Verfolgungsjagd per Motorroller (und der sie filmenden Fischaugen-Kamera) entrinnen, während zu Beginn von Episode 10 und damit nach einer lang erklärenden und auch recht aktionsreichen Rückblende in Episode 9 auch schon die Konfrontation mit einem vermeintlichen Endgegner ansteht und sich mit dem Tode dessen schon mehrere Erzählstränge in Luft auflösen; eine Hoppladihopp-Unterbrechung mit u.a. einer Sniperfalle von drei Seiten in einem Containerhafen und letztlich auch einem Dreikampf auf einer Brücke. Im zweiten Drittel der Serie wird mit dem Triadenhäuptling Fred Chu Cheung-fat a.k.a. Buddha [ Lee Shing-Cheong ] eine weitere Persönlichkeit und dies auf den Seiten der Bösen errichtet (plus einige Assistenten der bisherigen Assassinen engagiert), Buddha geht in all seinen Belangen über Leichen und kümmert sich nicht um Kollateralschäden und auch sonst um nichts, was plus noch folgend einem mysteriösen 'Assassin Hunter' zunehmend Ärger für alle anderen Beteiligten macht und die Schlinge um alle enger zieht.
Leider ist dennoch ab etwa die Hälfte der Laufzeit, also um Folge 14/15 in dem Dreh bis ca. (der starken) Folge 22 die Luft spürbar raus, die beiden männlichen Hauptdarsteller haben kaum Bezugspunkte und wirken wie in parallelen Soloserien, ihr persönliches Umfeld stagniert und die Geschichte gleich mit, die anfänglich interessant gemeinte Mischung des Projektes zeigt mehr Schwächen als Stärken auf und wird phasenweise mit viel zähem Beziehungsgeplänkel aufgefüllt, die Komik ist nicht komisch, Dramaansätze verpuffen, das Setting wirkt wie ein uninspirierter Tarantino-Klon plus einigen Regeln wie aus dem John Wick - Universum, und was sich beides zudem fatalerweise noch um 'Realismus' bemüht. Das ist nicht Fisch und nicht Fleisch, gleichzeitig bunt und invertiert und schwarz/weiß, vor allem auch die auffällig viel gelobte Ali Lee scheint in ihrer Rolle nur zu chargieren und ist nicht bloß nahezu Mittelpunkt vieler Szenen, sondern beizeiten auch nervig bis unsympathisch auswirkend angelegt.