Review

Schlimmer geht’s immer, so heißt es ja immer wieder, und THE MEDAILLON beweist die Richtigkeit dieses Spruches. Schon nach TUXEDO war der geneigte Fan ja im Allgemeinen nicht so begeistert, um so mehr freute es alle, das Jackie Chans nächster Film wieder ein HK-Film werden würde, mit dem größten Budget, das je für einen HK-Film verpulvert wurde, mit Gordon Chan einen Action-erprobten Profi als Regisseur, der nach 2000 A.D. ja durchaus einer der Hoffnungsträger des Genres in HK war, als Actionregisseur Sammo Hung, an der Kamera Arthur Wong, was um alles in der Welt sollte da noch schief gehen. Nun, nach Sichtung des Werkes muss man sagen, sehr viel bis fast alles. Als Erstes fehlt dem Film jegliches HK-Flair. RUSH HOUR 2 sieht gegen THE MEDAILLON aus wie ein waschechter Eastern. In HK gilt offensichtlich die Faustregel, dass die Höhe des Budgets unbedingt direkt proportional zur stilistischen Annäherung an das Hollywood-Kino zu sein hat. Bei einem 40Millionen US Dollar-Budget ist klar, das dieser Film näher am typischen US-Film ist als eine durchschnittliche Bruckheimer-Produktion. Schon die Opening-Credits wollen vergessen machen, dass wir hier einen HK-Film vor uns haben, in dem die Masse der genannten westlichen Mitwirkenden die paar HK-Chinesen glatt erschlägt.
Die Inszenierung lässt dann viel Raum für all die schönen Dinge, die unsereins ja so am Hollywood-Film liebt, wie z.B. Zeit für falsche Gefühle und Tränen, inkl. solch schöner Sätze wie:"Ich wünsch Dir Gottes Segen". Auch der Spaß darf nicht zu kurz kommen, und da Jackie ja als der Steven Seagal des Ostens gilt, muss man ihm wieder mal einen wahnwitzig witzigen Partner zur Seite stellen. Chris Tucker verprasste wahrscheinlich gerade sein Honorar für RUSH HOUR 3 , so musste halt sein weißer Reagenzglas-Bruder Lee Evans herhalten, den man wohl schon in SOMETHING ABOUT MARY witzig finden sollte. Ha!
Ganz wichtig auch der Soundtrack, der all den unsensiblen Gestalten im Publikum akustisch das näher bringen muss, was der Film allein nicht schafft. Wie so oft ist das Ergebnis ebenso professionell wie unbefriedigend, dem gemeinen West-Zuschauer wird’s aber sich nicht stören, genauso wenig, wie ihn die sporadisch eingestreuten Popsongs von Größen wie April Lasagne und artverwandten Krachmachern nerven dürften.
Die Optik des Filmes präsentiert sich solide, ohne dabei Akzente zu setzen, von Arthur Wong ist man doch mehr gewohnt. Apropos Optik, Jackies Flamme Claire Forlani (sollte man die kennen, nur weil sie Nicolas Cages Betthupferl in THE ROCK gewesen ist?) sieht okay aus, verspielt diesen Bonus aber mit ihrem dümmlich bis unangenehm glücklich wirkenden Dauer-Grinsen. Und warum sie als Weiße die Freundin von JC ist, während dessen Gweilo-Partner die süße Christy Chung zur Gemahlin hat erschließt sich mir nicht ganz. Ist vielleicht witzig. Ha!
Nun zur Action: Wenn Sammo Hung für diese verantwortlich ist, sollte man eigentlich vom Besten ausgehen. Und tatsächlich findet sich in der ersten halben Stunde manch netter Move, der auch vor 10 Jahren nicht gänzlich schlecht ausgesehen hätte. Gedanken an frühere Werke wie DRAGONS FOREVER, WHEELS ON MEALS oder sogar THUNDERBOLT sollte man aber trotzdem lieber unterdrücken, man wird sonst zu früh enttäuscht. Nun hatte ja bekanntermaßen irgendein Genie (wahrscheinlich Alfred Cheung, der Story-Autor) die Granaten-Idee, uns Jackie im späteren Verlauf übermenschliche Kräfte zu verleihen, was dazu führt, dass die Action so absurde Ausmaße annimmt, das TUXEDO dagegen realistisch wirkt. Absolut enttäuschend. Ich bin ja nun gern bereit, ein gewisses Maß an Strippenzieherei zu tolerieren, aber wie jemand in HK auf die Idee kommt, das höchste Budget in der Film-Geschichte dieser Stadt in einen Streifen zu investieren, der ähnlich zackig und realistisch wie der lahme BULLETPROOF MONK daherkommt, obwohl der Hauptdarsteller der Legende nach ja alle Stunts selber durchführen möchte (wie freue ich mich immer, wenn ich das im TV-Movie-Kommentar zu fast jedem ausgestrahlten JC-Film lesen darf), wird wohl immer das sahnige Geheimnis der EMG-Entscheidungsträger bleiben. So versinkt THE MEDAILLON im Wust all der CGI-enhancten Action-Movies mit Martial-Arts-Komponente, die in der letzten Zeit so häufig die Leinwände unsicher machen (DAREDEVIL, CHARLIES ANGELS, BPM, u.v.m) und sieht auch unter ihnen nicht übermäßig gut aus.
Wobei nicht verhehlt werden soll, dass sich wie aus Versehen immer mal wieder eine gelungene Szene in die Superhero-Action mogelt, so darf Christy Chung einen sehr schönen Kick austeilen, und auch Claire Forlani wirkt beim Kämpfen fast überzeugender als beim Lächeln oder beim Lustigsein.
Julian Sands ist als Bösewicht ebenso blass wie als Kämpfer schlecht, wenigstens darf er kurz vor seinem Ableben noch mit zwei bunten CGI-Drachen durch seine Burg fliegen, wenn das mal nichts ist.
Anthony Wong macht eine gewohnt gute Figur, hat aber in der dt. Fassung eine derart unpassende Stimme, dass ich mich auch über seine Auftritte nicht richtig freuen konnte.
Also Bonus gibt’s übrigens noch eine Cameo von Nic Tse und, hurra, Edison Chen. Prima.
Fazit: Wem TUXEDO zu bodenständig und Chris Tucker zu schweigsam war, wem Jennifer Love Hewitt zu gut aussah und wem bei Jackie Chan-Filmen schon immer die Kuss-Szenen gefehlt haben, dem dürfte wahrscheinlich auch THE MEDAILLON gefallen. Hoffen wir, dass es ihrer nicht so viele sind!!!

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