Review

Oh Mann - da verschlägt’s selbst mir die Sprache.
Erwartet hatte ich eigentlich einen legitimen Nachfolger zu “The Tuxedo”, also ein dummes Filmchen, mit dem man einen langweiligen Abend über die Runden bringen kann. Gerne hätte ich diese Zeilen mit “Und nochmal dasselbe in grün” begonnen, denn das hätte bedeutet, ich wäre zumindest primitiv unterhalten worden. Das vermochte die Geschichte um den Mann mit dem Anzug nämlich. Und was ich bisher so an Ausschnitten vom “Medaillon” zu Gesicht bekam, sah ja eigentlich sogar ganz nett aus. Und dann sowas. Puh!

Jackie “medailljongliert” sich durch ein Nichts von Story, das, wäre es ein Kleid, keine Geheimnisse im Verborgenen lassen würde. Hört sich ja jetzt halb so wild an, aber wenn man sieht, wie dieser Quatsch um ein Unsterblichkeit verleihendes Medaillon aufgezogen wurde, möchte man weinend (oder alternativ irre kichernd) zusammenbrechen. Was zum...?

Verwirrung stiftet vor allem eines, nämlich die Tatsache, dass nichts, rein gar nichts erklärt wird. Es wird nicht einmal versucht. Und bei dem abgehobenen Zeug, aus dem die Handlung besteht, ist das schon ein starkes Stück. Warum muss ein schwächliches Kind den Wächter spielen? Jemand, der relativ problemlos gekidnappt - daher ja auch der Name - werden kann? Woher kommt das Medaillon? Warum verleiht es Unsterblichkeit? Weshalb funktioniert es nur zu einem Baustein vereint? Ja, wieso besteht es überhaupt aus zwei Teilen? Aus welchem Grund verpufft die alte Hülle eines mit dem Medaillon Wiederbelebten und ein neuer Körper kommt zum Vorschein? Woher kommt er? Einfach nur aus dem Off, das von der Kamera nicht mehr erfasst wird? Woher erlangen die Wiederbelebten ihre übermenschlichen Kräfte? Die interessanteste aller Fragen stellt Jackies diesmaliger Buddy Lee Evans erfreulicherweise selbst: Warum ist der neue Jackie bei seiner Ankunft nackig, Claire Forlani aber nicht? Ähm... hallo? Bitte im Sequel einen Rollentausch vornehmen. Danke!

Es verlangt ja niemand, dass alles hübsch und breit erklärt wird, aber wenigstens Ansätze sollten gegeben werden, wieso was wie der Fall ist. Wir Zuschauer werden dadurch nämlich wieder zum wissbegierigen Kind degradiert, einer Welt voller Rätsel ausgesetzt, fragend: “Papi, warum ist der Himmel blau?” Ist halt so, werden sich die Storywriter gedacht haben. Selbst schuld: Mit den Wasserversorgungsweltvernichtungseroberungsplänen aus “The Tuxedo” hat sich das Kind ja noch zufriedengestellt. Jetzt ist es aber beleidigt und nennt den Aufhänger für die SFX-verseuchte Action des “Medaillons” nun eine ganz blöde Idee. Genaugenommen, so das Kind in mir, ist die Geschichte von dem Medaillon “das total doofeste, was ich in der Welt gesehen hab.”

Taugt die Action denn wenigstens was? Ich hab’s ja schon angekündigt: Nö. Zunächst einmal gibt’s deutlich zu wenig davon. Man glaubt zwar, die ganze Zeit über irgendwie etwas Zackiges zu Gesicht zu bekommen, dem ist aber nur selten wirklich so. Die Optik ist relativ überladen, und man muss schon ziemlich gut filtern, um spezielle Sequenzen nun wirklich als Actionsegmente zu entlarven. Es sind dann schon ein paar nette Dinger dabei, gerade zu Beginn. Wirework, Effekteunterstützung, okay - das geht (in Maßen) in Ordnung. Jackie liefert uns den ein oder anderen netten Stunt sowie ein paar Spielchen mit den Baddies, wie man es kennt - obwohl man es alles viel besser kennt. Der Stauneffekt bleibt jedenfalls fast komplett aus. Trotzdem gibt man sich in der Anfangsphase noch damit zufrieden, und relativ herausragend ist die rasant inszenierte Verfolgungsjagd zu Fuß über Mauern, Gitter und Café-Besucher. Je schneller die Minuten aber verstreichen, desto dünnflüssiger und gestreckter wird die Stunt- und Kampfarbeit. Nachdem Jackie seine “Superkräfte” erlangt hat, wird mit Verwischeffekten um sich geworfen, als gälte es, die Fingerabdrücke auf einer Mordwaffe bis zur Unkenntlichkeit zu verschmieren, damit man ja nicht mehr die Identität des Mörders herausfinden kann. Hmm, und Jackie und seine Mörderstunts entbehren durch die so überaus ungünstige Inszenierung jeglicher Identität. Was da in diesem bunten Bilderwald gezwurbelt und geschreddert wird, da könnte genauso Max Mustermann aus Inkognitohausen die Hauptrolle spielen. Ja, da ist das Gesicht von Jackie Chan auf der Mattscheibe zu sehen... aber könnte das nicht auch per CGI auf einen Hohlkörper draufmontiert sein? Eigentlich schon, denn der berüchtigte Jackie-Charme kommt ebensowenig zur Geltung wie spezifische Charakteristika in den Bewegungsabläufen bei Fights und Stunts - ganz einfach deswegen, weil man nichts erkennt. Der Höhepunkt der Grausamkeit ist der Endkampf mit Julian Sands... mein lieber Herr Gesangsverein! Da stehen (!) zwei Gesichter in der Luft in irgendeinem Tempel (warum überhaupt in einem Tempel, Papa?) und um sie herum überall sich bewegende Farbkleckse. Und irgendwann kommt dem Julian ein Drachen aus dem Rücken, dann Licht und alles ist vorbei.

Das ist in seinem plumpen Ablauf auch ein Zeichen für fehlende Dramaturgie: Man wähnt sich noch irgendwo bei den ersten Recherchen (oder was auch immer) und plötzlich ist da schon alles bereit für das Finale. Man ist ja auch sonst gewöhnt, dass nach den Slapstickszenen bei den Guten immer mal wieder zu den Bösen geschnitten wird, um Fortschritte bei den Welteroberungsplänen zu zeigen. Das Problem ist halt, da gibt’s keine Pläne zu schmieden: Für Julian Sands ist alles klar, er will halt das Medaillon, das wissen wir von Anfang an. So sah sich Gordon Chan wohl gezwungen, Sands möglichst lange auszusparen und sich auf die “Chemie” zwischen Jackie, Lee und Claire zu konzentrieren. Nicht, dass es um Sands schade wäre - er ist hier nicht mehr als ein nichttssagender Rhys Ifans-Verschnitt. Leid tun kann er einem aber schon.

Ja, und auf der anderen Seite wird Jackie diesmal ganz besonders wenig Möglichkeit geboten, sich in Sachen Komödie zu entfalten, denn man hatte ja Lee Evans an Bord, gell? Evans (als Undercover-Cop besonders glaubwürdig) wird nun zum Schauplatz allerlei One-Man-Slapstick - und ich kann nicht genug betonen, wie unwitzig das ganze Schlamassel ist. Man hätte sich einen Buddy ja sowieso sparen können, wenn man nur einen Pausenclown brauchte, aber wenn die Gags so sanft wie Puder und doch so zäh wie Leder aus der Pistole geschossen kommen, verlangt man umgehend nach Owen Wilson. Zugegeben, ganz selten hat Evans seine kleinen Momente, die aber weitestgehend als Zufallsprodukt durchgehen.
Claire Forlani ist positiv zu erwähnen, denn sie sieht gut aus und ihr Lächeln schmelzt Berge. War da noch was? Ach so, ja... wenn wir nach rein cineastischen Kriterien vorgehen wollen, müssen wir konstatieren, dass sie für den *räusper* Plot keinerlei Bedeutung hat. Sie ist vor Ort, um Jennifer Love Hewitt ein Erbe zu verschaffen. Falls eine neue Art von Buddy-Movie angestrebt wurde, nämlich ein Triple-Buddy-Movie, so ist das erstens nicht neu und zweitens eine gescheiterte Mission, weil Forlani nicht als Buddy durchgeht, sondern ausschließlich als Love Interest. Und die Beziehung zwischen Jackie und Lee ist so schlampig konstruiert und mit derart plumpen Annäherungsversuchen (Schwulen-Situation) versehen, das man es nicht so recht wahrhaben mag.

Wo also, um mal zum Ende zu kommen, “The Tuxedo” tolerierbar war, da ist “Das Medaillon” leider nur noch ein Ärgernis. Das liegt an der beknackten Story, mit der die Autoren uns Zuschauer vollkommen alleine lassen, an der fehlenden Chemie zwischen allen Beteiligten, durch Spezialeffekte nicht mehr als solche zu erkennende Stunts und Fights, schwache Dramaturgie, an einem fahlen Bösewicht und an fehlendem Humor. Vereinzelt blitzen in allen Bereichen hier und da Momente auf, von denen man sich mehr gewünscht hätte, aber in Anbetracht der überwältigenden Mehrheit der negativen Aspekte ist das wohl zu vernachlässigen. Wahrscheinlich der schwächste Film Jackie Chans nach seinem Durchbruch in Hollywood.

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