Review
von Leimbacher-Mario
Satirische Scheuklappen
Diesen Heiligabend versüßt uns Netflix mit einem sehr speziellen Staraufgebot. „Don't Look Up“ lässt einen riesigen Kometen auf die Erde zurasen - und die Wissenschaftler, die ihn entdeckt haben, u.a. Jennifer Lawrence und Leo DiCaprio in ungewohnten Rollen, reisen nun durch die Staaten um die Welt von dessen planetenzerstörender Gefahr zu warnen. Richtig blöd nur, dass sich die Gesellschaft und die Menschheit momentan weniger denn je einig oder bewusst wird, gerne Dinge verdrängt und verdreht - selbst bei solchen großen Themen, die uns eigentlich einen und nicht teilen müssten…
„Don't Look Up“ wird etwa auf Imdb nie eine allzu hohe Wertung einfahren. Dafür pisst er einfach zu vielen Leuten an's Bein. Vor allem rechten und konservativen Leuten. Und das auch noch alles andere als geniert oder feinfühlig, unterschwellig oder verständnisvoll. Nein, eher sehr offensiv und einseitig. Aber genau das ist ja der vielleicht hauptsächliche Punkt dieser apokalyptischen Satire: wenn es ums pure Überleben geht, um alles und jeden, genauso wie um simpelste Logik und grundsätzlichsten Menschenverstand, Menschlichkeit und Mitgefühl, einige Leute der kritisierten Seite sich all dem aber auf radikalste und sturste und dummste Weise vollkommen verschließen - dann ist man über den Punkt von Fingerspitzengefühl und Vermittlung leider weit hinaus. Dann hilft kein Schalldämpfer mehr, sondern nur noch der Raketenwerfer. Und den holen McKay, Di Caprio und Co. hier ziemlich drastisch und donnernd hervor. Irgendwo zwischen „Deep Impact“, „Anchorman“, „Planet Erde“ und „Iron Sky“. Klingt komisch. Ist’s auch zum Teil. Urkomisch sogar. Aber auch richtig bitter und böse zugleich. Fast schon zu nah an der Realität. Das tut weh und stimmt traurig. Wirft aber natürlich auch wieder mal die Frage auf: „Ist unsere Auslöschung dann nicht vielleicht das Beste, was dem Planeten passieren kann und längst überfällig?“. Di Caprio ist weit weg vom einstigen und ewigen Schönling. Streep kann alles spielen, auch einen weiblichen Trump-Verschnitt. „Don't Look Up“ macht sprachlos, munter und wütend. Kunststück. Ariane Grande trällert und twittert dem Exitus entgegen. Eine ungewöhnliche, aber zum verkorksten und maximal unsicheren Zeitgeist mehr als passende Einstellung.
Fazit: einer der lustigsten und gleichzeitig bittersten Filme des jungen Jahrzehnts. Selbst wenn McKay sicher mal subtiler war. Aber manche Themen müssen einfach in die Fresse. Volle Kanne.