Review

Kaum war seine Karriere als Karatekämpfer (u.a. Team-Europameister 1979) beendet, zog es Jean-Claude Van Damme 1982 mit seinem Jugendfreund Michel Quissi, welcher später mit ihm gemeinsam in Bloodsport und Kickboxer auftreten sollte, nach Amerika um sich als Schauspieler durchzusetzen.  Seine allerersten Gehminuten im Filmbusiness erlebte Van Damme als Statist im Hip Hop Tanzfilm Breakin (1984), ehe er sich mit Cannon Superstar Chuck Norris anfreundete, welcher ihm einen Job als Stuntman in seinem neuen Actionkracher Missing in Action (1984) besorgte. Mit seiner ersten größeren Rolle als unbesiegbar anmutender, schweigsamer Schläger im weltbekannten Karate Tiger (1985) sollten sich auch dank seines überzeugenden Kampfauftrittes die Tore für seinen späteren Durchbruch öffnen. Sheldon Lettich hatte gerade das Drehbuch für den Film Bloodsport verfasst, als er ein Tape vom Belgier zu Gesicht bekam und begeistert Frank Dux anrief, dessen (angeblich) wahre Erfolgsgeschichte von seinem Triumph im Full-Contact Wettbewerb Kumite verfilmt werden sollte.  "Wir haben unseren Mann" war Lettich Feuer und Flamme, trotzdem musste sich JCVD laut Produzent Marc DiSalle  gegen knapp 1000 gecastete Rollenanwärter durchsetzen. Van Damme hatte sich auf Grund seiner Kampfsportfähigkeiten und auch wegen seines äußerlichen Erscheinungsbildes gegen die anderen Bewerber behaupten können, denn Cannon & Lettich suchten einen Mann, der einerseits gut kämpfen konnte und andererseits bei beiden Geschlechtern gut ankommen sollte.

Wieviel nun von Frank Dux Behauptungen der Realität entsprechen, bzw. was erstunken und erlogen ist, mag ich in diesem Review nicht klären können. Fest steht nur, dass viele seiner Aussagen und Rekorde angezweifelt werden, da es kaum fundierte Belege für deren Existenz gibt und sich die Beteiligten selbst in späteren Interviews widersprachen. Fest steht aber auch, dass die verfilmte Story zusammen mit den größtenteils atemberaubenden Kampfsequenzen ausreichte, um den vielleicht bekanntesten Turnierkampfsportfilm der westlichen Welt zu kreieren, denn der 1 Million Dollar "teure" Bloodsport konnte alleine in Amerika das 12 fache seiner Produktionskosten wieder einspielen und genießt heute absoluten Kultstatus unter den weltweiten Kampfsportfans. Der zugegeben etwas dünne und aus heutiger Sicht leicht unfreiwillig komisch wirkende Plot, der sachlich und nüchtern betrachtet nur als Lückenfüller zwischen den akrobatischen Fights dient, ist schnell erklärt: Frank Dux (Jean-Claude Van Damme) flieht von der US Armee nach Hong Kong, um mit der Teilnahme am regellosen Full-Contact Turnier Kumite seinem Meister Tanaka (Roy Chiao), welcher ihn einst zum Ninjitsu-Experten formte, die letzte Ehre zu erweisen. Auf seinem Weg ins Finale muss sich Dux nicht nur gegen die erstklassige Konkurrenz durchsetzen, er muss sich auch die Agenten Helmer (Norman Burton) und Rawlins (Forest Whitaker) vom Leibe halten, die ihn zum Stützpunkt zurück bringen sollen. Als der skrupellose amtierende Champion Chong Li (Bolo Yeung) seinen befreundeten Kollegen Ray Jackson (Donald Gibb) im Ring halb tot schlägt, hat Dux neben dem Sieg ein weiteres Ziel: Rache....

Als bekennender Freund von Martial-Arts Schinken jeglicher Art erfreue ich mich jedes mal an Filmen, welche die klassische Schüler / Meister Thematik ansprechend behandeln und die Ausbildung des meist unbedarften Anfängers zum perfekten Kämpfer mitreißend darstellen, was Bloodsport inspirierend atmosphärisch in einer ca. 10 minütigen Rückblende durch gefällig motivierende Trainingssequenzen gelingt. Jean-Claude Van Damme und sein Filmmentor Roy Chiao ergänzen sich in dieser Hinsicht prima und überzeugen mit schweißtreibenden Übungen und alternativen Lernmethoden um Körper und Geist in Einklang zu bringen. Was ich mich jedoch bezüglich der weiteren Rahmenhandlung schon öfters gefragt habe: Was hat sich Sheldon Lettich eigentlich dabei gedacht, die beiden Knallchargen Helmer (Norman Burton) und Rawlins (Forest Whitaker) ins Drehbuch zu schreiben? Nicht das die Schauspieler schlecht performen würden, ihre Figuren, welche sie darstellen sollen, sind einfach nur unsagbar dämlich gezeichnet und verhalten sich auch dementsprechend, was zum Beispiel ihre lächerliche Verfolgungsjagd quer durch Hong Kong untermauert. Auch auf den Charakter der attraktiven, aber nervenden Reporterin Janice (Leah Ayres), hätte ich ebenfalls dankend verzichten können, den ihre aufgesetzt wirkende Liebschaft mit dem Helden ist für mich nur noch eins: Überflüssig! Aber, und da stehe ich mit meiner Meinung bestimmt nicht alleine da, letzten Endes sind diese Mankos alle verschmerzbar, denn in den Kerninhalten, der Martial-Arts Action, überzeugt Bloodsport insgesamt betrachtet auf ganzer Linie.

So sollte es kein Geheimnis sein, dass der Unterhaltungsschwerpunkt auf die zahlreichen akrobatischen Kampfdarbietungen gelagert ist und diese den Genrekenner auch größtenteils verzücken können. Eine schier grenzenlose Vielfalt beweist Bloodsport mit der Präsentation von diversesten Kämpfern aus aller Welt und deren individuellen, teilweise exotischen Kampfstilen. Regisseur Newt Arnold und sein Team haben bei der technischen Realisierung wohl auf die optimale Abstimmung zwischen Bild und Ton geachtet. Ein audiovisuelles Geschmackserlebnis wurde mit einer möglichst perfekten Optik in Einklang mit der Aktion, der Musik, der Akustik und dem Tempo angestrebt und konnte in den meisten Einstellungen auch erreicht werden. Eine entscheidende Rolle hierbei nimmt der stimmige Soundtrack von Paul Hertzog ein, welcher die auf Spektakel ausgerichtete Action omnipräsent begleitet und zusammen mit Zeitlupeneinstellungen, unterschiedlichen Blickwinkeln und geschickt eingestreuten Nahaufnahmen die Geschehnisse wie ein atmosphärisches, ästhetisches 80er Jahre Musikvideo erscheinen lassen. Was das Auge oberflächlich zufriedenstellt übertüncht aber auch in einigen Fällen klammheimlich schlampig zu Ende choreographierte Bewegungsabläufe und offensichtlich nicht eingeschlagene Kontakttreffer, was vor allem beim ersten Zusammenschnitt der Anfangsrunden auffällig ist, außerdem geht in dieser Phase des Films durch die fehlenden Schlaggeräusche auch ein Stück weit die Härte verloren. An den späteren ausgiebigen Vorentscheidungsduellen und dem atemberaubenden Finale Van Damme vs. Bolo Yeung gibt es jedoch nichts zu Meckern, hier wird der Zuschauer mit intensiven, blutigen und kompromisslos inszenierten Fights verwöhnt.

Schenkt man diversen Quellen im Internet glauben, war die erste Version von Bloodsport allerdings weit weg von qualitativer Perfektion. Jean-Claude Van Damme höchstpersönlich soll die Hand an das nach seinen Befindlichkeiten grauenhafte Original angelegt haben, welches im Archiv des Filmverleihs vor sich hin schlummerte. Van Damme schnitt Bloodsport öfters um und verpasste dem Streifen mehr Härte, Geschwindigkeit und Dramatik, außerdem fügte er gelöschte Szenen wieder ein und sorgte für eine Neuabmischung der Filmmusik. Newt Arnold und Sheldon Lettich protestierten gegen die Veröffentlichung des Van Damme Cuts, doch Produzent Marc DiSalle war auf der Seite des Belgiers und releaste schlussendlich Bloodsport in der uns allen bekannten Form. Zwischen Drehbeginn Ende 1986 und der Weltpremiere am 29. April 1988 lagen also fast 2 Jahre, die ursprünglichen Bloodsport Filmrollen gelten heute als verschollen. Was gibt es sonst noch wichtiges zu vermelden? Erwähnte ich schon, dass Bolo Yeung einen hervorragenden Bösewicht abgibt und mit seiner körperlichen Präsenz, seiner Kampftechnik und seiner fiesen Ausstrahlung dem "Muscels from Brussels" einen mindestens ebenbürtigen Gegner beschert? Aber keine Angst Herr Jean-Claude Van Varenberg, so Van Dammes bürgerlicher Name, ihre Leistung, vor allem in ihren zahlreichen Zweikämpfen, ist über jeden Zweifel erhaben. Ihre Athletik, ihre Körperbeherrschung, ihre Drehkicks, alles erste Sahne! Wobei Sie schauspielerisch Anno 1988  wohl noch ein bisschen grün hinter den Ohren waren, aber das wissen Sie vermutlich selbst, oder?

Wird Bloodsport nun auch für mich persönlich im Jahre 2020 seinem Kultstatus gerecht? Trotz marginaler Abnutzungserscheinungen kann ich diese elementare Frage mit einem klaren ja beantworten.  Die Fights versprühen auch heute noch mit ihrer erlesenen Optik und der perfekt auf die Situation zugeschnittenen Filmmusik einen außergewöhnlichen Spirit und lassen den Zuschauer am Herzblut der kämpfenden Akteure teilhaben, was einen so manche nicht ganz saubere Choreographie vergessen lässt.  Ob sich die Geschichte um den Full-Contact Champion Frank Dux nun wirklich ereignet hat, ist mir persönlich relativ egal. Die Reißbrettstory weiß trotz des ein oder anderen überflüssigen Charakters grundlegend zu gefallen, da die Identifikation mit dem Hauptprotagonisten für mich gegeben ist und auch teilweise unfreiwillig komische Inhalte können durch die flüssige Inszenierung mit keinerlei Handlungslängen wett gemacht werden. Van Dammes Durchbruch atmet den Geist der 80er Jahre und bietet ein kurzweiliges Martial-Arts Spektakel mit einem enormen Wiederunterhaltungswert. Würde ich Bloodsport als reinen Kampfsportfilm subjektiv bewerten, hätte der Streifen ungeahndet der festgestellten geringfügigen Schwächen die Höchstpunktzahl verdient, aus objektiver Sicht und unter Berücksichtigung aller Für und Wieder vergebe ich gerechte 8 von 10 MovieStar Punkte.



 

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