Review

High Class Update


Das Original ist sowohl auf der Bühne als auch in seiner legendären filmischen Version wohl mein liebstes Musical aller Zeiten. Nun hat sich kein Geringerer als Altmeister Steven Spielberg an eine Neuinterpretation gewagt. Maximaler Aufwand, hohes Budget, wenig Interesse scheinbar überall. Etwas aus der Zeit gefallen vielleicht. Und doch ein überraschend (?) starkes Ergebnis, das Spielbergs noch immer ohne Zweifel vorhandenen Stärken voll ausspielt und sich in weit mehr als nur gehobene Stangenware oder eine Routinearbeit entwickelt. Erzählt wird wie eh und je von zwei Strassenbanden, den amerikanischen Jets und den Sharks aus Puerto Rico im New York der 50er. „Romeo & Julia“ trifft auf Nachkriegs-Manhatten. Und den tragischen Konsequenzen einer großen, verbotenen Liebe mitten zwischen Singen, Schnipsen und Steppen…

„West Side Story“ ist gar nicht allzu leicht zu bewerten für mich. Gebraucht habe ich das Remake auf keinen Fall. Aber es sieht makellos bis spektakulär aus. Der Spritzigste Regisseur ist Spielberg schon lange nicht mehr. Hier ist alles aber was Tempo und Esprit angeht top und er voll in seinem Element. Das Match passt einfach. Ansel Elgort liefert eine der steifsten Darstellungen des Jahres, fast als ob er manchmal für den neuen Film von Tommy Wiseau vorspielen würde. Doch die dynamischste und kantigste Figur war Tony noch nie, um es milde auszudrücken. Die Songs sitzen perfekt und sind immer noch einfach unerreicht. Auch in diesen neuen Versionen, die das Material nie allzu sehr verändern. Nur wurden sie damals halt meiner Meinung nach meist besser und passender performt. Die Anpassungen in Sachen Sprache, Aufbau, Nebenfiguren, Balance der Gangs und allgemeine Gangart kann ich nur loben. Auch die vielen unübersetzten spanischen Sprachpassagen, die zum Thema und seinen Aussagen passen. Auch dass in der deutschen Version die Lieder nicht übersetzt werden. Und doch wollte der Funke wie damals nie ganz überspringen. Eher ein Film den ich maximal respektiere als wirklich fühle. Vielleicht liegt das auch an der kaum vorhandenen Chemie zwischen Tony und Maria, dem wohl auffälligsten Knackpunkt in der neuen Version. Dafür ist dann wiederum die (Um-)Besetzung von Rita Moreno ein genialer Coup. Ihr seht - ein zweischneidiges Schwert auf extrem hohem Niveau und mit ganz persönlichem Touch für mich. 

Fazit: visuell auf der Höhe der Zeit und zugleich zeitlos. Handwerklich sogar oft ein Meisterwurf. Musikalisch und geschichtlich eh über jeden Zweifel erhaben. Selbst wenn weder ich noch sonst wer nach einem Remake geschrien hat: dieses fesche Facelift ist (trotz all meiner persönlichen Fragezeichen und Makel in ihm) rundum gelungen, organisch, stilvoll und porentief in seinem Element! 

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