Review

Gesamtbesprechung

Angesichts der Besetzung der Hauptdarsteller mit Bobby Au-Yeung und Joe Ma war schon der Produktionsstart von Shadow of Justice Ende September 2019 ebenso erstaunlich klein und fast unbemerkt geraten wie auch das Marketing der Serie ab dem auslaufenden Jahr 2020; die Schwierigkeiten in der Öffentlichkeitsarbeit bzw. ihre Ursächlichkeit liegen da eher in einigen kleineren und manchen auch größeren Details. Zum einen war das Thema der Polizeiarbeit, die diese Serie hier als ehedem geplanter Nachzügler von Speed of Life (2016, mit anderen Darstellern) aufweist, schon zur damaligen Zeit wegen der umfangreichen Sommerproteste gegen die Peking-nahe Regierung unter Carrie Lam und deren zuweilen auch gewalttätigen Einsatz der Obrigkeit alles andere als populär in der Gesellschaft; etwas, dass auch andere Serien des ausführenden Fernsehsenders TVB betraf und sich wie ein roter Faden durch deren Programmplanung oder eher -verschiebung von bspw. Airport Strikers oder Flying Tigers II zieht. Zum anderen sind sowohl Au-Yeung als auch die weibliche Hauuptrolle Joey Meng zu der Phase nicht mehr vertraglich bei TVB und somit nicht 'promotionswürdig' gewesen; Matt Yeung, einen der weiteren Hauptakteure konnte man wegen realen Ordnungswidrigkeiten oder gar Straftaten (einer Anklage wegen Fahren unter Einfluss psychoaktiver Substanzen) nicht hervorheben und dieser wurde auch 'geschnitten', also nicht aus der eigentlichen Handlung heraus – was zuweilen auch im Sender vorgekommen ist –, aber ebenso nicht in der eh großteils ausgefallenen Werbung auch extra nicht erwähnt. [Viewership Points lagen um die 23.5, das ist angesichts des bisher eher schwachen Jahres 2021 solide, aber bspw. 3 Punkte unter Sinister Beings, welches auch noch zusätzlich in China gut angekommen sein soll, und nur knapp vor Armed Reaction 2021, welcher als Art Spinoff zu Armed Reaction I - IV, einer der vorherigen Serienerfolge von Au-Yeung und diesmal ohne ihn eher als Enttäuschung hinsichtlich der Einschaltquoten gezählt wird.]:

Der mit dem Motorradpolizisten Police Constabel Chun Wing-Hei [ Matt Yeung, der später eine Airport Strikers Referenz machen darf ] als Untermieter zusammen lebende Chief Inspector of Police Au Yeung-Chung ] Bobby Au-Yeung ] erhofft sich gegen Chief Inspector of Police Mung Tik-Hak [ Stephen Ho ], seinen Kollegen und Konkurrenten bei der Beförderung einen 'Sieg' und damit Aufstieg in der Rangordnung der VIP Protection Unit, muss diese durchaus berechtigte Hoffnung sausen lassen, als er vor der Dienststelle vor aller Augen der Öffentlichkeit von der jungen Sheung Siu [ Jeannie Chan ], der Tochter einer früheren Freundin brüskiert wird. Au wird folgend als 'Gnade' von Senior Superintendent of Police Kwok Keung [ Cheung Kwok-Keung ] ein Posten beim Traffic angeboten, wo er auch mit Kau Shing [ Winkie Lai ] von der Investigation and Support Division zusammenarbeiten und unterstützen könnte; Sheung Siu selber hat mit ihrem Geschäft, einer Art Logistik/Mietwagenverleih/Kurierdienst auch eigene Probleme, schuldet sie doch dem Kleintriaden Brother Mad Po [ Otto Chan ] Geld. Zum Glück für sie lernt sie bald und dies aufgrund durchaus windiger Geschäfte dessen Vorgesetzten Tai Ching-Yan [ Pierre Ngo ] von der sich nach außen hin offiziell gebenden Yee Hai Trading und darüberhinaus dessen älteren Bruder, den heimlichen Strippenzieher im Hintergrund, den Solicitor Advocate Tai Ching-Kwan [ Joe Ma ] kennen. Bald wird aber auch Superintendent of Police Madam Tsui Hay-Yi [ Joey Meng ] von der Kowloon East Regional Crime Unit auf das unlautere Treiben in ihrem Bezirk aufmerksam, wobei auch Gangsterboss Ngai King-Yiu a.k.a. Big B [ Parkman Wong ] nicht ganz unschuldig daran ist.

Warum jetzt ausgerechnet Au-Yeung so populär und dies über Jahre und Jahrzehnte hinaus in HK und nunmehr auch in der Volksrepublik China ist: man weiß es nicht. An dem guten Aussehen dessen kann es mangels Vorhandensein nicht liegen, Au-Yeung war schon in jungen Jahren keine wirkliche Schönheit und hat seitdem in Sachen Gewicht auch zu- und in Sachen Haarpracht auch enorm abgelegt, auch ist keine wirklich spürbare Präsenz vorhanden, dafür die Hauptrollen in den gleich so langjährig beliebtem Witness to a Prosecution zum Beispiel und deren moderne Variante der Forensic Heroes, der Darsteller als Garant für hohe Einschaltquoten, die warum auch immer mit und vielleicht auch durch ihn erreicht werden. Sein Gegenüber hier, welcher im Vorspann nicht nur offenkundig als direkte Nemesis, als Schwarz des Weiß im Schachspiel, als Spiegelbild des Guten im Bösen inszeniert wird, ist ebenso lang im Geschäft schon, Joe Ma, ein ehemaliger Polizist, der seit den Neunziger im Fernsehen tätig und hier als Vertreter des (privaten) Gesetzes gegenüber dem Vertreter der (aktiven) Staatsmacht formuliert wird.

Aufgrund der theoretischen Nähe zu Speed of Life, welches sich um die Hongkong Police Force Traffic Branch, Enforcement and Control Unit (E&C) und die Accident Investigation Division, also hauptsächlich um das Geschehen auf den viel bewegten Straßen der Stadt und Umgebung und entsprechend aktiv und nach außen gerichtet drehte, wird auch hier eingangs ein Szenario auf den Highways und Umgehungstrassen der Metropole präsentiert, ein motorisiertes Gewusel der Sonderverwaltungszone, indem als Erstes als Polizeikonvoi in Bedrängnis und der Zuschauer in die Position des Zeugen eines höchstwahrscheinlich größeren Spektakels gerät. Zumindest deutet dies der erst gemachte Aufwand und die Inszenierung selber an, täuscht dies allerdings, überhaupt hangelt sich der Einstieg der Serie und damit die erste Episode von einem Spannungsaufbau und der antiklimaktischen 'Lösung' dessen zur nächsten Wendung und dem nächsten dramaturgischen Anstieg mit oft einem ebenso täuschenden und irgendwo auch enttäuschenden Ergebnis hin. So gibt es keine Attacke auf den Wagenzug, sondern nur eine Art Missverständnis, es gibt auch später kein Attentäter per Scharfschützengewehr, sondern nur einen Reporter mit indiskreten Fotos, eine Bombendrohung ist nur ein Ablenkungsmanöver, der VIP ist nicht etwa entführt worden, sondern hat sich selber aus dem Staub gemacht und nur einige Zimmer weiter versteckt usw. usf., dazwischen gibt es erste viele Figurendarstellungen per Rang und per Namen, die aber nahezu allesamt eher Nebenrollen bekleiden und wo das Wirrwarr und die Vielfalt für neues Publikum mehr für Verwirrung sorgen als für Überblick. Ein Macht- und auch Politikgeklüngel innerhalb der Reihen der Gesetzeshüter deutet sich immerhin schon an, jeder kämpft um seinen Posten und für mehr Aufmerksamkeit bei den Oberen und dies auch durchaus mit spitzen Worten, oft auch hinter dem Rücken des Betroffenen und mancherlei Intrigen.

Formuliert ist dieser (für eine Pilotfolge ernüchternde) Trubel dabei durchaus involvierend, das Behaupten von Tatsachen oder auch Vorhersagen, die so nicht eintreffen, mehr Schein als Sein, in hellen und klaren Bildern, die Stadt und die Umgebung von der Sonne beschienen und in sommerlich satten, etwas gebleicht bis aseptisch wirkenden Aufnahmen vereint. Innensets wirken teilweise blank gewienert bis steril, viele Leute, die in Uniform oder Anzug irgendwo herumstehen und ordentlich Format und Präsenz zeigen, dazu einige Gimmicks in den Einstellungen wie die Visualisierung von Gedanken, oder auch das Verbalisieren von Gedanken im Voice Over oder auch das Nutzen der Reflexion von Glasflächen oder Sonnenbrillen etc., dazu Splitscreen und andere technische Manöver; teilweise werden bei dem Zuziehen eines Reißverschlusses drei verschiedene Kameraeinstellungen bemüht, in der Hinsicht ist die Serie genauso ein Show-off wie der Hauptdarsteller, der auch nie in seine Rolle hineinfindet, sondern "act(ing) like a know-it-all" einfach sich selber und dies aufgrund der Beliebtheit vor x-Jahren spielt. Der Ton selber ist eher ein leichter, spielerischer, wird ein wenig Schatten möglicherweise aus der Vergangenheit angedeutet und auch schon mal rekapituliert, das Geschehen im hier und jetzt aber selber und da großteils mit dem Cop im Vordergrund meist minimal humoristisch gehalten oder insgesamt locker-flockig, mit auch einigen einfacheren Gags auf recht harmlose Unterhaltung zum Feierabend und einem kleinen Cliffhanger mit dem Auftauchen des Juristen und einem angedeuteten Perspektivwechsel kurz vor knapp auch auf Verlängerung gestreckt.

Das gesamte Umfeld der Serie ist dabei eher mittelständisch, der Polizist ist irgendwo mittig in der Hackordnung gesetzt und hat auch einen Mitbewohner für die Miete, ein in derlei Serien durchaus öfters vorhandenes Thema des unbezahlbaren Wohnraumes und der Aufteilung von Zimmern unter mehreren Aspiranten; etwas, dass auch die junge Sheung Siu und ihres oftmals nächtlichen Aufenthaltes im Büro bzw. im Grunde in ihrem Fahrlager betrifft. Bereits in Folge 1 und auch weiterführend in Folge 2 – welche sich vermehrt in einem Triadenumfeld und bestenfalls einem florierenden Schwarzmarkt dreht – geht es um ausstehende Zahlungen, reicht das Geld vorne und hinten nicht, die Ausgaben höher als die Einnahmen und was man entsprechend zu tun gezwungen ist; darunter eine Drogenübergabe per Kurierfahrt oder illegales Autorennen in eben jeder Folge, die auch die erste richtige Actionszene überhaupt, durchaus auch gelungen und mit dem Appetizer eines vorherigen Motorradstechens und dem Dessert des Eingreifens des berittenen Ordnungshüters ist.

Wie oft auch in letzteren Crime-Ausgaben des Senders wie kurz zuvor dem Armed Reaction 2021 werden die beiden unterschiedlichen Organisationen auf jeweils der eine Seite der Medaille dabei auch lange Zeit parallel und sich nur selten bis gar nicht überlappend und erst später dann gemeinsame Kreise ziehend erzählt, eine Konfrontation gibt es also auch erst später, – vielleicht ab Folge 8 etwa, nach einer tödlich endenden Prügelei in der Seitengasse, und wo dann auch Cliffhanger platziert werden, die diesen Namen verdienen – und wird deswegen lange und dies auch oft (wie auch bei Armed Reaction 2021) mit leichten Schabernack und so ein bisschen Rätselei dazwischen herum manövriert. So hat der Polizist einen schweren Stand im neuen Job, den er dann ab Folge 3 endgültig antritt und wo es u.a. um einen Unfall eines bekannten Filmschauspielers geht, dessen Ehefrau aber der Mätresse einen Mordversuch durch Vergiften anlasten will, außerdem gerät ein Streifenpolizist in einen Beinahe-Unfall, wo die dann verschwundene Zeugin und Beinahe-Opfer vorher schon verletzt gewesen schien, und beide Ereignisse auch miteinander verbunden sind; während dessen die Kleinkriminellen mit der eigens installierten Messenger-App für ihren digitalen Drogenhandel vollkommen überfordert und schon beim "confirm" nach Eingang der Order am Scheitern sind. Der 'Kriminalfall' selber wird in Folge 4 gelöst, die ansonsten recht mit Rückblenden angefüllt ist – etwas, dass sich folgend noch fortzieht und die Dramaturgie recht am Erlahmen ist – und dennoch nicht wirklich neue Erkenntnisse bringt. In Folge 5 gibt es einen Autocrash nach einer Art Amokfahrt und gleich zwei angelegter Verkehrsblockaden; die Zivilisten in ihren Fahrzeugen werden quasi als Puffer genommen, was nicht gerade glimpflich ausgeht. In Folge 6 fliegt ein totes Schwein aus einem Kofferraum auf die Straße, ein Vorfall, der kurz rekapituliert wird, aber dann komplett untergeht, und wird ein Juwelendiebstahl in Augenschein genommen und in Folge 7 auch aufgeklärt, und in Folge 8 tatsächlich noch einmal rekonstruiert und rekapituliert.

So ca. am Ende des ersten Drittels der Serie, also etwa um Episode 10 herum wird es gleichzeitig besser und (für den Moment) schlechter, auch eine Leistung, die durch eine tatsächliche erste Konfrontation der beiden männlichen Hauptakteure erreicht wird und andererseits durch ein Verharren auf viel Vorgeschichte, was abermals und abermals in ellenlangen Gesprächen breit gekaut wird und zusätzlich noch elendige weitere Rückblenden zelebriert. Außerdem gibt's durch die Präsentation eines Undercovers einen Clou im Plot, der aber die komplett falsche Figur trifft, da dadurch bisheriges Grau in Moral und Sympathie aufgelöst und zu einem eindeutigen Weiß mit nur der Verkleidung als Schwarz umgewandelt wird; der Trick mit dem installierten 'Maulwurf' ist mittlerweile auch schon Klischee bei TVB und hier durch die Negierung vorheriger dramaturgischer Vorteile nichts wert. Emotional angehauchte Szenen sind nahezu durchgängig recht schlecht und wirken nicht bloß durch die Musikregie ähnlich störend wie bei Forensic Heroes IV, welches zuvor qualitativ den absoluten Bodensatz in dieser Abteilung berührte. Ab Folge 12 etwa wird auch ein sehr merkwürdig geschriebener Vermissten-/möglicherweise Entführungsfall erzählt, der nach einer Routinekontrolle eventuell aufgefallen ist, aber auch den Zuschauer lange Zeit vollkommen im Unklaren und den Verdächtigen zudem mit einer permanent vom eigentlichen Geschehen ablenkenden miserablen Perücke ausstatten lässt. In Folge 15 wird so etwas wie ein Bösewicht, mit dem schwerreichen Prominenten Franky Fok Chung-Shing, gespielt von Timothy Cheng installiert, der zwar öfters mal als Klient des Anwaltes galt, aber nunmehr den Bogen überspannt und v.a. in Sachen Missbrauch von Frauen auffällig und nicht ganz koscher ist. In Folge 16, also zum Start der zweiten Serienhälfte, wird eine Millionärstochter auf offener Straße entführt und eine komplizierte Lösegeldübergabe in Clear Water Bay mit großem Polizeiaufgebot initiiert. In Folge 18 gibt es einen Autounfall, da der Fahrer des Nachts mit einem Laser geblendet wird. In Folge 19 ein Überfall durch vier mit Schlagknüppeln bewaffnete Schergen im Hausflur, und ein Heist in eine Galerie, die mit der Entführung zuvor zusammenhängt und wo dann auch so langsam das Ende des insgesamt weit besser funktionierenden zweiten Drittels mit eingeleitet wird.

Was man der Serie zugutehalten muss, ist nämlich, dass sie trotz wenig tatsächlicher Cliffhanger erstaunlicherweise einen sehr flüssigen, leichten Rhythmus aufweist. In der Dramaturgie wird sich auf die etwa ein halbes Dutzend Personen und deren Verstrickungen konzentriert, und deren andauernde Kontakte sind auch tatsächlich interessant gehandhabt und nicht gleich von vornherein absehbar, wie es am Ende ausgeht; wobei ein wenig auffällig nur ist, wie klein die Welt hier ist und wie oft man sich 'zufällig' andauernd trifft. Zudem werden geeignete Konfrontationen permanent gesucht und auch gefunden, und die Charakteristika jeder dieser sechs Leute ist derart ausgeglichen, dass dort nicht von vornherein zu deutlich Sympathie oder Antipathie ausgelöst wird, es gibt bei allen positive Seiten und auch wieder nicht. In Folge 22 zieht ein Scharfschütze bei einer Observation auf weitflächigen Gelände noch einmal die Zügel der Serie entscheidend und dies mit dem Aufdecken eines bis dahin mysteriösen Hintermannes an. In Folge 24 gerät eine Polizistenkollegin in einen Verkehrsunfall, der zwar relativ glimpflich abläuft, aber dennoch gleich mehrere Parteien drumherum involviert und eine weitere Zunahme des Battle of Wits und auch weitere kleinere, aber durchaus sorgfältige Aktionsszenen wie eine per Motorradattacke abgefeuerte Maschinenpistolensalve in Folge 27, ein sich überschlagendes Auto in Folge 28 und eine mehrteilige Verfolgungsjagd in Folge 32 nach sich zieht.

Details
Ähnliche Filme