„Es ist nicht auszuschließen, dass der Mann auf die übliche Weise aus dem Zug gefallen ist!“
Der umtriebige spanische Vielfilmer Jess Franco veröffentlichte im Jahre 1966 mit „Das Geheimnis des Dr. Z“ einen in französisch-spanischer Koproduktion entstandenen Horror-/Science-Fiction-Thriller, der wie das Bindeglied zwischen Francos „Der schreckliche Dr. Orloff“ (1962) und „Sie tötete in Ekstase“ (1971) wirkt.
Dr. Zimmer (Antonio Jiménez Escribano, „Die Vampire des Dr. Dracula“) forscht an elektrischer Strahlung zwecks Kontrolle über das menschliche Gehirn und damit über die Handlungen der entsprechenden Personen. Bei einem Wissenschaftskongress stoßen seine Forschungen auf wenig Anerkennung, stattdessen erntet er harsche Kritik. Diese negative Erfahrung lässt ihn schließlich an einem Herzanfall sterben. Seine Tochter Irma (Mabel Karr, „Im Netz der goldenen Spinne“), die ihn bei seiner Arbeit unterstützte, kommt nicht über den Tod ihres geliebten Vaters hinweg und schwört Rache an den ihrer Ansicht nach verantwortlichen Kongressmitgliedern. Zu diesem Zwecke verschafft sie sich Kontrolle über die attraktive Striptease-Tänzerin Miss Muerte (Estella Blain, „Das wilde Schaf“) und schickt sie mit vergifteten Fingernägeln auf mörderische Vergeltungstour…
Jess Francos komplett in Schwarzweiß gedrehter Film scheint zunächst die ethische Frage nach Menschenversuchen an verurteilten Schwerverbrechern zu thematisieren, um sich jedoch bald durch die Geschichte des phantastischen Films von „Frankenstein“ über „Dr. Mabuse“ bis „Augen ohne Gesicht“ zu zitieren und fortan zwischen Klischee und ästhetischem Anspruch zu pendeln. Eine lustig blinkende und piepsende Roboter-Apparatur fixiert die ohnmächtigen Opfer in Dr. Zimmers Abziehbild eines Labors mit seinem obligatorischen blubbernden und dampfenden Chemieaufbau, was aus heutiger Sicht eher unfreiwillig komisch wirkt. Auf der anderen Seite aber punktet „Das Geheimnis des Dr. Z“ ordentlich mit einer stylischen Erotikperformance auf einem stilisierten Spinnennetz (wenn auch ohne nackte Tatsachen), etwas Gothic-Horror-Schick, artifiziell ästhetisierten Kulissen, einigen originellen Kameraperspektiven und Bildaufbauten sowie viel Spiel mit Licht und Dunkelheit, Schatten und Kontrasten in Film-noir-angehauchter Atmosphäre.
So gut Franco all das gelungen ist, so wenig täuscht es über die sprunghafte Handlung hinweg, die entscheidende Wendungen und Ereignisse beinahe beiläufig einstreut, anstatt sie ausreichend zu fokussieren und amüsante, sehr durchschaubar selbstzweckhafte Unwahrscheinlichkeiten wie eine spontane Schwimmeinlage Irmas mit Miss Muerte integriert. Grafisch explizite Sex- und blutige Gewalteinlagen sollte von einem Film aus dem Jahr 1966 natürlich nicht erwarten, etwas sorgfältigere Make-up-Arbeit beispielsweise bei der Maske Irmas, die verbrannte Haut darstellen soll, hätte dem Film im wahrsten Sinne des Wortes aber bestimmt nicht schlecht gestanden. Komödiantische Dialoge untergraben dann gar vollends den tragisch-dramatischen Anspruch und tragen nicht gerade dazu bei, dass sich ein gewisser Spannungsbogen hält, der im Laufe der Zeit dann doch ziemlich durchhängt. Das Ende verdeutlicht die Kraft der Liebe und ist eine nicht unbedingt vorhergesehene, positive Pointe unter Francos Film und wenn man so will seine Aussage. Was gibt es sonst noch? Einen jazzigen Soundtrack, unablässig Trompete spielende Frauen in der Nachtbar, Jess Franco persönlich in einer Nebenrolle als Inspektor, Jäger, Angler und VW Käfer. Verglichen mit dem diese Bezeichnung auch verdienenden Erotik-Thriller „Sie tötete in Ekstase“ und Francos meisterlicher „Venus im Pelz“ vermag ich das große Juwel und Quasi-Meisterwerk im „Geheimnis des Dr. Z“ nicht ganz zu erkennen, möchte aber richtig gute 5 von 10 Blubberlabors mit etwas Luft nach oben geben und mit einem passenden Zitat des Films schließen: „Ganz nett. (…) Sie haben mir tatsächlich etwas gegeben.“
P.S.: Die deutsche Kinofassung verfügt, wie damals noch üblich, über schöne deutsche Inserts. Und das Tischkärtchen der österreichischen Delegation des Kongresses unterschlägt mit „Östereich“ glatt ein „r“…