Review

Shuya Nanahara (Tatsuya Fujiwara), der Überlebende des ersten BR Act, hat eine Terroristenorganisation gegründet, die Erwachsene bekämpfen will. Seine schwer bewaffnete Truppe hat sich in leeren Wohnsilos auf einer verlassenen Insel verschanzt. Wieder einmal wird nun eine Schulklasse bestraft, indem sie am neuen BR-Programm teilnehmen muss. Die Schüler werden ausgerüstet wie Marines und bekommen die Aufgabe, die Terroristen zu bekämpfen und Shuya zu erschießen. Alle Schüler erhalten wieder das berüchtigte Halsband, durch das sie an einen anderen Schüler gekoppelt sind. Entfernt sich dieser zu weit oder stirbt gar, zerfetzt das explodierende Halsband des anderen Partners dessen Kehle. Die Invasion beginnt und nach sehr verlustreichen Kämpfen steht man den Terroristen Aug‘ in Aug‘ gegenüber....

BR II ist ein seltsamer Film. Man kann und sollte ihn aus zwei Perspektiven analysieren, weil der Film sehr ungeschlossen ist. Leider ist ja der große alte Kinji Fukasaku während der Dreharbeiten verstorben, so dass sein Sohn Kenta diese Aufgabe übernahm. Ob nun dies der Grund für die eigenartige Wirkung des Films ist oder eher doch das bereits im Vorwege durch Kinji abgenickte Drehbuch seines Sohnes, ist die Frage. Einen Bruch in der Inszenierung kann man zumindest nicht entdecken.

Die erste Perspektive (BRII und seine Aussagen):
Seltsam verschroben mutet es an, wenn dieser Film mit dem Einsturz imaginärer Twin Towers aufgrund eines Terror-Anschlages beginnt, permanent das berühmte Sturmgewehr AK-47 Kalaschnikow ob seiner wichtigen Rolle für die Freiheitskämpfer dieser Welt gelobt wird (dass die nun gar nicht friedliche und hehre Sowjetarmee als erste damit auf Menschenjagd z.T. gegen das eigene Volk ging, wird natürlich verschwiegen), ein naiver Antiamerikanismus beschworen wird (man spricht im Film allerdings immer nur von „The Country“), die Rolle der Freiheitskämpfer in Afghanistan gefeiert wird (und hier handelt es sich offenbar eher um Sympathien für die Taliban und El Quaida als für die Nordallianz), eine naive und primitive Sozialromantik aus jedem Dialog trieft und der Führer der Terroristen offenbar bewusst an Osama Bin-Laden erinnern soll.

Was reitet einen über 70-jährigen, derart naive und geradezu kindliche Aussagen zu verbreiten? Zudem innerhalb eines Action- und Event-Movies. Zwar wird der Anti-Amerikanismus gepriesen, der Inszenierungsstil ist jedoch komplett amerikanisch wie in Filmen von Michael Bay oder John Woo (auch wenn Woo kein gebürtiger Ami ist, macht er m.E. neben anderen Immigranten wie Emmerich und Petersen die amerikanischsten Filme überhaupt). Mit Sicherheit ist im Rahmen eines Action-Films nichts an einer politischen Aussage auszusetzen und an der amerikanischen Politik kann man mit ebensolcher Sicherheit fast alles kritisieren. Wenn dieses jedoch auf dem Niveau eines 5-jährigen erfolgt, ist die Wirkung verpufft, der Zuschauer verärgert und der Autor macht sich angreifbar.

Ansätze dieser Einstellung bemerkte man bereits in der sog. Special Version vom ersten Teil, welches kein Director’s Cut war (alle Splatter-Fans waren ganz böse enttäuscht, dass nur „blöde Rückblenden“ und kein Gemetzel ergänzt wurde) sondern eine Ergänzung um neu gedrehte Szenen. Diese Fassung zerstört den ganzen Film. BR war ein wunderbarer kleiner B-Action-Film, mit viel Härte, Zynismus, Geschwindigkeit und ein wenig utopischer Zukunftsangst und Sozialkritik, wie sie in den 70er/80er Jahren in Filmen von John Carpenter, Mad Max u.ä. bereits üblich war. Diese öddeligen Rückblenden zerstörten nicht nur die Geschwindigkeit des Film aus inszenatorischer Sicht, auch die einfache aber griffige Aussage von BR I ging flöten. Plötzlich wollte der Film mehr als er konnte....weit mehr.

Genau dieses Überambitionierte spiegelt sich nun auch in Teil 2 wieder. Gepaart mit den fragwürdigen Aussagen bezüglich Terrorismus steht der Rezipient etwas irritiert da, hatte er sich doch auf einen bösartigen Actionfilm gefreut.

Die zweite Perspektive (die Inszenierung):
Während der ersten Stunde ist alles beim alten: Kids, die in einem atemberaubenden Tempo ihres Lebens beraubt werden, blutiger Splatter, Geballer bis zum abwinken, Sterbende in Zeitlupe und so weiter und sofort. Allerdings stellt sich schon hier nicht die gewünschte Wirkung ein. BR hat sich seiner besten Waffe beraubt: Der Originalität. BR II wirkt wie ein x-beliebiger Action-Film aus Hollywood. Sicher, die Inszenierung der Actionsequenzen ist stilsicher, routiniert und effektiv, die Geschwindigkeit hoch und die Effekte blutig und brillant, aber die Figuren langweilen. Unter den GI-Helmen kann man die Schüler kaum erkennen, so dass alle exakt gleich aussehen, die Figuren sind noch stereotyper als in Teil 1 und ganz entsetzlich ist dieser elende Kitsch!!! Alle 5 Minuten schwören sich irgendwelche Schüler ewige Freundschaft/Liebe/Zuneigung etc. nur um gleich danach abgeballert zu werden. Dazu traurige Musik und schon soll so etwas wie Empathie entstehen. Da haben es sich die beiden Fukasakus etwas leicht gemacht. Ganz blöd ist der Zuschauer eben auch nicht.

Nach der Einleitungsstunde, in der quasi permanent gekämpft wird, wird’s schier unerträglich. Naive Sozialromantik, Kitsch, Klischees soweit das Auge reicht. Immer sieht man wild entschlossene Teenager, die sich mit Schweiß auf der Oberlippe und zitternder Stimme auf den Kampf gegen das Böse einschwören. Und dazu wird es furchtbar lang und entsprechend –weilig (der Film dauert 137 min). Da einen die Personen bis dahin schon nicht interessierten, gehen einem die primitiven Dialoge in diesem Part des Films auch an allem möglichen vorbei, nur nicht durchs Herz.

Ein Lichtblick ist Riki Takeuchi (FUDOH, DEAD OR ALIVE-Triologie, GANGSTERS etc.). Er nimmt die Position Takeshi Kitanos als Lehrer und BR-Leiter ein (der in Form von Rückblenden auch einen kleinen Gastauftritt hat). Takeuchi legt die Rolle dämonischer, aggressiver und wilder aus als der kühl-zynische Kitano. Es macht Spaß, ihm beim overacten zuzusehen, da man ihm auch ansieht, dass ER seinen Spaß hat. Alle anderen Darsteller bleiben blass und uninteressant.

Einen weiteren Fehler machen die Fukasakus beim Soundtrack: Bestach BR I durch seinen bombastischen Orchesterscore und den geschickten Einsatz bekannter klassischer Stücke von Verdi, Strauß, Bach etc., bleibt dieses Stilmittel im zweiten Teil fast komplett auf der Strecke. Ein langweiliger, scheinbar der untalentierten Feder Hans Zimmers entsprungener Score voller Bombast und Stereotypen legt sich wie eine Soße über die Bilder.

Die Kameraarbeit ist vorzüglich (viel hochauflösendes), wenn auch die Motivwahl ebenfalls vor Klischees strotzt. Wenn dann das Hauptquartier des Oberterroristen mit zig brennenden Kerzen bestückt ist, meint man sich in einem billigen Ami-B-Streifen wiederzufinden (ich frag mich immer, wer die Dinger anstecken muss. Der Mann mit dem heißen Daumen).

Unterm Strich ist BRII leider kein würdiger Abgang für Fukasaku und ich persönlich bin sogar froh, dass aus dieser Ecke keine Filme mehr kommen, denn er hat den Zeitpunkt, aufzuhören ganz offenbar nicht gefunden. Kenta Fukasaku – sein Sohn – sollte sich aus dem Filmgeschäft zurückziehen. Mit Sicherheit wird es genug Leute gebe, die auch an diesem Film ihre helle Freude haben werden. 70 – 80 von den rd. 140 min funktioniert der Streifen auch auf die reine (wenn auch unoriginelle) Actionweise durchaus ganz gut. Aber der große Wurf wie BR I ist der Film nicht im Ansatz geworden.

Nachdem der Film letztes Jahr in Venedig seine Premiere erfuhr, wird man sehen, ob es in Deutschland (zumal nach der Zensur-Problematik vom ersten Teil) findet und den Film in der BRD herausbringt. DVDs gibt es noch nicht, so dass man auf Festivals und Bootlegs hoffen muss.

Mirco Hölling (29.01.2004)

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