Review

iHaveCNit: Das Ereignis (2022) – Audrey Diwan – Studiocanal
Deutscher Kinostart: 31.03.2022
gesehen am 02.04.2022
Arthouse-Kinos Frankfurt – Cinema - Petit – Reihe 1, Platz 6 – 15:30 Uhr

Ein Teil meiner Top-Filme des Jahres 2020 war unter anderem das feine, intime, Abtreibungsdrama „Niemals Selten Manchmal Immer“ von Eliza Hittman. Wem dort ein wenig die Radikalität gefehlt haben mag, für den ist nun Audrey Diwans Verfilmung des autobiographischen Romans von Annie Erneaux „Das Ereignis“ der Film der Stunde. Auch ich habe ihn mir angeschaut und auch dieser ist ein feiner Tipp der aktuellen Kinowoche.

Annie studiert Literatur und ihr stehen scheinbar viele Türen offen. Jedoch wird sie unverhofft und ungewollt schwanger. Da wir uns jedoch im Frankreich der 60er befinden ist die Werbung und alleine die Ausübung von Schwangerschaftsabbrüchen strafbar. Im Laufe der folgenden Wochen wächst Annies Verzweiflung immer weiter, so dass ihre Handlungen, die Schwangerschaft abzubrechen immer radikaler werden.

„Das Ereignis“ ist ein Film, der mir durch sehr viel sehr gut gefallen hat und im Gedächtnis bleiben wird. Das Thema bezüglich Schwangerschaftsabbrüchen/Abtreibungen ist natürlich ein Thema der Stunde wenn es um vor allem die Selbstbestimmung von Frauen geht und immer noch gibt es viele Teile der Welt, in dem sowohl Werbung als auch Ausübung von Abtreibungen kriminalisiert sind. Auch in Deutschland ist der Paragraph 219 a Strafgesetzbuch noch nicht außer Kraft gesetzt, jedoch ein Teil der Agenda der aktuellen Regierung und hoffentlich bald Geschichte. Ich persönlich bin auf der Seite der Befürworter von Abtreibungen, solange es sich nicht bei der Abtreibung um reine Willkür handelt. Da befindet sich „Das Ereignis“ auch in der Charakterisierung seiner Annie in einer vertretbaren Grauzone. Unabhängig davon kann der Film durch sowohl Anamaria Vartolomeis Schauspiel dieser „Tour De Force“ als auch seiner Inszenierung punkten. Das Format des Bildausschnitts erinnert an ein 4:3-Format, dass einen spürbar die Enge fühlen lässt, in der sich Annie befindet. Die Kamera ist auch immer sehr nah an ihr dran und arbeitet mit Fokus und Unschärfe und lässt einen zur Enge durch das Format auch die Nähe zu Annie spüren, womit der Film durchaus als immersives Erlebnis aus der Sicht von Annie wahrnehmbar ist. Ihre Sicht und diese Intimität erzeugt durchaus einen sehr spannenden Sog, indem die Verzweiflung immer weiter zunimmt und die Mittel und Wege gegen Ende immer radikaler werden und sich durchaus auch unangenehme, ungeschönte Bilder einbrennen. Damit ist der Film durch seine Radikalität durchaus sehr unsubtil, aber auch die wichtige, radikale, französische Schwester von Eliza Hittmans „Niemals Selten Manchmal Immer“.

„Das Ereignis“ - My First Look – 9/10 Punkte.

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