Review

Oktober ist ja traditioneller Gruselmonat, also braucht man nur zu warten bis die Blätter fallen, bis allerorten Horrorfilme aus dem Boden schießen wie...Kürbisse?

Eins dieser „saftigen“ Auswüchse kommt mit „Jemand ist in deinem Haus“ geritten, einem Titel, der nach „Home Invasion“ klingt, in Wirklichkeit aber nur einen stinkmodernen Slasher kaschiert. Die Netflix-Produktion setzt augenscheinlich auf ein junges Publikum und bekannte Abläufe bei einem leicht aufgedrehten Härtegrad. Das sorgt für Freude an der Popcornfront.

Erzählerisch möge man hier keine Wunder erwarten: Sydney Park spielt den Teenager-Expat Makani, den ein schlimmes persönliches Schicksal von Hawaii auf das sehr flachen Land nach Nebraska verschlagen hat. Hier muss sie notgedrungen in die unendliche Weite fahren, um mal zu einem anderen Haus zu kommen und der krude Landvolk-Mix aus regionsbeherrschender Großfirma, vom Football dominierter Schuljahrgänge und der unvermeidlichen Herablassung gegenüber allem, was nicht der Norm entspricht, hat die Gegend vorgeprägt.

Makani kommt flott in einer netten „peer geek group“ unter und zockt sich abseits davon sogar einen Knutschfreund und potentiellen Sexualpartner, der allerdings vom Rest der Gang und der Schule für „creepy“ gehalten wird, weswegen beides strikt getrennt bzw. Letzeres verheimlicht wird. Leider ist aber noch jemand unterwegs, eine Gestalt in einem Hoodie, das Gesicht verhüllt mit einer Maske des in Kürze zu erwartenden Opfers (aus dem 3D-Drucker), mit scharfen Schneidewerkzeugen im Gepäck.
Die Opfer schienen alle ein Geheimnis (gehabt) zu haben und nicht immer ein Gutes, deswegen fließt hier auch sehr bald sehr viel Blut.
Da unsere Protagonistin jedoch selbst eine gewisse Schuld mit sich herum trägt, die auch ihrem Umzug provoziert hat, ist ihre Anwesenheit natürlich bald eine Einladung für den Messerschwinger.

Was jetzt noch fehlt, ist eben das entsprechende Motiv und damit steigt und fällt meistens ein Film gern auch noch auf der Schlussgeraden. Doch nach allerlei Genreschlüsselszenen (so überlebt Makani ihren ersten Angriff noch vergleichsweise unbeschadet), kann der Film nur noch beachtliche Schauwerte auf seinen Hänger laden, das Motiv des Täters und seiner Taten wirkt dann doch relativ unausgegoren. Offenbar fiel das auch den Machern auf, denn sie bauten diese „Was, das war dein beschissenes Motiv?“-Attitüde in vorauseilendem Konsens gleich in den Showdown ein - da war doch ein ordentlich ödipales Trauma die verständlichere Wahl an Motiv, anstelle der hier doch sehr brüchig begründeten Mordslust.

Für all jene jüngeren Semester, die eben nicht mit den 70ern, 80ern und 90ern des Slasherfilms aufgewachsen sind, dürfte der edel und knackebunt fotografierte und atmosphärisch top aufgebaute Film mit seinen „Isolationsszenarien“ tatsächlich wie eine frische Brise wirken, alte Hasen registrieren höchstens erfreut, dass man sich einen gewissen Härtgrade bewahrt hat und man offenbar die Diversity-Chose jetzt im Vorbeifahren erledigt (die tendenzielle Trans-Figur stellt in diesem Fall ihre persönlichen Befindlichkeiten simpel in eine Reihe mit den anderen Figuren und fällt so gar nicht mehr extra auf, wenn man nicht speziell danach sucht). Dazu hat man nichts Wesentliches vergessen: es gibt ein Sportevent, es gibt eine Party, es gibt Sex, Rauchen ist unmodisch, aber Kiffen total okay – was halt so Standard ist in den Jugendzimmern der ersten Welt.

Die Figuren sind fast alle amüsant überspitzt, es gibt was zu lachen und gut sortierten Gore, wenn auch das Finale in einem Maisfeld gegenüber den suspensestarken Szenen im ersten Drittel deutlich abfällt. Gleichzeitig bleiben die ultimativen Teenagerproblematiken erhalten, doch die Moral von der Geschicht vermag es nicht, die Story des Films zu einer gebündelten Erkenntnis zu vereinen. Die Motivation ist argumentativ eher schwächlich, die finale Konfrontation keine Erlösung, maximal der Schuldkomplex wird scheinbar überwunden, womit die vorher sorgfältig eingeführten Nebenfiguren aber plötzlich keine Ansprache mehr finden.

Man könnte auch sagen, alle Elemente waren vorhanden, aber richtig zusammengebaut hat es keiner. Ist aber trotzdem hübsch geworden.
Und so kann man den Film dann auch wegknuspern, erst überraschend brutal und direkt, dann charakterfokussiert und emotionaler, doch das Ende setzt den ersten drei Vierteln eher ein Ausrufezeichen vor die Nase, als bis auf eine motivatiorische Lesung eine Form der Erlösung zu destillieren.

Oder anders formuliert: hätten die Macher eine allumspannende inviduelle Idee gehabt, hätte der Film aus der großen Masse Slasher herausstechen können, so wirkt er nur hochklassig produziert und dem Zeitgeschmack entsprechend, aber leider nicht richtungsweisend oder klischeebrechend. Aber dennoch gute 6/10.

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