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Das titelgebende Katzenauge beschreibt die Perspektive, aus der diese King’sche Kurzgeschichtensammlung inszeniert ist, von der zwei Anteile bereits existierten und ein dritter eigens für den Film geschrieben wurde. Mit der streunenden Katze, die in einer Aneinanderkettung von Zufällen zahlreiche Gefahrensituationen durchleben muss, werden die Episoden geschickt miteinander verknüpft. Die besonders zu Beginn und Ende einer Episode eingefangene Beobachterperspektive verleiht den Stories jeweils etwas Exklusives, als gelange man durch die Sicht der Katze in Bereiche, die man sonst niemals zu Gesicht bekommen hätte.

Die Stories selbst werden der Aufmachung durchaus gerecht. Die radikale Satire auf Hilfsorganisationen „Quitters Inc.“ mag in geschriebener Form nochmals wesentlich düsterer geraten sein, zumal die harte Anonymität der „Quitters“ besser zur Geltung kommt, wenn ihnen eine bildliche Entsprechung fehlt; allerdings hat die Verfilmung den wunderbaren James Woods zu bieten, der Verzweiflung, schwarzen Humor und Unberechenbarkeit in seiner Gejagten-Rolle mühelos miteinander vereint. Der Horror der Episode beschränkt sich auf surreale Darstellungen der Entzugserscheinungen des abstinenten Rauchers. Dabei steht eine Party im Zentrum, deren Zerrbilder mit dicken Rauchschwaden, sprechenden Gemälden, wie selbstverständlich rauchenden Kindern und einem über praktisch alle Körperöffnungen rauchenden James Rebhorn den visuellen Stil eines Brian Yuzna annehmen.

„The Ledge“ hingegen übt sich in reduzierter Bildsprache und überlässt den Schrecken der eigenen Fantasie. Das Schwindelgefühl, als die Hauptfigur den schmalen Sims eines Hochhauses im obersten Stockwerk einmal umrunden muss, macht Lewis Teague schmerzhaft spürbar, und jedes Hindernis zerrt gewaltig an den Nerven (diese Taube!).

Die extra für den Film geschriebene Abschlussepisode „The General“ mit „Feuerteufel“ Drew Barrymore in der Hauptrolle ist vor allem um eine Verknüpfung mit der Rahmenhandlung bemüht und strickt drumherum ein ansprechend (heute natürlich leicht zu durchschauend) getrickstes Fantasy-Abenteuer aus Kinderperspektive, das sich vor Ray Harryhausen und auch Filmen wie „The Incredible Shrinking Man“ tief verbeugt.

Bemerkenswert an „The General“ im Speziellen wie an „Katzenauge“ im Gesamten ist die Perspektive, die der Film auf die Katze wirft: Sie wird als missverstandenes, aufgrund seiner vermeintlichen Heimtücke gemiedenes Tier portraitiert, während sie zuerst Zeuge und dann aktiv Eingreifende wird in Geschichten über das Böse, bei denen die Untaten tatsächlich aber immer von Anderen ausgehen. In „Quitters Inc.“ wird sie Opfer von Tierversuchen, in „The Ledge“ Gegenstand einer herzlosen Wette und in „The General“ sieht sie sich von einer ignorant handelnden Mutter für ihren natürlichen Jagdinstinkt geächtet, den sie in der Episode nicht einmal unbedingt (am falschen Wesen) auslebt.

So fantasiereich und spannend die einzelnen Geschichten also (bei aller Naivität) umgesetzt sein mögen: Der vielleicht größte Verdienst des Films ist es, ein aufklärendes Licht auf das titelgebende Tier zu werfen und es vor kurzsichtigen Anschuldigungen gegen die eigene Natur zu bewahren.

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